„Sea Watch 3“ vor Lampedusa: Angesteuert, aber nicht im Hafen
Der Seenotretter der deutschen NGO „Sea Watch“ liegt weiter im Meer vor Lampedusa. Italiens Innenminister Salvini wettert gegen die Kapitänin.
Italiens Innenminister Matteo Salvini zeigt sich erzürnt über das Vorgehen. Am Mittwoch sagte er in einem Videopost auf Facebook, ein „gesetzloses Schiff“ sei da unterwegs, das „für seine politische Spielchen das Leben von dutzenden Flüchtlingen aufs Spiel“ setze, das als „Komplize der Schleuser“ agiere.
Außerdem kritisierte Salvini die Niederlande, unter deren Flagge die „Sea Watch“ fährt, sowie Deutschland. Die Regierungen der beiden Länder müssten sich ihrer Verantwortung stellen, verlangt der Minister, statt sich „um nichts zu scheren“. Überhaupt sei Europa wieder einmal abwesend. „Ein holländisches Schiff, das einer deutschen NGO gehört, verletzt italienisches Recht – ist das ein Scherz?“, erregt sich Salvini in dem Beitrag „im Namen von 60 Millionen Italienern“.
Unverblümt fordert er die Staatsanwälte zum Handeln auf. Es werde doch wohl jemanden geben, „der einen Haftbefehl ausstellt“, schließlich habe die „Sea Watch“ den von der Finanzpolizei gegebenen Befehl zum Stopp missachtet, das sei so, „als wenn jemand an einem Kontrollposten der Polizei nicht anhält“.
Salvinis Koalitionspartner von den Fünf Sternen gehen zwar leise auf Distanz. Luigi Di Maio, Fünf-Sterne-Chef und Vizepremier, erklärte: „Wenn wir den ganzen Sommer damit verbringen, mit den NGOs zu streiten, haben wir schon verloren“. Dann aber wetterte auch er gegen die „Sea Watch“, die mit ihrer Aktion bloß Werbung für sich treibe, die in den letzten zwei Wochen doch auch Malta, Griechenland oder Spanien hätte ansteuern können.
Solidarisch mit der deutschen NGO und den Flüchtlingen zeigt sich in Italien nur die linke Opposition. Mehrere ihrer Abgeordneten begaben sich am Mittwochabend nach Lampedusa. Der Vorsitzende der Partito Democratico, Nicola Zingaretti, warf Innenminister Salvini „eine makabre Inszenierung“ vor.
Salvini will ein Exempel statuieren
Damit erreicht die Auseinandersetzung zwischen „Sea Watch“ und der italienischen Regierung ihre nächste Eskalationsstufe. Am 12. Juni hatte die NGO vor der libyschen Küste zunächst 53 Migranten aus Seenot gerettet.
Italiens Innenminister und Lega-Chef Salvini hatte umgehend wissen lassen, nie und nimmer würden die Flüchtlinge in Italien an Land gehen. Wenige Tage vor der Rettungsaktion hatte Italien das von Salvini aufgesetzte „Sicherheitsdekret 2“ verabschiedet. Danach wird schon die nicht autorisierte Einfahrt eines Schiffs in die Hoheitsgewässer des Landes zum illegalen Akt. Ein Schiff, das Flüchtlinge an Bord hat, kann beschlagnahmt werden, außerdem kann eine Geldbuße von bis zu 50.000 Euro verhängt werden.
Salvini ist fest entschlossen, an der „Sea Watch“ das Exempel der weiteren Verschärfung seiner Politik der „geschlossenen Häfen“ zu statuieren. Er hatte zwar in den Tagen nach dem 12. Juni elf Passagieren – Frauen, Kindern, einem gesundheitliche angeschlagenen Mann – den Landgang gestattet, für alle anderen aber verweigert er kategorisch die Einreise. Seinetwegen könnten sie „bis Weihnachten“ an Bord der „Sea Watch“ bleiben, hatte er in den letzten Tagen getönt.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EMGR) bestätigte am Dienstag, dass Italien das Schiff nicht anlegen lassen muss und lehnte dami einen Eilantrag der „Sea Watch“ ab. Italiens Behörden müssten jedoch denjenigen, die Schutz gewährleisten, die aufgrund ihres Alters oder Gesundheitszustandes besonderen Schutz benötigten.
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