Kommentar Italien und die „Sea-Watch“: Zu Gesetzesbrechern gemacht

Italiens Innenminister Salvini macht für die EU im Mittelmeer die „Drecksarbeit“. Wie Viktor Orban hält er dem Kontinent die Migranten vom Leib.

Matteo Salvini vor einer Videowand mit einem Bilder der Sea Watch

Italiens Innenminister Matteo Salvini spricht in einer Talkshow über sein Lieblingsthema Foto: dpa

Hört man den italienischen Innenminister Matteo Salvini reden, dann muss man glauben, sein Land befinde sich im Krieg. Mit einem „feindseligen Akt“, mit einer „Provokation“ sei Italien konfrontiert, doch weiterhin gelte: „Das Recht auf die Verteidigung unserer Grenzen ist heilig“.

Die große Aufregung gilt einem in der Sache eher kleinen Problem. Das NGO-Schiff „Sea-Watch“ versucht gegen den Willen der italienischen Regierung, in Lampedusa 42 Migranten an Land zu bringen. Schon hat das Erzbistum Turin deren Aufnahme angeboten, schon haben sich auch diverse deutsche Kommunen bereit erklärt, den Flüchtlingen eine neue Heimat zu bieten. In der Sache ist absolut nicht zu erblicken, wieso mit der Ankunft der „Sea-Watch“ Italiens nationale Sicherheit gefährdet sein sollte.

Doch erneut geht es Innenminister Salvini gar nicht um die Sache, sondern vielmehr ums Prinzip. Seit einem Jahr im Amt, hat er für Italien die Totalabschottung gegen Flüchtlinge und Migranten verfügt, hat er zuletzt die bloße Einfahrt der NGO-Schiffe in die italienischen Hoheitsgewässer per Gesetzesdekret für illegal erklärt – und tönt nun, auf der „Sea-Watch“ seien Gesetzesbrecher unterwegs.

So absurd das Missverhältnis zwischen der angeblichen Bedrohung und der italienischen Reaktion ist, so sehr allerdings hat Salvini wenigstens in einem Punkt recht. „Wie üblich, schläft die Europäische Union“, beschwert er sich – und wenigstens in diesem einen Punkt trifft er sich mit der „Sea-Watch“, denn auch die deutsche NGO beklagt, dass „Europa uns alleingelassen hat“.

In anderen Hauptstädten der EU mag man den Rechtspopulisten Salvini für unappetitlich halten, doch am Ende erledigt er – genauso wie Viktor Orbán in Ungarn – auch für die anderen die „Drecksarbeit“, hält er dem Kontinent die Migranten vom Leib. Da mögen Organisationen wie das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen noch so laut protestieren, da mag Europa sich über Donald Trumps Grenzregime erregen, doch am Ende hält die EU es auch nicht anders. Warum auch? Salvinis Italien macht ja den Job.

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Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.

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