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Schwarze Fußballtrainer in DeutschlandHautfarbe spielt doch eine Rolle

Kommentar von Johannes Kopp

Der FC Bayern München ist Deutscher Meister. Das ist keine Nachricht wert. Der Mann, der dem Team zum Sieg verhalf, schon: Trainer Vincent Kompany.

Vincent Kompany, belgischer Meistertrainer des FC Bayern Foto: Tom Weller/dpa

G ewiss, wenn der FC Bayern München wieder einmal Deutscher Fußballmeister wird, ist es nicht einfach, diesem Vorgang etwas Besonderes abzugewinnen. Am Sonntag passierte das schließlich schon zum 34. Mal. So war es eigentlich naheliegend, Harry Kane in den Mittelpunkt der Feierlichkeiten zu zerren. Der arme Kerl aus England trifft zwar seit Jahren wie kein Zweiter das Tor, nur ein Titel war dem mittlerweile schon 31-Jährigen nie vergönnt gewesen. Das erste Mal für Kane – damit wurde auch dieser Meisterschaft ein historischer Anstrich verpasst.

Eine andere Premiere spielte unterdessen bei allen Würdigungen der Saisonleistungen des FC Bayern München erstaunlicherweise keine Rolle: Erstmals wurde eine Mannschaft der Bundesliga von einem Schwarzen Trainer in der Abschlusstabelle auf Platz eins geführt. Will man es positiv betrachten, könnte dies als großer Fortschritt gepriesen werden. Die Hautfarbe spielt eben keine Rolle in der deutschen Eliteliga, weshalb darüber auch niemand ein Wort zu verlieren braucht.

Die Fakten sprechen aber eine andere Sprache. Denn der Belgier Vincent Kompany feierte schon zu Saisonbeginn eine besondere Premiere. Einen Bundesligaverein, der mit einem Schwarzen Trainer in die Saison ging, hatte es bis dahin auch noch nie gegeben. Damals bemerkte bereits der Deutsch-Ghanaer Otto Addo, der einst für Borussia Dortmund kickte und heute das Nationalteam von Ghana trainiert, welch große Vorbildfunktion Kompany zukomme: Schwarze Kinder könnten nun sehen, dass sie nicht nur Fußballprofis, sondern auch Trainer von großen Klubs werden könnten.

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Anlässlich der internationalen Wochen gegen Rassismus hatte Kompany selbst die mangelnde Diversität an der Spitze vieler Unternehmen thematisiert, die zu keinen guten Lösungen für die Basis führen könnten. Er sprach ein strukturelles Defizit an, das auch in der Fußball-Bundesliga augenscheinlich ist. Darüber kann nicht oft genug gesprochen werden. Der erste Titel für einen Schwarzen Trainer kann diverse Kräfte freisetzen. Und Harry Kane sei er natürlich auch gegönnt.

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taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
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8 Kommentare

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  • Das ist wohl eine Frage der Perspektive.



    Mir ist die Hautfarbe eines Menschen ziemlich gleichgültig.



    Warum das mit Tamtam begleiten?



    Bayern hatte im Vorfeld ziemliche Probleme überhaupt einen Trainer zu finden.



    Wer Trainer der Bayern werden will, hat mit mir wenig gemein.



    " ich würde nie zum FC Bayern München geh'n ", ist nicht nur so daher gesungen.



    Eine derartige Jobwahl ist verdächtig, bis schwer zu ertragen. Gibt es nicht auch schöne Berufe?



    Der einzige Bayern-Trainer der mir als sympathisch in Erinnerung geblieben ist, ist Trappatoni und das wahrscheinlich dadurch, dass er das Gegenteil von Begeisterung für die Bayern aussprach.



    Kann wer zu den Bayern geht, sympathisch sein? Es ist ( mindestens) kompliziert! Das lässt sich auch nicht mit irgendeiner Hautfarbe kompensieren.

  • Ich finde den Satz am richtigsten, dass es ein gutes Zeichen ist, dass die Hautfarbe eigentlich nie eine Rolle gespielt hat. Wie ja auch sehr viele Spieler verschiedener Tönungen der Haut von sehr hell (Laimer) bis sehr dunkel (früher Alaba) dem FC Bayern zu Titeln verholfen haben, ohne dass das großes Thema war (vielleicht irgendwann mal) oder ist (gar nicht mehr).

    Das sollte das Ziel sein.

    • @Dr. McSchreck:

      Es geht doch nicht um den Ton der Hautfarbe (ich enpfehle den Bildband "The Colors we share" von Angelica Dass). Es geht darum, dass Afropeaner wie Vincent Kompany von der Mehrheitsgesellschaft in eine bestimmte Schublade gesteckt werden, in der eine Führungsrolle pauschal nicht zugetraut werden. Dass den Bayern unter der Führung von Kompany jetzt der Sieg gelungen ist ein (leider noch nötiges) tolles Beispiel dafür, dass diese Schublade Quatsch ist.

  • "Eine andere Premiere spielte unterdessen bei allen Würdigungen der Saisonleistungen des FC Bayern München erstaunlicherweise keine Rolle: Erstmals wurde eine Mannschaft der Bundesliga von einem Schwarzen Trainer in der Abschlusstabelle auf Platz eins geführt." Daniel Thioune, Cheftrainer HSV, Saison 2020/21. Ich weiß, ist "nur" die zweite Bundesliga, kann man aber trotzdem erwähnen...

    • @Görk74:

      Herr Thioune hat in der Abschlusstabelle der zweiten Liga den HSV auf Platz eins geführt und ist mit diesem Verein dann aufgestiegen? Das habe ich wohl verpasst :-)

      Herr Thioune ist ein respektabler Zweitligatrainer , das hat er in Osnabrück, beim HSV und in Düsseldorf gezeigt. Letztes Jahr erreichte er mit die Düsseldorf den dritten Platz, und hat in den Bundesliga-Relegationsspielen gegen Bochum nur knapp verloren, sonst wäre er jetzt Erstligatrainer. Vielleicht klappt es in diesem Jahr, der dritte Platz ist mit zwei Punkten Rückstand noch erreichbar, und sogar der zweite Platz, wenn die Mannschaften vor Düsseldorf alle patzen.

      Otto Addo war schon beim HSV, Mönchengladbach und Dortmund Cotrainer in der Bundesliga.

      • @Offebacher:

        Gemeint ist wohl, dass auch die 2. Liga eine "Bundesliga" ist.

      • @Offebacher:

        Stimmt, da habe ich nicht aufmerksam genug gelesen, trotzdem war er mir die Erwähnung wert, denn er macht, wie sie ja auch schon bemerkten, seit Jahren eine sehr gute Arbeit und war meines Wissens nach zumindest der erste schwarze Trainer im deutschen Profifussball!

  • Statistik ist schon was feines. Vielleicht könnten man mal Zahlen bekommen, wie viele Schwarze einen Fußballlehrerschein (Pro Lizenz) haben. in Deutschland gibt es ca. 1000 Trainer mit dieser Lizenz. Davon übrigens 30 Frauen.