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Schutzgebiete in der TiefseeAuf die Praxis kommt es an

Heike Holdinghausen
Kommentar von Heike Holdinghausen

In New York hat Deutschland ein historisches Hochseeabkommen unterzeichnet. Aber es braucht die Kapazitäten, um es auch umzusetzen.

Die Tiefsee war für die Fischerei bisher ein rechstfreier Raum Foto: imago

D as ist schon fies von der Zeitgeschichte. Da nehmen die grünen Ministerinnen Baerbock und Lemke in New York an etwas Großem und Gutem teil und demonstrieren, wie sie das mit ihrer Zusammenarbeit ursprünglich gemeint hatten vor Ukrainekrieg, ­Energieknappheiten und Inflation: Angesichts der dramatischen Krisen rund um Klima, Artenvielfalt und Verschmutzung muss der Schwerpunkt einer vernünftigen Außenpolitik notwendigerweise auf der Umweltpolitik liegen; angesichts ihrer globalen Dimension ergibt Umweltpolitik nur mit einer außenpolitischen Perspektive Sinn. Insofern ist das Hochseeabkommen historisch: Immerhin sind erstmals Schutzgebiete im bislang rechtsfreien Raum der Tiefsee möglich.

Allerdings, und das wurde am Donnerstag eben auch schmerzhaft deutlich, sind alle Abkommen ihr Papier nicht wert, wenn sie nicht vor Ort umgesetzt werden. Vor Ort heißt etwa bei den Naturschutzbehörden der Bundesländer, der Kommunen und Kreise. Weil diese ihre Hausaufgaben nicht gut machen, ist Deutschland nun vom EuGH wegen des Verstoßes gegen EU-Recht verurteilt worden.

Die Naturschutz­gesetzgebung ist nicht das Problem, es ist ihre Umsetzung. Viel zu wenige Mitarbeiter sitzen in den Behörden, um festzulegen, warum dieses Wald- und jenes Wiesengebiet geschützt werden sollte, welche Maßnahmen dazu nötig sind und wie darin genau gewirtschaftet werden darf.

Im Zweifelsfall gelten die amtlichen Naturschützer schnell als Bürokraten, die nötige Baumaßnahmen oder die Ansiedlung von Gewerbe verhindern – ganz zu schweigen von fehlender Kapazität, um beschlossene Umweltschutzmaßnahmen auch zu kontrollieren und zu sanktionieren.

Womit wir wieder beim Abkommen für den Schutz der Hochsee wären. Wenn die ersten UN-Mitarbeiter ihre gut ausgestatteten Kontrollboote betreten, um, versehen mit weitreichenden Befugnissen und Sanktionsmöglichkeiten, die großen illegalen Fangflotten mitten auf dem Ozean zu stoppen – dann ist das wirklich ein Tag, um den Sekt zu entkorken. Und dann wird die Zeitgeschichte dumm gucken!

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Heike Holdinghausen
Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
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5 Kommentare

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  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    Zitronenfalter falten Zitronen. Naturschutz war machtpolitisch nie wirklich ernst gemeint.



    Was machen wir uns vor? How dare you?



    Zerstörte Natur kann man nicht schützen. Was größtenteils stattfindet ist selbsthypnotisierte, aggressiv-ignorante Kleinnaturgärtnerei.

  • Ja, gut und knapp dieser Artikel.

    Wenn ich es richtig gelesen habe hat sogar China unterschrieben (aber wie alle noch nicht ratifiziert). Ich freue mich darüber dass sich auch China hinter so ein Papier stellt und dass überhaupt miteinander geredet wird! Auch wenn bei jedem Gespräch der Wirtschaftskrieg sicherlich im Hinterkopf ist.

    Andererseits liegt China mit 3 oder 4 asiatischen Ländern im clinch, weil es Gebietsansprüche auf kleine Inseln mit dem dazugehörigen Meeresbereich erhebt.

    Aussenpolitik und Umweltpolitik werden da sicher "differenziert" betrachtet

  • Bravo, Frau Holdinghausen für diesen sehr gelungenen Kommentar.

  • Deutschland hat Hochseegebiete? Bei solch einem Abkommen kann man also leicht 'Ja' sagen.

  • Aber es braucht die Kapazitäten, um es auch umzusetzen.

    Dann hätten die diversen Marinen der Welt ja mal was sinnvolles zu tun.



    Da gibts Kapazität bis zum Abwinken.