Schreiben von Ex-Generälen in Frankreich: Papierputschisten proben Aufstand
In einem offenen Brief fordern ehemalige Militärs eine Intervention in Frankreich – und rufen zum blutigen Putsch auf. Ansonsten drohe der „Zerfall“.
Weder das rassistische Feindbild noch der Tag der Veröffentlichung waren zufällig gewählt: Am 21. April vor exakt 60 Jahren haben im damals französischen Algerien unter Führung von vier Generälen die Militärs einen Putsch gegen die Staatsführung von Charles de Gaulle organisiert, um die Unabhängigkeit Algeriens zu verhindern. Die Bezugnahme auf die extreme Rechte, die nach dem Scheitern des Putsches von 1961 mit der terroristischen Geheimarmee OAS in den Untergrund ging, ist Teil des Programms.
Wie damals sehen die selbsterklärten „Patrioten“ die Nation wegen der „Nachlässigkeit“ der Regierung in Gefahr. Heute ist nicht ein Kolonialreich im Untergehen, es sind die „Grundwerte unserer Zivilisation“, die vom „Zerfall“ bedroht seien.
Die Unterzeichnenden würden befürchten, dass das „Laisser-faire“ der Regierenden „sich unweigerlich ausbreiten und mit einer Explosion und einer Intervention unserer Kameraden im Aktivdienst (im Rahmen) einer gefährlichen Mission zum Schutz unserer Landsleute“ enden werde, bei der mit „Tausenden von Toten“ zu rechnen sei.
Le Pen teilt die „Besorgnis“
Die Drohung mit einem blutigen Putsch ist explizit. Dennoch hat Marine Le Pen diese Initiative herzlich begrüßt und erklärt, sie teile völlig „ihre Analyse und ihre Besorgnis“. Das entspricht ganz der Geschichte ihrer Partei, die von ihrem Vater Jean-Marie Le Pen mit Ehemaligen der OAS gegründet worden war. Dass sich Le Pen heute nicht abgrenzt, könnte sich bei der Präsidentschaftswahl 2022 als Fehler erweisen. Seit Jahren bemühte sie sich, mit einer „Entdiabolisierung“ ihr rechtsextremes Rassemblement National salonfähig zu machen.
Die Linke läuft Sturm gegen die Papierputschisten und Le Pens sträfliche Sympathien – und gegen das zunächst betretene Schweigen der Staatsführung. Als erstes Regierungsmitglied reagierte Industrieministerin Agnès Pannier-Runacher. Sie verurteilte im Fernsehen „den Aufruf zum Aufstand einer Handvoll von Pantoffelgenerälen“.
Die meisten der ranghohen Offiziere sind im Ruhestand oder wurden wegen rechtsextremer Umtriebe aus der Armee ausgeschlossen. Verteidigungsministerin Florence Parly will nun klären, ob unter den Möchtegern-Putschisten Leute im aktiven Dienst sind, die mit „Sanktionen“ rechnen müssten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee