Scholz im Cum-Ex-Untersuchungsausschuss: Möglicherweise Hände geschüttelt
Bundeskanzler Olaf Scholz musste zum dritten Mal im Hamburger Cum-Ex-Untersuchungsausschuss aussagen. Der Erkenntnisgewinn war wieder bescheiden.
Die Frage wirft auch ein Licht auf die Schwierigkeiten des Cum-Ex-Untersuchungsausschusses der Hamburgischen Bürgerschaft, relevante Erkenntnisse zutage zu fördern. Scholz sagte am Freitag schon zum dritten Mal aus. Seine Einlassungen aus den bisherigen Vernehmungen lassen sich mit dem Satz zusammenfassen: „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“
Wenn er doch etwas wisse, sagte er auch diesmal wieder, dann „im Wesentlichen aus öffentlichen Quellen“. Dazu gehört auch der Zwischenbericht des Ausschusses. Aus dem gehe eindeutig hervor, dass es im Zusammenhang mit dem Verzicht auf Steuernachzahlungen der Warburg-Bank „keine politische Einflussnahme“ gegeben habe.
Scholz’ erneuter Auftritt ist noch mal ein Highlight, bevor der Ausschuss seinem Ende entgegendümpelt. Seit die Opposition durchgesetzt hat, dass er sich auch mit Betrügereien der damaligen HSH Nordbank befasst, hat das öffentliche Interesse nachgelassen.
Staatsbank betrog den Staat
Denn die frühere Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein ist längst privatisiert. Die Eigner-Länder mussten bis zu 12 Milliarden Euro zuschießen, damit sich Käufer für das Geldinstitut fanden, das sich mit Schiffskrediten verspekuliert hatte.
Das ist ein anderer Schnack als die Hamburger Hautevolee um Christian Olearius, Chef der privaten Warburg-Bank, die den Staat mit illegalen Cum-Ex-Geschäften um hunderte Millionen geprellt hatte. Und sich, als das aufgeflogen war und die Rückzahlung anstand, Hilfe suchend an die Politik wandte.
Cum-Ex-Geschäfte sind Mehrfachverkäufe von Aktienpaketen rund um den Dividendenstichtag. Für die Steuerbehörden war dadurch nicht klar ersichtlich, wer zum Stichtag Eigentümer war und Kapitalertragsteuer gezahlt hatte. Diese Steuer ließen sich in der Folge mehrere der Kurzzeitbesitzer erstatten, obwohl sie sie gar nicht gezahlt hatten.
Solche Geschäfte hatte auch die HSH Nordbank getätigt, worauf sie die Finanzverwaltung in einer Art Selbstanzeige hinwies. Vor der Privatisierung hat die Bank die daraus entstandenen Steuerschulden beglichen. Scholz sagte am Freitag, er habe damals den externen Bericht einer Anwaltskanzlei zur Kenntnis genommen und sich „keine Sorgen mehr gemacht“.
Ohne Ehrgeiz geprüft?
Inzwischen weiß man, dass es durchaus noch Anlass zur Sorge gab: Wie der Investigativjournalist Oliver Schröm am Donnerstag im Stern berichtete, soll die Nordbank neben Cum-Ex- auch umfangreiche, aus heutiger Sicht illegale Cum-Cum-Geschäfte abgewickelt haben, mit denen ausländische Investoren den deutschen Fiskus um 275 Millionen Euro geprellt hätten.
Als die Veröffentlichung der „Panama-Papers“ derartige Praktiken enthüllte, hat Scholz selbst 2017 in einem vom Stern zitierten E-Mail-Wechsel mit dem damaligen Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) angeregt, nachzufragen, ob die Nordbanker „uns etwas zu sagen“ haben. Tschentscher gab noch am selben Tag Entwarnung, die Bank habe „keine weiteren Themen im Keller“.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
Nun steht der Verdacht im Raum, dass die beiden beteiligten Länder die Wirtschaftsprüfungsberichte der Bank nicht mit Ehrgeiz geprüft hätten. Denn neue Risiken über Hunderte Millionen Euro hätten den Verkauf der Nordbank gefährdet. Dann wäre eine ungeordnete Pleite näher gerückt, bei der Hamburg und Schleswig-Holstein eine Gewährsträgerhaftung für Kredite in Höhe von bis zu 165 Milliarden Euro gedroht hätte – einem Mehrfachen der Landeshaushalte.
„Ich hatte nie den Eindruck, dass die Aufklärung verhindert werden oder das Geld in der Bank gehalten werden sollte“, sagt Scholz. Es sei immer darum gegangen, dass die Länder mit möglichst geringen Verlusten aus der Sache herauskämen.
Diesem Ziel hätte der Verzicht auf Steuerforderungen zu diesem Zeitpunkt durchaus dienen können.
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version dieses Textes hatte es geheißen, Ole von Beust habe das Amt an Olaf Scholz übergeben. Wir haben den Fehler korrigiert.
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