Schneemassen sorgen für Bahnchaos: Züge halten nicht an Bahnhöfen
Weil Bahnsteige nicht geräumt werden, müssen Reisende in Bayern Bus fahren. Ein Fahrgastverband will, dass das Land die Regionalzüge übernimmt.
Weite Teile Süddeutschlands leiden unter dem massivem Schneefall der vergangenen Tage. Vor allem in Bayern herrscht Verkehrschaos. Der Flugverkehr ist eingeschränkt. An den Flughäfen München und Frankfurt wurden etliche Flüge gestrichen. Auf einigen Autobahnen in Bayern ist der Straßenverkehr wegen Glätte und Schnellfall zeitweise komplett zum Erliegen gekommen. Für die nächsten Tage erwarten MetereologInnen weiteren Schneefall.
„Wir haben als Bahn in Bayern auf weiten Teilen unseres Netzes einen verhältnismäßig stabilen Verkehr, mit wenigen Beeinträchtigungen“, sagt ein Sprecher der Deutschen Bahn AG. Der Vorteil der Bahn gegenüber dem Flug- und Autoverkehr: Sind Gleise zugeschneit, können sie mit Schneeräumern vergleichsweise leicht befahrbar gemacht werden. Doch angesichts erwarteter neuer Schneefälle hat die Bahn die Räumung des Abschnitts Kempten-Pfronten und etlicher weiterer Strecken aufgegeben, so dass Züge nicht mehr an etlichen Bahnhöfen vorbei-, sondern überhaupt nicht mehr fahren.
Denn die Bahn konzentriert sich bei der Räumung vor allem auf vielbefahrene Streckenabschnitte. Wegen des Schneeeinbruchs gesperrt sind sieben Regionalstrecken, darunter Bad Reichenhall – Berchtesgaden oder Holzkirchen – Schliersee / Lengries / Bayerischzell. Sie werden voraussichtlich auch in den nächsten Tagen nicht befahren. Das gilt auch für die Strecke zwischen Immenstadt und Oberstdorf. Busse fahren dort aber. „Ein Schienenersatzverkehr zwischen Immenstadt und Oberstdorf ist für Sie eingerichtet. Der Halt Altstädten (Allg) entfällt witterungsbedingt ersatzlos“, heißt es in einer Pressemitteilung.
Bahn soll sich besser auf Schneefall vorbereiten
Der Schienenverkehr liegt in den Händen der DB Regio, die Bahnhöfe in denen der DB Service. „Dass die DB Service nicht dazu in der Lage ist, Bahnhöfe zu räumen, ist abenteuerlich“, kritisiert Karg. Ein Grund: der Personalabbau in der Vergangenheit. An etlichen Bahnhöfe gibt es überhaupt keine DB-MitarbeiterInnen mehr, die vor Ort Schnee und Eis räumen könnten. Karg fordert, dass die Bahn sich grundsätzlich besser auf die Witterungsverhältnisse in Bayern vorbereiten muss. „Dass im Januar im Voralpenland mehr Schnee fällt als anderswo, ist nicht überraschend“, findet er.
Bilder der Woche
Die Bahn weist die Vorwürfe zurück. In den betroffenen Gebieten „können unsere Kollegen nicht zeitgleich alle Bahnsteige so schnell räumen, wie der Schnee fällt“, sagt der Bahn-Sprecher. Die Räumtrupps seien personell ausreichend ausgestattet. „Sie sind aber, um zeitlich und örtlich flexibel zu sein, auf Autos angewiesen, die angesichts der Verhältnisse der vergangenen Tage nicht immer so durchkommen, wie wir uns das alle wünschen“, erklärt er. Aktuell seien mehr als 600 MitarbeiterInnen im Räumeinsatz, mehr als Dutzend schwere Schneepflüge- und Schneefräsen auf Schienen ständen bereit. Hinzu kämen viele schwere Arbeitsfahrzeuge, die unter anderem Bäume und Äste aus den Gleisen räumen.
Bayern soll Regionalstrecken von der Bahn übernehmen
Der Fahrgastverband Pro Bahn will, dass Konsequenzen aus dem Bahnchaos gezogen werden. Er fordert die bayrische Staatsregierung auf, das regionale Schienennetz vom Bund zu übernehmen. „Die aktuellen Vorkommnisse zeigen einmal mehr, dass die Instandhaltung des regionalen Bahnnetzes vor Ort besser eingeschätzt und verantwortet werden könnte“, sagt Karg.
Derzeit seien nur Strecken gesperrt, die fast ausschließlich regionalen Zugverkehr aufweisen, ob im Bayerischen Wald, im Werdenfels oder im Allgäu. „Und in der Region weiß man, dass es im Winter Schnee geben kann – da hätte man Schneepflüge angeschafft, während das Bundesunternehmen Deutsche Bahn AG seine verschrottet hat“, sagt Karg. Also müsste der Bund, der Eigentümer der Bahn, dem Land Bayern das Geld überlassen, dass er ohnehin in den Erhalt und die Modernisierung des Streckennetzes stecken würde. Karg: „Der Freistaat würde dann die üblichen Benutzungsgebühren für jede Zugfahrt bekommen und damit auch auf Dauer den Unterhalt sicherstellen können.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour