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Schlesinger-Affäre beim RBBAbsetzbewegungen und Vorsicht

Ambros Waibel
Kommentar von Ambros Waibel

Die interne Aufklärung beim Sorgensender RBB fängt gerade erst an. Zu denken gibt, dass sich Freiberufliche nur ungern zur Affäre positionieren.

Noch will keine Ruhe einkehren: RBB-Hochhaus im Berliner Westend Foto: imago

D er für die geschasste RBB-Intendantin Patricia Schlesinger im ARD-Vorsitz eingesprungene Tom Buhrow spricht im Namen aller noch nicht geschassten ARD-Intendanten der übrig gebliebenen RBB-Führung das Misstrauen aus. Schaltungen des Gremiums finden schon ohne den RBB statt. Doch weder Buhrow noch der geschäftsführende RBB-Intendant Hagen Brandstäter kommen der Anfrage der Kol­le­g:in­nen im Sender nach, sich am Samstagabend zur Primetime in einem Brennpunkt des Senders persönlich zu erklären.

Vorsicht und Absetzbewegung bestimmen das Bild dieser Krise des gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Einzigen, die tapfer Gesicht zeigen, gerade weil sie ja Opfer eines Systems geworden sind, das mit Boni belohnt, wer die Arbeitsbedingungen im RBB verschlechtert, sind diejenigen, die das Kerngeschäft betreiben: die Jour­na­lis­t:in­nen selbst; und es ist rührend zu sehen, wie Moderator Volker Wieprecht die Kollegin von der Personalvertretung mal siezt und mal duzt, um in all der „immensen Unruhe“ gleichzeitig Ehrlichkeit und Objektivität zu vermitteln.

Auch die Chefin des RBB-Rundfunkrats, Friederike von Kirchbach, hat es am Samstag vorgezogen, sich durch einen sofortigen Rücktritt aus der Schusslinie zu nehmen. Nachdem sie dem Gremium zehn Jahre lang vorgesessen hatte und ihm seit 2007 angehörte, schien ihr eben nun der richtige Zeitpunkt gekommen zu sein, andere die Dinge regeln zu lassen. Nicht zuletzt an Strukturen, die solch betonierte Amtszeiten zulassen, wird der RBB ranmüssen, wenn er Glaubwürdigkeit zurückgewinnen will.

Aber nicht nur intern hat die Aufarbeitung gerade erst begonnen; auch die Tatsache, dass viele Kol­le­g:in­nen sich zur Causa rund um den RBB gar nicht erst journalistisch äußern wollen, weil sie als Freiberufler in Geschäftsbeziehungen zu einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt stehen, gibt zu denken. Wer für die inzwischen üblich gewordenen Hungerhonorare der freien Medienwirtschaft schreibt, der verlangt sich selbst eben auch Vorsicht ab.

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Ambros Waibel
taz2-Redakteur
Geboren 1968 in München, seit 2008 Redakteur der taz. Er arbeitet im Ressort taz2: Gesellschaft&Medien und schreibt insbesondere über Italien, Bayern, Antike, Organisierte Kriminalität und Schöne Literatur.
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6 Kommentare

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  • Ohne die vielen Tausenden freien Mitarbeiter geht gar nichts beim öffentlichen-rechtlichen Rundfunk.

    Das ist eine Phrase, die die massiven Abhängigkeiten und ungerechten, undemokratischen, abhängigen Arbeitsverhältnisse der freien Mitarbeiter negiert und verhindert, dass darüber diskutiert wird, dass hier vor aller Augen eine undemokratische Zweiklassengesellschaft aus dem letzten Jahrhundert existiert.

    Niemand hat den Mumm, dass nicht mehr zeitgerechte undemokratische System der freien Mitarbeiter grundsätzlich infrage zu stellen, bei dem wenige festangestellte Journalisten das sagen haben, aber die meisten Journalisten (Freie) schlicht nichts. Weil es bequem und sehr lukrativ für die rbb-Festangestellten ist, die genau wissen, wie abhängig die freien Journalisten (Angst) sind und das ohne jegliche Kontrolle ausnutzen können.

    Wo sind die aufrechten Rundfunkräte, Gewerkschafter, Politiker, Journalisten, die die radikale Abschaffung dieses – wie die taz zurecht schreibt - ausbeuterischen Systems mit seinen „Hungerlöhnen“ fordern - zusammen mit einer grundlegenden Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks?



    Schlimm auch das Geflecht von zig ausgelagerten Tochterfirmen, die Geld sparen sollen, einen Markt suggerieren, der meist nicht existiert und einigen wenigen Festangestellten viel Macht und lukrative überproportionale Gehälter sichert.

    Die Ausbeutung und Rechtlosigkeit der freien rbb-Mitarbeiter schuf u. a. den Nährboden für ein aus dem Ruder gelaufenes, hierarchisches, meist von Parteien dominiertes unkontrolliertes System, das sich öffentlich-rechtlicher Rundfunk nennt und bei dem beim rbb bis hin zum Verwaltungsrat eine Hand die andere wusch.

  • Ein guter Kommentar - und Ambros Waibel trifft den Punkt: Die Freiberuflichen, ihre Loyalitäten, ihre Kalküle.

    Nicht nur die freiberuflichen Hungerkünstler - es gibt auch das Gegenteil: die TV-Produzenten, die Fußballmillionäre, das System Maischberger, das jenseits irgendeines Journalismus' zur besten Sendezeit Abend für Abend abgedreht wird.

    Das passt nicht zusammen: Öffentlich-rechtlicher Rundfunk und sein tatsächlicher Inhalt: die TV-Produzent:innen. - Da ist das System von innen ausgefault. Wer glaubt, dass es sich selber retten kann?

  • In die Hand, die einen füttert, beißt auch mensch eher nicht, selbst bei karger Kost. Vielleicht gibt's dann bald Whistleblower:innen oder Informant:innen, die verpixelt werden. Die Angst vor Sanktionen ist auch in der Politik präsent, wo die Öffentlichkeit zum Tribunal werden kann. Sollten Sendeanstalten fusionieren müssen, wäre der Kuchen vielleicht noch einmal kleiner. Auf den Prüfstand wird auch die Organisation und Verteilung von Ressourcen für die Sender des ÖRR/ÖR-TV kommen, dafür sorgen die Medien schon selbst. Die Aufsichts-/Kontrollfunktionen gehören generell in die Hand von unabhängigen, integren Profis.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Diese ganze Bande in den obersten Etagen muss weg!



    Die Gehälter für Intendaz, Aufsichtsgremien sollten deutlich reduziert werden.



    Kontrollen!!!!!!

  • Es gibt nur ein ehrliches funktionierendes Kontrollgremium, der freiwillig zahlende Kunde. Alles andere kann sich gerne gegenseitig das Vertrauen entziehen. Die vertrauen doch nicht mal in die Marktfähigkeit und Qualität ihrer eigenen Arbeit.

  • Jetzt kann der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk mal zeigen, was er so drauf hat. Die Gebühren, die ja so ein Garant für Qualität sein sollen, werden ja auch weiterhin konsequent erhoben.

    Schlesinger, von Kirchbach und Co. stehen für die abgehobene obere Mittelschicht der Spitzenbeamten, Politiker und Quotenvorstände, die aufgehört hat zu arbeiten und stattdessen den wirklich Reichen in nichts nachstehen will. Statt moralischer Elite ist das moralischer Verfall. Und in Krisenzeiten wird regelmäßig versagt