Schiedsspruch im Streit mit Ökokonzern: Spanien in der Defensive
Die rückwirkende Kürzung der Einspeisevergütung für Erneuerbare wird für Spanien teuer. Das Land muss die Firma Eiser entschädigen.
Eiser investiert in erneuerbare Energien und hat 2007 für 935 Millionen Euro drei solarthermische Kraftwerke mit je 50 Megawatt Leistung in den Provinzen Ciudad Real und Badajoz gebaut. Als die Regierung in Madrid in den Folgejahren die Einspeisevergütungen zur Förderung von erneuerbaren Energien kürzte, verklagte der Konzern das Land vor dem Schiedsgericht und berief sich dabei auf die Internationale Energiecharta.
Das Icsid wurde 1966 gegründet. Es soll internationale Investitionen fördern, indem es Staaten und Investoren einen Rahmen bietet, ihre Probleme zu lösen. Diese privaten Schiedsverfahren sind Bestandteil vieler Freihandelsverträge – und als Paralleljustiz zu nationalen Gerichtsbarkeiten umstritten.
Die Internationale Energiecharta garantiert Investitionen „Schutz und vollständige Sicherheit“. Spanien unterzeichnete sie 1994 und galt bald als Vorreiter in Sachen Erneuerbare. Erst mit der Krise änderte sich das. 2008 richtete die Regierung unter dem Sozialisten José Luis Rodríguez Zapatero eine Installationsobergrenze für Photovoltaikanlagen ein. Nach dem Regierungswechsel 2012 strich der Konservative Mariano Rajoy die Einspeisevergütungen für Neuanlagen komplett. Die Branche brach von einem Tag auf den anderen zusammen.
Parallel wurden von 2010 bis 2014 auch die bestehenden Einspeisevergütungen für Altanlagen direkt zusammengestrichen sowie indirekt per Sondersteuern und über die Begrenzung der Menge der extra zu vergütenden Produktion gekürzt. Konkret auf diese Maßnahmen bezog sich Eiser in seiner Argumentation vor dem Icsid.
Die Annahme der Regierung, dass die Kürzungen den Strompreis senken und die Wirtschaft ankurbeln würden, stellte sich übrigens als falsch heraus. Seit 2012 stiegen die Strompreise um 18 Prozent und gehören heute zu den höchsten in Europa.
In Madrid ist man nach dem Schiedsspruch alarmiert. Denn der Fall Eiser könnte Schule machen. Beim Icsid sind weitere 26 Schlichtungsverfahren anhängig. Experten schätzen den Streitwert auf insgesamt 5 bis 7 Milliarden Euro.
Pech haben dagegen spanische Investoren, die vor dem Obersten Gerichtshof des Landes und dem Verfassungsgericht in Madrid klagten. Anders als das Icsid sieht die spanische Justiz die rückwirkenden Kürzungen als mit dem Recht vereinbar an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“