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Scheinreferenden vor AbschlussMoskau droht wieder mit Atomwaffen

Der Kreml meldet erste Ergebnisse der Scheinreferenden in den Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja. Putin könnte schon am Freitag Anschluss der besetzten Gebiete an Russland verkünden.

Stimmenabgabe zum sogenannten Referendum über den Anschluss an Russland in einem Wahllokal in Donetsk Foto: ap

London/Saporischschja rtr/afp | Zum Abschluss der Referenden in den russisch besetzten Gebieten in der Ukraine hat die Regierung in Moskau erneut mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht. Ex-Präsident Dmitri Medwedew schrieb am Dienstag auf dem Kurznachrichtendienst Telegram, sein Land habe das Recht, sich im Zweifel mit Atomwaffen zu verteidigen.

Erwartet wird, dass Russlands Präsident Wladimir Putin schon am Freitag Teile der Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja zu russischem Staatsgebiet erklären könnte. Dann wäre die ukrainische Offensive zur weiteren Rückeroberung ihrer Gebiete nach russischer Lesart ein Angriff auf Russland.

Kiew will sich von den sogenannten Referenden in vier russisch kontrollierten Gebieten in der Ukraine zur Annexion durch Russland nach eigenen Angaben nicht beeinflussen lassen. „Diese Maßnahmen, diese Entscheidungen von Putin werden keinen Einfluss auf die Politik, Diplomatie und das Handeln der Ukraine auf dem Schlachtfeld haben“, sagte Kiews Außenminister Dmytro Kuleba am Dienstag auf einer Pressekonferenz.

Russland berichtet von fast 100 Prozent Zustimmung

Erste Ergebnisse der von Kiew und westlichen Staaten als „Schein-Referenden“ bezeichneten Abstimmungen lagen bereits am Dienstagnachmittag vor. Russischen Angaben zufolge stimmten in Cherson 96,97 Prozent für einen Anschluss an Russland, nach Auszählung von 14 Prozent der Stimmen. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur RIA. In Saporischschja seien es 98,19 Prozent, basierend auf 18 Prozent ausgezählter Stimmen. Aus Donezk und Luhansk berichtete RIA keine Zahlen. Die vier Regionen machen zusammen rund 15 Prozent des ukrainischen Territoriums aus.

Zu erwarten ist, dass ähnlich wie im Fall der von Russland 2014 annektierten ukrainischen Halbinsel Krim das Vorgehen Moskaus auch jetzt völkerrechtlich nicht anerkannt wird. Vielfach kam es während der insgesamt fünftägigen Voten zu Berichten, wonach eine geheime und freie Stimmabgabe nicht möglich war. Zu sehen waren etwa gläserne Urnen, Menschen wurden teils mit Gewalt zur Abgabe ihrer Stimme gezwungen. Viele Ukrainer, die in den besetzten Gebieten leben, ergriffen die Flucht, insofern ihnen dies möglich war.

Medwedew schrieb bei Telegram: „Angenommen, Russland ist gezwungen, die fürchterlichste Waffe gegen das ukrainische Regime einzusetzen, das eine schwere Aggression begangen hat, die für die Existenz unseres Staates gefährlich ist: Ich glaube, dass sich die Nato auch in dem Fall nicht direkt in den Konflikt einmischen würde. (…) Die Demagogen jenseits des Ozeans und in Europa werden nicht in einer nuklearen Apokalypse sterben.“ Medwedew, stellvertretender Vorsitzender des russischen Sicherheitsrates,betonte: „Russland hat das Recht, Atomwaffen einzusetzen, wenn es nötig ist.“ Dies sei „sicher kein Bluff“. Ähnlich hatte sich vor einigen Tagen auch Putin geäußert.

Putin hat Rede vor Parlament angesetzt

Das britische Verteidigungsministerium verwies unterdessen darauf, dass Putin am Freitag eine Rede vor beiden Kammern des Moskauer Parlaments angesetzt habe. Dann könne er formell die Aufnahme der besetzten ukrainischen Gebiete in die Russische Föderation bekanntgeben. Dafür bestehe eine „realistische Möglichkeit“, hieß es im täglichen Lagebericht des Ministeriums, der sich auf Erkenntnisse des britischen Militärgeheimdienstes stützt. Keine der vier Regionen ist allerdings unter vollständiger Kontrolle der russischen Streitkräfte, was die Lage noch weiterverkomplizieren könnte.

Der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak sagte in einem Interview mit der Schweizer Zeitung Blick, die Regierung bereite sich auf einen russischen Angriff mit Nuklearwaffen vor. Es liege aber vor allem in der Hand der Atommächte, die Regierung in Moskau von einem solchen Schritt abzuschrecken. Zugleich kündigte er an, dass Ukrainer, die die Russen bei den Referenden unterstützt hätten, wegen Hochverrats vor Gericht kämen. Ihnen drohe eine Haftstrafe von mindestens fünf Jahren. „Wir haben Listen mit Namen von Leuten, die darin irgendwie verwickelt waren“, sagte Podoljak.

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8 Kommentare

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  • Vermutlich sind die Ergebnisse sogar echt, was kein Wunder sein dürfte, da die früher dort lebenden Ukrainer schon mehrheitlich schon längst von dort geflüchtet sind. Das aber macht die Ergebnisse auch nicht besser, noch tragfähiger.

  • Die Drohung mit Atomwaffen wird es immer geben. Man muss sich letztendlich nur ein Mal zu ihr verhalten. Wenn man nicht immer wieder vor Angst erstarren will und immer wieder neu erpresst werden will, dann muss und kann man die Drohung einfach ignorieren, beziehungsweise sehr klar machen, was dann passiert. Wobei klar sein sollte, dass jeder Einsatz von Atomwaffen, auch begrenzt auf das Gebiet der Ukraine, ein Angriff auf uns (den Westen, die EU) darstellt. Allein schon, wegen der Umweltfolgen und weil dann viele Millionen Flüchtlinge mehr zu uns kämen. Polen wäre noch unmittelbarer betroffen und Polen ist der Bündnisfall. Im Übrigen hat Deutschland diesbezüglich ohnehin nichts zu melden. Über den Krieg und sein Ende entscheiden die Ukraine und die USA, niemand sonst. Falls die Ukraine eine Rückeroberung aller besetzten Gebiete will, kann höchstens Biden sie davon abhalten. Ein Scholz hat noch nicht einmal mehr Einfluss.

  • Ich hoffe sehr, die USA oder eine andere Atomwaffennation haben die Ukraine inzwischen mit Atomwaffen ausgestattet. Nur so lässt sich eine weitere Eskalation verhindern.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Juristisch wäre das vielleicht sogar angemessen, da die Ukraine ihre Nuklearwaffen damals gegen umfangreiche Sicherheitszusagen abgegeben hat.

      Da diese Vereinbarung einseitig gekündigt wurde wäre die Rückabwicklung und damit die Rückkehr zum Atom-Macht-Status tatsächlich nicht unbedingt abwegig

    • @Gnutellabrot Merz:

      Das ist sicherlich illusorisch. So blöd ist niemand. Eine Situation, in der eine verlierende Ukraine, möglicherweise unter einer radikaleren Führung als der jetzigen, ihrerseits mit atomaren Erstschlägen droht, sollte doch dringend vermieden werden. Genau deshalb ist es aber wichtig und richtig, der Ukraine mit konventionellen Waffen zu helfen.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Vor einem Jahr hätte ich Sie für diesen Kommentar als wahnsinnig betitelt.

      Mittlerweile ist dies wahrscheinlich eine gangbare Möglichkeit..

    • @Gnutellabrot Merz:

      Wie man in dieser gegenwärtigen Kriegslage zu so einem Schluss kommen kann, ist mir unerklärlich. Wahrscheinlich muß man dafür ein ganz Guter sein...mea culpa