Scharounplatz am Kulturforum: Die Platane als Heldin
Nach 21 Jahren fertig: der Scharounplatz auf dem Kulturforum. Was er bietet? Viel graue Leere, eine Bushaltestelle und endlich weniger Autos.
„Leider total verbaut … aber grade das macht dich aus“, trällerte Herbert Grönemeyer schon in den Achtzigern über das Kulturforum am Potsdamer Platz, und seitdem hat sich eigentlich nichts geändert zwischen Philharmonie, Stabi, National- und Gemäldegalerie. Okay, das war jetzt gleich am Anfang ein bisschen gemogelt. Natürlich hat sich manches geändert, zum Beispiel hat der Verkehrslärm seit dem Mauerfall stark zugenommen. Außerdem sind mittlerweile zwei Arbeiter damit beschäftigt, das Museum des 20. Jahrhunderts zu bauen, und seit Montagmorgen hat das Viertel, das vielleicht nie eins werden wird, eine neue Mitte: Der Scharounplatz ist fertig.
Beim BER ging's im Vergleich dazu flott: Die Gestaltung der Freifläche, die den Namen des Philharmonie-Architekten und Forumsplaners trägt, wurde schon 1998 in einem „Landschaftsplanerischen Ideen- und Realisierungswettbewerb“ ausgelobt und an das Münchner Büro Valentien + Valentien vergeben. Dann verging die Zeit – wie das eben manchmal so ist in Berlin. Jetzt lag die Ausführung nicht in der Verantwortung des Bezirksamts Mitte, sondern bei der Grün Berlin Stiftung. Bezirksstadträtin Sabine Weißler, in Mitte zuständig für Kultur, Umwelt, Straßen und Grünflächen, bekam die Fläche am Montag quasi wieder ausgehändigt.
Der Senat war gleich mehrfach vertreten, um den Außentermin an diesem möglicherweise grauesten Tag des Jahres mit Bedeutung aufzuladen. Künftig sollten in diesem neuen Stadtraum „Kunst, Öffentlichkeit und Gesellschaft in eine entspannte und selbstverständliche Beziehung treten“, ließ Katrin Lompscher (Linke, Stadtentwicklung) wissen, und Regine Günther (Grüne, Verkehr und Umwelt) freute sich darüber, dass die „großzügigen, barrierefreien Freiflächen zum Verweilen und Flanieren“ einladen. Ramona Pop (Grüne, Wirtschaft) erklärte, auch „für die vielen Touristinnen und Touristen unserer Stadt“ ergebe sich eine „höhere Aufenthaltsqualität“.
Ganz nüchtern betrachtet gleicht der Scharounplatz einer extrabreiten Bushaltestelle, die von der schiefen Ebene der „Piazetta“ bis zur Potsdamer Straße reicht. Tatsächlich hält hier künftig auf beiden Seiten die Linie 200, womit die Philharmonie und Museen endlich einen angemessenen ÖPNV-Anschluss bekommen. Wenn das Museum des 20. Jahrhunderts – besser als „Kulturscheune“ bekannt – fertig ist, halten die Busse zwar direkt vor dessen Café, aber auch das hat ja urbane Qualitäten. Ein paar Schnurbäume stecken in der leeren Mitte, ein paar Bänke aus Beton und Holzrippen stehen auf der einen, Betonpoller in Form eines Pentagons auf der anderen Seite. Sie nehmen mit ihrer Form den mutmaßlich fünfeckigen Grundriss der Philharmonie, zumindest aber deren Logo auf.
Die Massen werden schon kommen
Ist diese neu gewonnene Freiheit nicht, nun ja: wahnsinnig langweilig? Stadträtin Weißler will das so nicht stehen lassen. Ja, ein städtebaulicher Entwurf, der 21 Jahre nach der Wettbewerbsentscheidung umgesetzt wird, entspreche vielleicht nicht mehr ganz den aktuellen Erwartungen, aber die Ästhetik sei bei der Platzgestaltung auch nicht der entscheidende Punkt: Es werde Veranstaltungen auf dem Platz geben – die Installationen dafür seien vorhanden –, und wenn sich bei besserem Wetter erst einmal die Menschenmassen einfänden, würden die den Ort schon mit Leben füllen. Entscheidend seien auch die guten Wegeverbindungen und die Tatsache, dass der private Autoverkehr nunmehr vom Kulturforum verbannt worden sei.
Genau das ist wohl das größte Plus am Scharounplatz und den angrenzenden Flächen, die ebenfalls umgestaltet wurden: Kein Blechgerümpel mehr wie früher, dafür ausreichend Rahmen zum Anschließen von Fahrrädern und rund um Philharmonie und Kammermusiksaal auch etwas mehr Rasen und ein paar frische Kiefern. Apropos grün: Die „eigentliche Heldin“ des Platzes ist für Sabine Weißler die 150-jährige und laut BaumgutachterInnen sehr vitale Platane, die später direkt an der Ecke der Kulturscheune stehen wird. Weißler: „Wenn an die bei den Bauarbeiten jemand ranfahren sollte, werde ich sehr unangenehm.“
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