piwik no script img

Scharfe Töne zu MigrationDer Cocktail aus der Union

Merz verrührt Antisemitismus-Vorwürfe mit Rassismus. Sein Vorschlag zum Einbürgerungsrecht ist bereits in einem Kabinettsentwurf enthalten.

Der CDU Bundesvorsitzende Friedrich Merz Foto: Ronny Hartmann/dpa

Berlin taz | Die Union sieht sich nach Äußerungen von Kanzler Scholz zu verstärkten Abschiebungen im Aufwind und stellt weitere Forderungen auf. CDU-Chef Friedrich Merz formulierte am Wochenende den Wunsch, die Einbürgerung in Deutschland an ein Bekenntnis zum Existenzrecht Israels zu knüpfen. „Wer das nicht unterschreibt, hat in Deutschland nichts zu suchen“, sagte Merz am Samstag im ZDF. Unterdessen will das Bundeskabinett am Mittwoch über ein Gesetzespaket aus dem von der SPD geführten Innenministerium beraten, das schnellere Abschiebungen von abgelehnten Asyl­be­wer­be­r*in­nen ermöglichen soll.

Beim Deutschlandtag der Jungen Union hatte die Organisation am Wochenende mit den anwesenden Spitzen von CDU und CSU in Braunschweig über Antisemitismus beraten und Einwanderung nach Deutschland als einen Hauptgrund dafür genannt. „Jeder, der in dieses Land kommt, muss wissen, welche Rechtsordnung gilt. Jeder muss wissen, dass wer das Existenzrecht Israels leugnet, sein Aufenthaltsrecht verwirkt hat“, hatte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann gesagt.

Auch der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Jens Spahn, hatte beim Deutschlandtag mit einer pauschalen Multikulturalismus-Schelte viel Jubel von der Jungen Union erhalten. „Nicht alles, was kulturell anders ist, ist eine Bereicherung. Ich kann Antisemitismus nicht als Bereicherung empfinden“, so Spahn.

Um was geht es der Union eigentlich?

Dabei sind in dem Kabinettsentwurf zum Staatsangehörigkeitsrecht, auf den sich die Bundesregierung Ende August geeinigt hatte, bereits antisemitische Handlungen und Anschauungen als möglicher Ausschlussgrund für das Erlangen der deutschen Staatsbürgerschaft enthalten. Aus dem Entwurf geht hervor, dass Verurteilungen wegen „antisemitischer, rassistischer oder sonstiger menschenverachtend motivierter Handlungen“ einer Einbürgerung entgegenstehen. Dafür sollen verpflichtende Abfragen in den Fällen rechtskräftiger Verurteilungen – auch bei sogenannten Bagatellstrafen – bei Einbürgerungen eingeführt werden.

Doch es scheint, als würde es der Union derzeit um mehr gehen. CDU-Chef Merz kramte am Samstagabend im ZDF auch Thilo Sarrazin hervor, der als ehemaliges SPD-Mitglied den Rassismus gegen Muslime in Deutschland maßgeblich vorangetrieben hatte. Die SPD hätte besser auf Sarrazin hören sollen, als ihn auszuschließen, sagte Merz. Eine taz-Anfrage bei der CDU, wie Merz eine Aussage von Sarrazin aus dem Jahr 2010 bewerte, in der er gegenüber der Welt am Sonntag erklärt hatte, „alle Juden teilen ein bestimmtes Gen“, ließ Merz zunächst unbeantwortet.

Die CDU-Führung selbst war ihrerseits mit dem Versuch gescheitert, den früheren Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen aus der Partei auszuschließen, dem die CDU-Führung vorgeworfen hatte, Sprache aus dem rechtsextremen Milieu zu verwenden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • @KAGEL

    Wollen Sie jetzt auch alle Shakespeare-Fans ausbürgern? Oder nur solche, die eine dunklere Haut haben?

    Ich frage für einen Freund.

    • @tomás zerolo:

      In der Literaturwissenschaft ist man sich weitgehend einig, dass Shakespeare kein Antisemit war. Wohl sind aber Heine und Wagner Antisemiten. Hier gilt jedoch die Trennung von Persönlichkeit und Kunstwerk. Ein Buch, das die Grundlage einer Religion darstellt, hat einen viel größeren Einfluss, weil es Gesinnung und Handlungen maßgeblich beeinflusst.

      • @Kagel :

        Da ist mir ein Fehler unterlaufen. Heine war selbst Antisemitismus ausgesetzt.

  • „Nicht alles, was kulturell anders ist, ist eine Bereicherung. Ich kann Antisemitismus nicht als Bereicherung empfinden“, so Spahn.

    Stimmt, daran sollte öfter erinnert werden. Antisemitismus ist dem Deutschen wesensfremd. /Sarkasmus off/

    Ich fasse es nicht.

  • So so, der alte Mann aus dem Sauerland ergeht sich mal wieder in Stammtisch-Weisheiten. Einwanderung als Hauptgrund für Antisemitismus in D - klar, gab's vorher hier ja gar nicht. 🙈🙉



    Sollen die bundesdeutschen "Ureinwohner" mit antisemitischen Einstellungen eigentlich dann jetzt ausgebürgert werden, oder wie? 🤔 Fragen über Fragen...

  • "Dabei sind in dem Kabinettsentwurf zum Staatsangehörigkeitsrecht, auf den sich die Bundesregierung Ende August geeinigt hatte, bereits antisemitische Handlungen und Anschauungen als möglicher Ausschlussgrund für das Erlangen der deutschen Staatsbürgerschaft enthalten."

    Ich finde es äußerst problematisch, ein Recht an Anschauungen zu knüpfen. Aus gutem Grund sind im Strafrecht nur Handlungen strafbar, keine Gesinnungen (hoffe, dass dies noch stimmt).

    • @Brombeertee:

      Bereits jetzt muss man sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennen, wenn man eingebürgert werden möchte.



      Ist auch richtig so.

    • @Brombeertee:

      Das ist aber jetzt bereits Praxis:



      "Wann haben Sie einen Anspruch auf eine Einbürgerung? [...]



      Sie bekennen sich zur freiheitlich- demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland."



      www.integrationsbe...uergerung--1865120



      Ist auch richtig so. Sie würden doch bestimmt nicht einen bekennenden Neonazi einbürgern wollen, oder?

  • Es wirkt doch sehr inkonsequent den Antisemitismus mal wieder nur bei den Anderen zu suchen. Glaubhafter wäre die Position der Union wenn sie zugleich ein Screening derer fordern würde die bereits Deutsche sind. Darüber ob man dann diejenigen die das Existenzrecht Israels leugnen dann mit Haft, Entzug der Grundrechte oder anderweitig sanktioniert kann man ja noch debattieren.

  • Pfui deibel.

  • Bereits im Koran (Sure 5, Vers 50) stehen antisemitische Sätze. In diesem Sinne ist genaue Beobachtung derjenigen, die zu unserer Gesellschaft gehören wollen, und eine gesunde Islamkritik durchaus angebracht. Das bedeutet natürlich nicht, dass man Populisten auf den Leim gehen sollte.

    • @Kagel :

      Der Vers lautet "Begehren sie etwa das Urteil der Unwissenheit? Wer kann denn besser walten als Allah für Leute, die (in ihrem Glauben) überzeugt sind?" islam.de/13827.php?sura=5

      Was daran ist antisemitisch?

  • Im vergleich zu Merkel nur ein kleiner rassistischer Wadenbeißer ohne Werte. Hauptsache an die Macht kommen, egal wie.