piwik no script img

Schäden durch NaturkatastrophenDie teuersten Waldbrände aller Zeiten

Die Brände in Los Angeles machten das erste Halbjahr extrem teuer für Versicherungen. Der Klimawandel wird zunehmend gefährlich für den Finanzsektor.

Die Feuer in Los Angeles waren fast doppelt so teuer wie alle Waldbrände des Jahres 2018 zusammen Foto: IMAGO/Ali Matin

Berlin taz | Naturkatastrophen haben im ersten Halbjahr 2025 Schäden in Höhe von 131 Milliarden US-Dollar verursacht. Das hat der Rückversicherer Munich Re berechnet. Das Unternehmen versichert andere Versicherer.

Durchschnittlich kam es in den vergangenen 30 Jahren nur zu 79 Milliarden US-Dollar Schäden in den ersten Halbjahren. In Europa blieben die Schäden Munich Re zufolge mit rund 5 Milliar­den US-Dollar unter den Vorjahreszahlen.

Dem Rückversicherer zufolge waren die großen Kostentreiber des ersten Halbjahrs die Buschbrände in Los Angeles, die für 53 Milliarden Dollar Schäden sorgten, von denen 40 Milliarden US-Dollar versichert waren.

Waldbrände hätten noch nie so hohe Schäden angerichtet, schreibt das Unternehmen: Alle Waldbrände des Rekordjahres 2018 zusammen seien nur etwa halb so zerstörerisch gewesen wie die in Los Angeles, „und das im Winter während der sonst üblichen Regenperiode“.

Verbindung zwischen Bränden und Klimawandel komplex

Munich Re weist darauf hin, dass Studien einen Zusammenhang zwischen der Erderhitzung durch die Verbrennung von Gas, Kohle und Öl und den Bränden festgestellt haben.

Die Forschungsgruppe World Weather Attribution kam zu dem Ergebnis, dass der Klimawandel das hohe Feuerrisiko im Winter deutlich wahrscheinlicher und etwas intensiver gemacht hat. Die Studienau­to­r*in­nen geben jedoch zu bedenken, dass die verwendeten Klimamodelle wichtige Faktoren wie Windstärke nicht gut wiedergeben können.

Auch Munich Re betont, der Zusammenhang zwischen den Feuern und dem Klimawandel sei „vielschichtig“. „Starke Winde sind in Kalifornien in der kalten Jahreszeit üblich“, sagt der Chefklimatologe des Konzerns, Tobias Grimm. „Gleichzeitig verlängert sich tendenziell die Waldbrandsaison, weil in den kühlen Monaten öfter wenig Niederschlag fällt. Also treffen die Brandbeschleuniger Trockenheit und starker Wind häufiger zusammen.“ Dann brauche es nur noch einen Funken an der falschen Stelle.

Das Unternehmen betont, dass der Einfluss des Klimawandels auf Wetterkatastrophen von der Forschung vielfach belegt sei: „Bei vielen der beobachteten Wetterkatastrophen geht die Wissenschaft davon aus, dass sie durch den Klimawandel häufiger und heftiger ausfallen.“

Naturkatastrophen könnten Finanzkrise auslösen

Für Finanzhäuser wachse mit der zunehmenden Erd­erhitzung das Risiko großer Verluste, sagt Magdalena Senn, Referentin für nachhaltige Finanzmärkte bei der Bürgerbewegung Finanzwende. „Wenn sie darauf nicht vorbereitet sind, können einzelne oder mehrere Institute umkippen und dann sogar eine Finanzkrise auslösen“, warnt sie.

„Banken, Vermögensverwalter und Versicherer sollten deswegen diese Risiken erfassen, aber vor allem genug Eigenkapital hinterlegen, um Verluste notfalls auffangen zu können.“ Das zu kontrollieren und durchzusetzen, müsse Aufgabe der Aufsichtsbehörden sein.

Munich Re ist unterdessen Mitte Juni aus mehreren Klimabündnissen ausgetreten, darunter der Institutional Investors Group on Climate Change, deren Mitglieder Ende 2024 58 Billionen US-Dollar verwalteten.

Der Rückversicherer begründete den Austritt damit, die Mitgliedschaft erfordere zu großen administrativen Aufwand, außerdem gebe es wachsende rechtliche und regulatorische Unklarheiten.

Republikanisch regierte US-Bundesstaaten hatten in den vergangenen Jahren vermehrt mit Klagen gedroht, sollten Finanzhäuser weniger in fossile Brennstoffe investieren. Die Klima-Allianzen bezeichneten sie als illegale Absprachen, um Kohle, Öl und Gas den Geldhahn zuzudrehen.

Klimabündnisse gerade informell sinnvoll, sagt Expertin

Auch viele US-Finanzhäuser sind in den vergangenen Monaten aus Klimabündnissen ausgetreten. Obwohl die damit einhergehenden Verpflichtungen freiwillig waren und oft nicht eingehalten wurden, bedauert Ute Sudmann, die den Bereich Zukunftsfähige Finanzflüsse bei der NGO Germanwatch leitet, die Austritte: „Es hat Signalwirkung, wenn sich Branchenvertreter zusammensetzen und gemeinsame Standards und Ziele entwickeln.“

Auch informell hätten die Bündnisse viel bewirkt, weil Angestellte verschiedener Firmen sich untereinander austauschen konnten, wie sie sich gegen Widerstände in ihren Unternehmen durchsetzen können. „Es stimmt, dass zum Beispiel Berichtspflichten aufwendig sind“, sagt Sudmann. „Aber sie sind auch sinnvoll: So wird erst transparent und vergleichbar, was Unternehmen tun.“

Munich Re betonte nach dem Austritt aus den Bündnissen, Klimaschutz bleibe „eine drängende Priorität für Munich Re“ und dass „wir unser Ziel weiter verfolgen, zum Erreichen der Pariser Klimaziele beizutragen“.

Vorstandsmitglied Thomas Blunck warnt im Naturkatastrophen-Bericht, der Klimawandel sei „ein Fakt und verändert das Leben auf der Erde.“ Katastrophen wie in Los Angeles seien durch die Erderhitzung wahrscheinlicher geworden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare