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Schäden durch BöllerVersicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel

Um die Jahreswende brennen in Deutschland fast so viele Autos wie sonst in einem Monat. Viele Organisationen fordern ein ganzjähriges Böllerverbot.

Mehrere Autos brennen bei einem Feuerwehreinsatz in Berlin-Charlottenburg, am 1. Januar 2023 Foto: Michael Kuenne/picture alliance

Berlin taz | Böller und Feuerwerksraketen werden um den Jahreswechsel in Deutschland rund 1.000 Autos in Brand setzen. Damit rechnet der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) aufgrund der Erfahrungen aus den Vorjahren.

Kurz vor Silvester beginnt der Verkauf von Pyrotechnik an Privatleute, der ansonsten verboten ist. Böller und Feuerwerk dürfen am 31. Dezember und am 1. Januar von Personen abgebrannt werden, die mindestens 18 Jahre als sind. Wegen der verheerenden Folgen fordern zahlreiche Organisationen ein ganzjähriges Verkaufs- und Böllerverbot.

„An Silvester und Neujahr brennen fast so viele Autos wie sonst in einem ganzen Monat“, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Im Jahr gesamten Jahr 2023 haben die Autoversicherer für etwa 14.200 Pkw-Brände rund 100 Millionen Euro gezahlt, teilte der GDV am Freitag mit. Im Schnitt kostete jeder Brand mehr als 7.100 Euro. Für den Schaden kommt der Kfz-Versicherer auf, wenn Au­to­hal­te­r:in­nen eine Teil- oder Vollkaskoversicherung abgeschossen hat – unabhängig von den Verursacher:innen. Sollten die bekannt sein, versucht die Versicherungsgesellschaft sich das Geld bei ihr oder ihm zurück zu holen. Nach Angaben des GDV ist das aber sehr selten der Fall.

Ein Autobrand führt nicht dazu, dass sich die Schadensfreiheitsklasse der Hal­te­r:in­nen ändert. Der Versicherungsbeitrag steigt also nicht. Bei Schäden am Lack oder Blech zahlt der Versicherer nur, wenn Hal­te­r:in­nen eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen haben. In diesem Fall führt eine Schadenregulierung in der Regel zu einem Anstieg der Prämie.

Schäden an Autos sind nur ein kleiner Teil der verheerenden Folgen, die Böller anrichten. Jedes Jahr werden zahlreiche Menschen durch Feuerwerkskörper verletzt, viele Personen mit Atemwegserkrankungen leiden unter der massiven Luftverschmutzung. Tiere quält der enorme Krach, sie drohen in Panik zu geraten und sich zu verletzen. Der zurückgelassene Müll verschmutzt über Tage die Straßen und belastet die Umwelt.

Aufruf an die Innenministerin

Ein Bündnis aus 34 Organisationen fordert deshalb ein generelles privates Böllerverbot. Darunter sind Verbände von Au­gen­ärz­t:in­nen und anderen Mediziner:innen, die Gewerkschaft der Polizei sowie Umwelt- und Tierschutzvereinigungen. Die Versicherungswirtschaft ist nicht dabei.

„Aus guten Gründen ist es an 363 Tagen im Jahr verboten, mit Pyrotechnik zu hantieren oder sie abzufeuern“, sagt Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die das Bündnis initiiert hat. In einem offenen Brief fordern die 34 Organisationen von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die „Erste Verordnung zum Sprengstoffgesetz“ zu ändern und so den Verkauf von Böllern an Privatleute zu beenden. Dafür müssten nur zwei Sätze in der Verordnung gestrichen werden.

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28 Kommentare

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  • Und all diese Autos geraten durch fehlgeleitete Böller und Raketen unabsichtlich in Brand und werden nicht etwa mutwillig in Brand gesetzt? Ein Verbot ändert wohl kaum etwas daran, dass es Leute gibt, die gerne Autos anzünden

  • Wäre schon mal wünschenswert die Böllerei vor und nach Silvester zu ahnden. Aber die Polizei tut nichts :-(



    So was muss sich doch automatisch orten lassen. Technisch kein Problem!

  • Wow - Super - klar - das haben wir doch eindeutig von der Ampel gelernt.



    Am besten machen wir einfach weiter mit Verboten.



    Kommt bestimmt super an und hilft vor allem den demokratischen Parteien.

    • @Andere Meinung:

      Die Regierung könnte auch eine Erlaubnis erlassen, nicht böllern zu müssen und somit seine Mitmenschen und Tiere nicht unnötig zu nerven 😉



      Guten Rutsch

      • @Alex_der_Wunderer:

        die Erlaubis gibts glücklicherweise schon :)

  • Gibt es keine aktuelle Petition? Die verlinkte bezieht sich im Text auf 2021.



    Als Halterin einer Strassenhündin aus dem Tierschutz, die absolut panisch auf Knaller reagiert, graut es mir vor den tagelangen Böllern auf den Strassen. Wer diese Angst miterlebt, kann sich viell. vorstellen, was das Geknalle bewirkt. Abgesehen von Dreck, gezielten 'Schüssen' auf Menschen und den teils giftigen Smog. Menschen, die aus Kriegsgebieten kommen können retraumatisiert werden. Und wild lebende Tiere können nirgendwohin ausweichen.

    Viele Hundehalter:innen verlassen zum Jahreswechsel die Stadt und suchen böllerfreie Orte. Die sind über Jahre im voraus gebucht. Nur kann (und will) sich nicht jeder einen 'Urlaub' leisten, nur weil hier der Wahn ausbricht.

    Es geht nicht nur um die paar Stunden zum Jahreswechsel, sondern um die Tage und Wochen (!), die danach noch geknallt wird.

  • Nur 1000 Autos fallen dem Geböllere zum Opfer? Nicht auszudenken was hier eine nachhaltigere Nutzung bewirken könnte.

  • Sehr lustiger, aber durchsichtiger Move. Silvester ist nur ein weiterer willkommener Anlass (und Strohmann) einer bestimmten Klientel, Autos anzuzünden. Allein in Berlin werden Jahr um Jahr mehrere Hundert Autos in Brand gesteckt, was schon zu einem eigenen Wikipedia-Artikel geführt hat. Und das hat mit Silvester Nullkommanull zu tun.

  • Interessant finde ich ohnehin, wie viele Leute ihre sehr teuren Autos nachts am Straßenrand parken und dann immer jammern, wenn die Autos beschädigt werden. Das liegt doch auch an den Versicherern, da müsste das Risiko für Laternenparker gegenüber Garagenparkern einzeln gewichtet werden sonst zahlt man mit dem älteren Kleinwagen oder der Familienkutsche für die Angeberkarre mit.



    Beispiel in einer Gegend mit ziemlich runtergerockten Mietshäusern kann ein einzelner Besoffener 100.000€ Schaden an Autos verursachen. ( www.hna.de/kassel/...tos-93484059.html)

    • @Axel Schäfer:

      Oh super - ja - schafft neue Regeln, die reiche Personen einseitig bevorzugen (diejenigen, die Garagen besitzen)

  • "Dafür müssten nur zwei Sätze in der Verordnung gestrichen werden"



    Doch wer soll das veranlassen? Die "Freien" Marktverfechter? Das wird nix. Sowohl Handel als auch interessierte Hersteller haben ihre Lobby in dieser Sache schon lange feinjustiert. Und da schreien CDSUAFDP schnell, es gehe um "Freiheit". Wessen Freiheit??? Die der Wirtschaft (ja) die der genervten Bevölkerung (nein), die der massiv gestressten Tiere (nein), die des Umwelt- und Klimaschutzes (nein), die der überlasteten Hilfsorganisationen (nein) Es geht um Profite und um Populismus. It's that easy....

    • @Perkele:

      Die "genervte Bevölkerung" hat in diesem Land die Freiheit ohne Zwang an der Kasse abzustimmen - und tut dies mit jährlich steigenden Rekordumsätzen 😯



      bvpk.org/aktuelles/umsatz-2023



      Das könnte einen glatt zu der Annahme bringen, dass die "genervte Bevölkerung" anscheinend nur einen sehr begrenzten Anteil an der Gesamtbevölkerung des Landes ausmacht. Auch ein Blick aus dem Fenster an Silvester könnte ob des mannigfaltig bunten Treibens am Nachthimmel einen zu diesem Schluss bringen.



      Böllern ist kein Klientel-Hobby für "CDSUAFDP" und deren Wählerschaft - wäre dem so müsste der Himmel über Fhain und Kreuzberg deutlich dunkler und ruhiger sein als der über Marzahn...



      Zu behaupten das man für eine Mehrheit spricht obwohl man offensichtlich nur eine Mindermeinung vertritt hat schon immer prima geklappt wenn man nur laut genug schreit - siehe LG...😉

  • Die übliche Aufmerksamkeitshascherei zum Jahreswechsel von Deutschlands lautesten Abmahnverein.



    "Aus guten Gründen ist es an 363 Tagen im Jahr verboten, mit Pyrotechnik zu hantieren oder sie abzufeuern" - und da gehe ich gerne mit, aber aus genauso guten Gründen ist es an den anderen beiden Tagen eben erlaubt.



    Überall auf der Welt wird Silvester lautstark und bunt gefeiert - man schaue sich mal an was bspw Sidney oder Singapur zum Neujahr abbrennen und wie lustlos dagegen das Gezündel am Brandenburger Tor alljährlich wirkt😮‍💨



    Von Indien bis quer über den asiatischen Raum bis raus auf die Philippinen wird übrigens wöchentlich geknallt - hunderte Böller an der Schnur werden da vor jeder Tür bis hin zu Kugelbomben die so mancher Luftabwehr Konkurrenz machen könnten gezündet zur Vertreibung der bösen Geister, für Glück, zu Geburtstag / Heirat / Geburt / Tod oder einfach nur aus Spaß...



    Wahnsinn das da immer noch Tiere leben und nicht alles schon x-fach abgebrannt ist...😂🤷‍♂️



    Leben und leben lassen - 363 zu 2 Tage, wer das nicht tolerieren kann möge sich für 48 Stunden dem Trubel entziehen - es gibt ja mittlerweile genügend Angebote für ein böllerfreies Silvester - guten Rutsch🥂

    • @Farang:

      Niemand in D kann sich für 48 Stunden dem "Trubel" entziehen. Keine Menschen und keine Tiere. Das Klima ebensowenig, die Unfallkliniken auch nicht. Es ist weder in Sydney, noch in Frankreich erlaubt mit "eigenen" Böllern herumzuballern. Nicht viel ist dagegen zu sagen, wenn in den Gemeinden -zentral- irgendwo ein kontrolliertes Feuerwerk angeboten wird. Aber es muss keineswegs sein, dass irgendwelche Durchgeknallte sich die Hände abreissen (das geht auf Kosten der Versichertengemeinschaft) oder dass Tieren, wilde, Stalltiere und Haustiere in Panik verfallen. Mir fehlt jedes !! Verständnis für eine Tolerierung dieses Idiotismus und schon gar nicht unter dem Motto "Freiheit". Nein, das ist es nicht. Ganz und gar nicht!

      • @Perkele:

        Wenn Sie mit der Versichertengemeinschaft kommen, dann müssten man eine ganze Menge dummer Dinge verbieten, die Menschen jeden Tag tun aber noch ist es die Freiheit eines jeden, sich die Finger weg zu sprengen, sich beim Ski fahren den Hals zu brechen oder sich die Leber kaputt zu saufen

        • @Christian Deinhart:

          Die Versicherungen versuchen das längst - zu Recht! Doch wieder mal zahlt die Allgemeinheit die Zeche. Es ist eben NICHT DIE FREIHEIT sich die Finger wegzusprengen, die eigene Leber zu zerstören oder illegale Autorennen zu fahren. Wer kommt denn für die Folgen auf? Richtig: die Allgemeinheit der Versicherten. Und all die anderen Folgen des hirnrissigen Geböllers? Klima, Angst und Panik bei Mensch und Tier? Alles vernachlässigbar? Das ist keine freiheitliche Einstellung, das ist purer Egozentrismus.

      • @Perkele:

        "Niemand in D kann sich für 48 Stunden dem "Trubel" entziehen"



        Aber natürlich geht das, zum Beispiel so:



        www.top-hundeurlau...t-hund-ohne-boller

        • @Farang:

          Prima Idee. Nur: so viel Kapazität hat kein Urlaubsort um die Massen der Ruhesuchenden aufzunehmen. Entweder ist man Argumenten zugängig oder man will nicht, gell?

          • @Perkele:

            Gilt dann für uns beide, woll 😉

      • @Perkele:

        Danke.

  • Und wieviele von den 1000 autos werden vorsätzlich in brand gesetzt?

  • Soll wohl die deutschen Autoliebhaber triggern.. Die ununterbrochene Verpestung der Luft, der Lärm und die Besetzung des öffentlichen Raums durch Millionen von Autos sind weitaus schädlicher als die jährlichen Böllerrituale. Es ist auch kein Wunder das Autos von Böllern getroffen werden, wenn sie überall rumstehen.

  • Böllerverbot einführen, und nur noch punktuell an registrierten Plätzen das Feuerwerk erlauben.

    • @Ice-T:

      Dann werden die Böller eben da gekauft, wo im Zweifel auch die Austauschgasheizungen gekauft werden - jenseits der Grenze.

  • 6G
    676169 (Profil gelöscht)

    Und die E-Böller brennen besonders nachhaltig.

  • Verbieten, verbieten, verbieten... und sich dann wundern, dass den Menschen diese Verbote zum Hals raus hängen.

    Ich wünsche fröhliche Weihnachten und einen guten Start ins neue Jahr - mit oder ohne Böller, dass soll jeder für sich entscheiden dürfen.

  • Abgesehen davon, dass Politiker einfach mal etwas entscheiden sollten - aus einem Ideal heraus, ohne auf angebliche Umfragewerte zu schielen - frage ich mich wirklich, ob es für ein Böllerverbot keine Mehrheit gäbe.



    Persönlich kenne kaum jemanden, der Böllern noch geil findet. Kleine Kinder haben Angst, Tiere, alte und ängstliche Leute leiden.

    Vlt. könnte man als ersten Kompromiss die Befugnis an Kommunen geben, flächendeckend böllerfreie Zonen einzurichten.

  • Tja, allein mit den abgerissenen Fingern kann man sicher ganze Wagenladungen füllen ...