Schadenersatz für Mautdesaster: 560 bescheuerte Millionen
Firmen, die die PKW-Maut hätten eintreiben sollen, fordern eine halbe Milliarde Euro vom Bund. Das wäre ein Viertel des zugesagten Gewinns.
Noch bevor der Europäische Gerichtshof über die Zulässigkeit der deutschen PKW-Maut entschieden hatte, hatte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) Ende letzten Jahres die Verträge mit den geplanten Betreiberfirmen unterschrieben. Diese sahen für die Dauer des Vertrags von 12 Jahren einen Gewinn von 2 Milliarden Euro für die Betreiber vor. Nachdem der EuGH die Maut für unzulässig erklärt hatte, kündigte Scheuer die Verträge im Juni.
Eine Klausel in den Verträgen sah vor, dass entgangene Gewinne im Fall einer Kündigung des Vertrags durch den Bund abzüglich der durch die Kündigung ersparten Aufwendungen entschädigt werden müssen. Mit 560 Millionen Euro fordern die Betreiber jetzt – ohne dass sie tatsächlich tätig werden mussten – mehr als ein Viertel des Gewinns ein.
Scheuer hatte mehrfach deutlich gemacht, dass aus Sicht des Bundes kein Anspruch auf Entschädigung besteht. Es seien vertragliche „Meilensteine“ gerissen worden. Das Ministerium hatte als Gründe für die Kündigung auch Mängel in der Leistung der Auftragnehmer und deren Verhalten nach der Kündigung genannt.
Jahreslanges Verfahren
Der Streit wird darum nun voraussichtlich in einem Schiedsverfahren landen, das mehrere Jahre dauern könnte. Neben dem Schadenersatz bleibt der Staat durch das von der CSU verantwortete Maut-Debakel zudem auf Kosten von 53 Millionen Euro sitzen, die zur Vorbereitung der PKW-Maut aufgewendet worden waren.
Scheuer steht wegen der Maut unter erheblichem Druck. Neben der verfrühten Vertragsunterzeichnung werfen ihm die Opposition und der Bundesrechnungshof auch Verstöße gegen das Haushalts- und Vergaberecht vor. Zur Aufklärung der Vorwürfe hat diese Woche ein Untersuchungsausschuss die Arbeit aufgenommen.
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