Schadenersatz für Diesel: Opfer haben kaum eine Chance
Mit dem Urteil des EuGH sind Klagechancen auf Schadenersatz für Diesel gestiegen. Die Erfolgsaussichten sind trotzdem eher gering.
ber viele Jahre hat der stolze Motor unserer Wirtschaft mit seinen Motoren derart dreist gelogen und betrogen, dass noch jeder Lügendetektor auf der Stelle hätte implodieren müssen. Die Automobilbranche verbaute heimlich Abschaltautomatiken für Diesel-Abgasfilter. So konnten die feinen Karren ihre Giftcocktails munter weiter auspusten. Und sie tun es offenbar bis heute, wie neue Messungen zeigen.
Noch schlimmer war und ist das Nichtstun der Behörden, die Millionen Dreckschleudern auf der Stelle hätten stilllegen müssen. Und die Politik, egal welcher Kasperledarsteller gerade das Verkehrsministerium besetzt, von Dobrindt über Scheuer bis zu diesem Wissing, dem aktuellen Tatentotalverweigerer in allen autobahnfernen Sphären.
Mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs diese Woche sind die Klagechancen auf Schadenersatz gestiegen. Das ist schön. Aber: Welcher Schaden eigentlich? Wenn ein Motor per Thermofilter geschont wird, ist das doch ökonomischer Nutzen!
Dieseldosenbesitzer verweisen auf einen möglichen Wertverlust bei Weiterverkauf und auf angeblichen Leistungsverlust nach Umbau. Zudem sei das gute Öko-Gewissen torpediert. Nun weiß man wenig über das Gewissen von Fahrern eines Porsche Cayenne Diesel V8 mit schnuckeligen 385 PS oder der Besitzerin eines Mercedes Protzbrumm GLE 350 De 4MATIC XXLplus. Aber vor dem Gesetz ist alles Dosenfleisch gleich.
Klagen müssten die vergifteten BürgerInnen, deren Lungen ersatzweise als Abgasfilter missbraucht werden. Mit wenig Erfolgsaussichten, ein „großer Schwachpunkt“ des EuGH-Urteils, wie die Deutsche Umwelthilfe meint. Atemopfer müssten schon direkt an einer Messstelle wohnen, sonst zerpflückt der Gegenseite-Anwalt jede Klage: Keine Daten, keine Grundlage.
Lungenkrebs – naja, wohl Raucher, oder? Pseudokrupp – das wächst sich bis zur Einschulung bestimmt raus. Klimameucheln? Ach, was da alles in der Luft ist… Schäden müssen rechtssicher zuzurechnen sein. Man kann ja auch nur schätzen, wie viele zigtausend Menschen durch Abschalt-Hightech Made by Germany’s klügsten Ingenieuren schon elendig verreckt sind.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen