Schach-WM in Saudi-Arabien: Kein Pokal für die Weltmeisterin
Schach-Weltmeisterin Anna Musytschuk will sich den Vorschriften nicht beugen und verzichtet auf die Titelverteidigung. Vorbild ist ihre Schwester.
Es ist ein Dilemma: entweder nach Regeln spielen, die einem nicht gefallen, oder auf einen möglichen Sieg verzichten. Anna Musytschuk, amtierende Weltmeisterin im Schnell- und Blitzschach, hat sich für Letzteres entschieden. Sie wird ihre Titel nicht bei der Weltmeisterschaft in Saudi-Arabien verteidigen. Die 27-jährige Ukrainerin begründet ihre Entscheidung mit der Benachteiligung von Frauen in dem Land: Allen Teilnehmerinnen wurde bei ihrer Ankunft eine Abaya ausgehändigt – ein islamisches Überkleid.
Die Abaya müssen die teilnehmenden Frauen zwar nicht während des Turniers tragen – da reicht nun auch einfach hochgeschlossene Kleidung. Sobald sie – natürlich in Begleitung – das Haus verlassen, ist das Überkleid aber wieder Pflicht.
Noch im März war die Schachspielerin in ähnlicher Sache einen Kompromiss eingegangen – da fand die Weltmeisterschaft im gewöhnlichen, langsamen Schach in Teheran statt. Damals weigerte sich Musytschuks Schwester Maria, ebenfalls Weltmeisterin, im Iran anzutreten. Anna nahm damals teil, trug den geforderten Schleier und wurde Zweite. Das scheint es ihr nun nicht mehr wert zu sein.
Auch in den nächsten Jahren werden Schachturniere in Saudi-Arabien stattfinden, denn der Weltverband FIDE hat gleich einen Dreijahresvertrag mit dem Land abgeschlossen – Saudi-Arabien ist als großzügiger Spender ein attraktiver Austragungsort. Für Frauen allerdings nicht, die sich für die Chance auf einen Titel den rigiden Regeln des konservativen Landes unterwerfen müssen. Entweder es wird sich in Saudi-Arabien also in kürzester Zeit vieles ändern – der neue Kronprinz Mohammed bin Salman steht für einen liberaleren Kurs –, oder Anna Musytschuk und ihre Schwester Maria müssen sich weiterhin Titel um Titel entgehen lassen.
In der Kritik steht Saudi-Arabien als Schach-WM-Gastgeberland wegen seines Umgangs mit Schachspieler*innen aus Israel, Katar und Iran. Mit den Ländern ist Saudi-Arabien schwer verfeindet. Obwohl sich der FIDE dafür eingesetzt hatte, dass die Spieler*innen in das Gastgeberland einreisen dürfen, bekamen die israelischen Schachprofis keine Visa, die iranischen und katarischen erst in letzter Minute. Viele der Spieler*innen aus dem Iran und Katar entschieden sich dann aber dafür, dem Turnier dennoch fern zu bleiben.
Leser*innenkommentare
EinfachIch
Evt. könnte da nach Kasparow der nächste Großmeister vom Schach in die Politik gehen. Besonnene Menschen kann man im ukrainischen Parlament gebrauchen
delta
Anna Musytschuk, eine Mutige und besondere Frau. Hochachtung vor ihrer Entscheidung.
Wie man irgend eine Veranstaltung überhaupt in Saudi-Arabien stattfinden lassen kann ist mir rätselhaft.
Stefan Mustermann
Saudi-Arabien 2016
Die Gerichte verhängten 2016 erneut Todesurteile für eine Reihe von Straftaten, darunter auch Drogendelikte und andere Straftaten, die nicht zu den "schwersten Verbrechen" zählen und damit unterhalb der Schwelle liegen, die internationale Menschenrechtsnormen für die Verhängung eines Todesurteils festlegen. Die Gerichtsverfahren, nach denen die Todesurteile gefällt wurden, waren häufig unfair.
Obwohl Angeklagte aussagten, sie seien gefoltert oder anderweitig genötigt worden, "Geständnisse" abzulegen, gingen die Gerichte diesen Vorwürfen nicht nach.
Am 2. Januar 2016 wurden an zwölf Orten landesweit 47 Hinrichtungen vollstreckt; Berichten zufolge wurden 43 der Verurteilten enthauptet und vier erschossen.
Zu den zum Tode verurteilten Gefangenen zählten auch Personen, die zum Tatzeitpunkt minderjährig waren, wie z. B. vier Schiiten, die verurteilt worden waren, weil sie sich 2012 an Protesten beteiligt hatten, als sie noch keine 18 Jahre alt waren.
Es gibt so viele Menschenrechtsverletzungen in dem Land, dass es sehr schwer ist, alles zu beschreiben. Da reichen die Worte und Papier schon nicht mehr aus.
https://www.amnesty.de/jahresbericht/2017/saudi-arabien
Schade, dass Geld für FIDE wichtiger ist als Menschen. Eigentlich soll das Schachspiel zu einem höheren Intellekt verhelfen können.
Links van der Linke
Der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt: es sind zahlreiche jüdische Spieler dabei. Die Saudis sind keine Rassisten, sie haben etwas gegen Israel.
Trotzdem ein Skandal, dass eine Weltmeisterschaft unter Auschluss von Spitzenspielern stattfinden darf.
Sven Günther
Was hier los wäre, wenn Israel Sportler aus den Emiraten, dem Iran oder den Saudis keine Visa für eine WM erteilen würde...
Aber andersrum ist das ok, das jüdische Spieler anderer Staaten eingeladen werden, ist praktisch schon ein Zeichen.
Liberal
@Links van der Linke Vollkommen richtig, ich habe gerade mal nachgesehen: Alles lupenreine Demokraten und Rassisten konnte ich auch keine sehen. Hint: Antisemitismus ist auch kein Rassismus.
Justin Teim
Keine Rassisten?
Dann lesen sie mal...
https://www.humanrights.ch/de/service/laenderinfos/saudi-arabien/
88181 (Profil gelöscht)
Gast
@Links van der Linke Und ich korrigiere mich flugs, es betrifft anscheinend nur israelische Spieler.
88181 (Profil gelöscht)
Gast
In allen Medien steht, dass die jüdischen Spieler keine Visa erhielten:
http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/30464
http://www.tagesspiegel.de/sport/schnellschach-wm-in-saudi-arabien-israelis-erhalten-keine-visa/20793776.html
https://www.bz-berlin.de/welt/schach-wm-in-saudi-arabien-ohne-spieler-aus-israel
https://www.welt.de/sport/article171931937/Schach-WM-2017-Anna-Muzychuk-gibt-Titel-auf-Kein-Mensch-2-Klasse.html
miri
@Links van der Linke Äh -- sind Juden eine Rasse?
85198 (Profil gelöscht)
Gast
Für Antisemiten schon.
Es ist außerdem nicht wichtig, ob die Opfer einer rassistischen Straftat selbst eine Rasse bilden.
So wurde auch die Eugenik aus rassistischen Motiven eingeführt, wegen der sog. ''Volksgesundheit''.
Es ist nicht einmal wichtig, dass eine Diskriminierung vorliegt, um von Rassismus zu sprechen. Auch das Zähneputzen wurde im Zuge des Militarismus aus dem rassistischen Motiv der ''Volksgesundheit'' bei den Soldaten zwangseingeführt. Das Wohl der ''Rasse'' war das Ziel, nicht wie heute, wo das individuelle Wohl beim Zähneputzen eine Rolle spielt.
Auch wenn jemand ''zum Wohle der Menschheit'', also ''der menschlichen Rasse'', ''the human race'', ''la race humaine'' oder euphemistisch gesagt auch der ''Weltwirtschaft'' geopfert wird, dann ist das Rassismus.
Zum Zähneputzen und dem Rassismus hat Michel Foucault geschrieben, u.a. in seinem Buch ''Sexualität und Wahrheit''.
EinfachIch
@85198 (Profil gelöscht) Nicht nur für Antisemiten. Bei jüdischen Menschen in der Sowjetunion gab es oft das Verständnis, dass es sich bei Juden auch um ein Volk handelt. Auf Nachfrage wird es umschrieben, als Nachfahren der Menschen, die Moses aus Ägypten führte. Ist natürlich historisch sehr fragwürdig, aber diese Selbstidentifikation mit einem jüdischen Volk gab es durchaus.
Normalo
@miri Aus Sicht vieler Rassisten schon - darum geht es ja.
Links van der Linke
@Links van der Linke Ganz anders als etwa die Palästinenser (nein, das ist zu salopp, genauer: als die Rassisten aus Hamas und Fatah)
Justin Teim
Offensichtlich ist es dann ja keine echt echte Weltmeisterschaft - sondern von Saudis Gnaden.
Volker Birk
Der Schachverband macht sich mit solcherart Korruption lächerlich. Was Saud-Arabien ist, weiss jedes Kind: der Hort des islamistischen Terrors auf dem Planeten.
Reinhold Schramm
*** - ): So ist es!
Dieser staatsterroristische Islamische Staat Saudi-Arabien wird auch massiv von der Deutschen Wirtschaft und deren Bundes- und Regierungspolitik unterstützt!
Info.-Empfehlung:
Scharia-Kapitalismus.
Den Kampf gegen unsere [bürgerliche] Freiheit finanzieren wir selbst.
Von Sascha Adamek / Econ Verlag 2017
- Die Scharia-AG
- Die Saudi-Connection
- Deutschland - Ruheraum für islamische Finanziers
- Moscheefinanzierung in Deutschland
- Das tödliche Geschäft mit den Scharia-Staaten