Sayn-Wittgensteins AfD-Rausschmiss: Die Entbehrliche
Der Parteiausschluss der AfD-Vorsitzenden aus Schleswig-Holstein ist kein Zeichen gegen Extremismus – ganz im Gegenteil.
![Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein auf der Landes-Mitgliederversammlung in Schleswig-Holstein im Juni 2019 Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein auf der Landes-Mitgliederversammlung in Schleswig-Holstein im Juni 2019](https://taz.de/picture/3641215/14/23291203.jpeg)
D ie AfD wirft eine ihrer umstrittensten PolitikerInnen aus der Partei. Doris Sayn-Wittgenstein, die 2017 beinahe Parteichefin geworden wäre und bislang Landesvorsitzende in Schleswig-Holstein ist, muss wegen parteischädigenden Verhaltens gehen. Hintergrund ist, dass sie einen rechtsextremen Verein unterstützt hat. Damit ist nicht nur ein langwieriger Streit vorläufig entschieden, die AfD sendet kurz vor den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg auch das Signal: Schaut her, wir haben mit RechtsextremistInnen nichts zu schaffen!
Doch das ist Augenwischerei. Das Gegenteil trifft zu. Schließlich geht die radikal rechte Partei in Brandenburg und auch in Thüringen, wo im Oktober gewählt wird, mit zwei Männern als Spitzenkandidaten ins Rennen, die man mit Blick auf ihre Vergangenheit und ihre Netzwerke, ihre Ideologie und Rhetorik zweifellos als Rechtsextremisten bezeichnen kann. Andreas Kalbitz und Björn Höcke stehen an der Spitze des „Flügels“, jener Strömung am rechten Rand der AfD, die der Verfassungsschuss als Verdachtsfall für rechtsextreme Bestrebungen eingestuft hat. Die Kronzeugen für diese Einschätzung: Höcke und Kalbitz.
Von diesen beiden aber grenzt sich die Partei keinen Deut ab. Im Gegenteil: Die komplette Bundesprominenz reist derzeit in die Brandenburger Provinz, um Kalbitz beim Wahlkampf zu unterstützen. Der bestens vernetzte Mann könnte ja einen grandiosen Sieg einfahren. Möglicherweise wird die AfD sogar stärkste Kraft. Da ist man doch gerne dabei.
Anders als Kalbitz ist Sayn-Wittgenstein eine Randfigur in der AfD, die außerdem den Ruf einer Querulantin hat. Schleswig-Holstein ist für die AfD unbedeutend. Von einer solchen Frau kann man sich trennen. An Kalbitz und Höcke aber traut sich keiner mehr ran. Nach vermutlich erfolgreichen Landtagswahlen wird das noch viel weniger der Fall sein. Dann wird der Einfluss der beiden Flügel-Männer weiter steigen. Und die haben das Gegenteil von Abgrenzung nach rechts im Sinn: Seit Langem arbeiten sie genau an einem solchen Netzwerk.
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