Parteiausschluss für Landesvorsitzende: AfD schiebt Sayn-Wittgenstein ab

Die schleswig-holsteinische AfD-Vorsitzende Doris von Sayn-Wittgenstein fliegt aus der Partei. Ihre Kontakte zu Rechtsextremen seien parteischädigend.

Doris zu Sayn-Wittgenstein

Doris zu Sayn-Wittgenstein war der AfD zu weit rechts Foto: dpa

HAMBURG taz | Der Parteikarriere von Doris von Sayn-Wittgenstein hat ein Ende. Am Mittwochmittag teilte die AfD mit, dass die Landesvorsitzende und Landtagsabgeordnete in Schleswig-Holstein aus der Partei ausgeschlossen wurde. Das Bundesschiedsgericht der AfD habe am 28. August dieses Jahres „letztinstanzlich“ den Ausschluss „wegen parteischädigen Verhaltens“ ausgesprochen.

Seit Dezember vergangenen Jahres stand die AfD-Landespolitikerin in der Kritik. Der Hintergrund war ihre Beziehung zu dem rechtsextremen Verein „Gedächtnisstätte e.V.“ im thüringischen Guthmannshausen. Dem Verein stand die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck anfänglich vor. Der Verfassungsschutz in Niedersachsen und Thüringen stufte den 1992 gegründete Verein als „rechtsextremistisch“ ein. Die AfD führt die „Gedächtnisstätte“ auf ihrer Unvereinbarkeitsliste an.

Im Dezember räumte von Sayn-Wittgenstein ein, am 18. Dezember 2014 für den Verein in einem Schreiben geworben zu haben, sie erklärte damals aber auch, dass ihr die „Hintergründe zum Entstehen der Gedenkstätte“ nicht bekannt gewesen seien. Auf der Konferenz „Unsere Geschichte, unser Erbe, unser Stolz“ des weit rechten Magazins „Compact“ offenbarte sie allerdings selbst ihre enge Nähe zu dem Verein.

In einem Video von der Konferenz, dass erst im August auffiel, erzählte die 64-Jährige von der Entstehung des Vereins. Locker am Rednerpult stehend sagte sie auf Nachfrage des Compact-Chefredakteurs Jürgen Elsässer, dass ihre Familie „immer widerständig“ gewesen sei und sich „für die Interessen von Volk und Vaterland engagiert“ habe.

Vor allem ihre Mutter erwähnt sie, die sich aus Enttäuschung darüber, dass der Bund der Vertriebenen (BdV) in Berlin kein Zentrum für Vertriebene aus den ehemaligen Ostgebieten mehr anstrebe, „mit Menschen zusammengetan“ habe, „die dann auf private Initiative in Guthmannshausen diese Anlage gestaltet haben“. Das sei „auch der Hintergrund, warum ich mich für diese Form des Gedenkens eingesetzt habe“, sagte sie – und widersprach ihrer vorherigen Schilderung der Beziehung.

Kontakte zu Freunden der Waffen-SS

Das Video dokumentiert erneut ihre Radikalität. Sie beklagt etwa, dass der BdV seine Position aufgeweicht habe und aus „Recht auf Heimat“ „Recht auf Erinnern“ geworden sei. Dass bei den EU-Beitrittsverhandlungen der osteuropäischen Staaten die Oder-Neiße-Grenze nicht zur Debatte stand, nennt sie „mehr als enttäuschend“. Diese Aussagen spiegeln auch E-Mails von ihr wider, die der taz vorliegen. Ihre Kontakte reichen von Freunden der Waffen-SS, Holocaust-Leugnern, Verfechtern einer Reichsideologie bis zum internationalen Rechtsextremismus.

Schon im Dezember hatte die Landtagsfraktion in Kiel von Sayn-Wittgenstein aus der Fraktion ausgeschlossen. Der Bundesvorstand beschloss wenige Tage später die Einleitung eines Parteiausschlussverfahren. Im Mai scheiterte der Bundesvorstand jedoch mit seinem Ausschlussbegehren. Das Landesschiedsgericht erklärte, dass „eine etwa zwei Jahre vor ihrem Aufnahmeantrag in der Partei erfolgte Unterstützung des Vereins“ nicht zu einem Ausschluss von Sayn-Wittgenstein führen müsse, „da sich aus einer einmaligen Unterstützung keine zwingenden Rückschlüsse auf ein noch heute andauerndes rechtsextremistisches Weltbild ergeben“.

Wo der Landesverband steht, machten die Mitglieder auf ihrem Parteitag im Juni 2019 deutlich: Mit 56 Prozent wählten sie von Sayn-Wittgenstein erneut zu ihrer Landesvorsitzenden. Bis zur satzungsgerechten Nachwahl führen jetzt die beiden stellvertretenden Landesvorsitzenden Joachim Schneider und Dr. Roland Kaden die Verbandsgeschäfte.

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