Saudi-Arabien nach Tod Jamal Khashoggis: Diskussion um Waffenexporte
Die Bundesregierung stellt künftige Exporte infrage, den Grünen geht das nicht weit genug. Das saudische Königshaus telefoniert derweil mit Hinterbliebenen.
![Porträt Mohammed bin Salman Porträt Mohammed bin Salman](https://taz.de/picture/3027221/14/bin_salman.jpeg)
Khashoggi war zuletzt lebend gesehen worden, als er am 2. Oktober das saudische Konsulat in Istanbul betreten hatte. Dort hatte er Dokumente für seine geplante Hochzeit abholen wollen.
Grünen-Chefin Annalena Baerbock hat im ZDF-Morgenmagazin einen generellen Stopp deutscher Rüstungsexporte in das Land verlangt. „Auch die bereits genehmigten Ausfuhren müssen auf Eis gelegt werden. Das würde Saudi-Arabien wirklich richtig, richtig treffen.“ Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Sonntag angekündigt, die deutschen Lieferungen nach Saudi-Arabien auf den Prüfstand zu stellen.
Dies sei eine „halbherzige Antwort“, sagte Baerbock. Deutschland müsse die „strategische Partnerschaft“ mit Saudi-Arabien beenden. Dies betreffe die Rüstungsexporte und die wirtschaftlichen Beziehungen. „Das würde dann auch Deutschland im Zweifel etwas weh tun. Aber das wäre jetzt der entscheidende Punkt.“ Baerbock kritisierte: „Man behandelt Saudi-Arabien so, als wäre es ein ganz normaler Player. Das ist es aber nicht.“
Oettinger hat auch eine Meinung
In ihrem Koalitionsvertrag hatte die schwarz-rote Bundesregierung sich vorgenommen, keine Waffen mehr an Länder zu liefern, die am Jemen-Krieg beteiligt sind – dazu gehört auch Saudi-Arabien. Schon genehmigte Lieferungen sollten jedoch von diesen Plänen nicht betroffen sein.
EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) gegen einen sofortigen vollständigen Stopp von Waffenexporten in das Königreich ausgesprochen. Zwar könnten Entscheidungen über „einzelne Rüstungsexporte“ zurückgestellt werden, sagte Oettinger den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montagsausgaben). „Eine grundsätzliche Entscheidung sollte man aber erst treffen, wenn eine umfassende Aufklärung geschehen ist – oder wenn man Vertuschung bei den Saudis vermuten muss.“
Saudi-Arabien habe zwar eine „Tötung“ Khashoggis zugegeben, sagte der CDU-Politiker. „Aber es ist noch nicht klar, ob es ein gemeiner Mord war.“ Es bestehe weiter Bedarf, „den Ablauf des möglichen Verbrechens aufzuklären“.
Wirtschaftskonferenz unter Druck
Vor einer in Riad geplanten Wirtschaftskonferenz wächst angesichts des falls Khashoggi auch der Druck auf die deutsche Wirtschaft. „Deutsche und europäische Wirtschaftsvertreter sollten von sich aus darauf verzichten, nach Saudi-Arabien zu reisen“, sagte FDP-Generalsekretärin Nicola Beer dem Handelsblatt. Die Konferenz beginnt am Dienstag, zuletzt hatte eine Reihe von Wirtschaftsvertretern und Finanzministern ihre Teilnahme abgesagt.
Am vergangenen Freitag war aus Finanzkreisen bekannt geworden, dass auch Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing nicht nach Riad fährt. Bislang geplant ist allerdings eine Teilnahme von Siemens-Chef Joe Kaeser.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
80 Jahre nach der Bombardierung
Neonazidemo läuft durch Dresden