Saarland vor der Bundestagswahl: Landesliste der Grünen abgelehnt
Die zerstrittenen Saar-Grünen scheiterten am Freitag vor dem Landeswahlausschuss mit ihrer Landesliste. Noch ist eine Beschwerde dagegen möglich.
Das vor dem Landeswahlausschuss unterlegene „Grüne Bündnis Saar“, eine innerparteiliche Gruppierung, die im Juli eine zweite Wahl der Landesliste durchgesetzt hatte, kündigte gegenüber der taz an Beschwerde einzulegen. Darüber entscheidet der Bundeswahlleiter spätestens am 5. August. Danach sind Korrekturen nicht mehr möglich. Die ebenfalls umstrittene KandidatInnenliste der Saar-Linken nahm am Freitag dagegen die letzte Hürde. Sie wurde zugelassen.
Mit der Entscheidung vom Freitag findet für die Saar-Grünen ein wochenlanger erbitterte Streit über die Kandidatur ihres ehemaligen Landesvorsitzenden Hubert Ulrich ein bitteres Ende. Der hatte sich nach der verlorenen Landtagswahl 2017 eigentlich zurückgezogen, um Platz für einen Neuanfang zu machen. Doch in einem Coup ließ der 63jährige sich im Juni auf einem Landesparteitag zum Spitzenkandidaten wählen.
Mit einer Anfechtung der Liste konnten die Ulrich-GegnerInnen die Annullierung dieser Wahl erreichen. Ulrichs Wahl auf Platz eins hatte gegen das Frauenstatut verstoßen, bei der Wahl stimmten Parteimitglieder mit, die kein Stimmrecht hatten. Es folgte ein juristisches Tauziehen.
Beschwerde beim Landeswahlausschuss
Am 17. Juli wählte schließlich ein zweiter Parteitag eine neue Liste mit der 25jährigen Juristin Jeanne Dillschneider an der Spitze. Weil das Bundesschiedsgericht für diesen zweiten Parteitag die Delegierten aus Ulrichs Ortsverband Saarlouis von dieser Wahl ausgeschlossen hatte, beschwerten sich sieben von ihnen beim Landeswahlausschluss, mit Erfolg.
Ulrich hatte öffentlich die Einmischung der Bundespartei in die Entscheidungsfindung im Saarland beklagt. Vor 30 Jahren war er erstmals zum Landeschef der Saar-Grünen aufgestiegen. Seitdem sorgte er auch bundesweit für Schlagzeilen.
Nach einer Dienstwagenaffäre musste er zurücktreten, die dubiose Parteispende eines prominenten FDP-Mitglieds brachte ihn in Erklärungsnot, weil er 2009 gegen eine starke innerparteiliche Opposition eine Jamaika-Koalition mit CDU und FDP durchgesetzt hatte, obwohl auch ein Linksbündnis mit SPD und Linken möglich gewesen wäre.
Kein Comeback für Ulrich
Schließlich kam die verpatzte Landtagswahl 2017, bei der sich Ulrich gegen das Frauenstatut der Partei als Spitzenkandidat durchsetzte und am Wahltag mit vier Prozent aus dem Landtag flog. Aus dem geplanten Comeback in den Bundestag wird nun nichts mehr. Allerdings hat der erbitterte innerparteiliche Streit dafür gesorgt, dass auch kaum eine andere Grüne aus dem Saarland im nächsten Bundestag sitzt.
Auch wenn an der Saar nur rund ein Prozent der bundesweit möglichen Stimmen vergeben werden, gilt diese Nichtzulassung der KandidatInnenliste auch als Schlappe für die Kampagne der grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. Den entscheidenden Fehler machte nämlich das Schiedsgericht der Bundespartei, das die Delegierten von Ulrichs Ortsverbands Saarlouis vom Landesparteitag ausgeschlossen hatte.
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