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SPD und CDU in BerlinDie passen sehr wohl zusammen

Kommentar von Stefan Alberti

Wider alle Kritik, die SPD passe nicht zur CDU, beschließt Schwarz-Rot, worüber Rot-Grün-Rot stritt. Ökologie spielt dabei nicht die größte Rolle.

Mag die SPD-Linke das auch anders sehen: In Person von Wegner und Giffey harmoniert Schwarz-Rot Foto: dpa

CDU und SPD passen nicht zusammen, und das ist gut so, und wenn sie zueinander passen, sollte uns das Sorgen machen.“ Ein halbes Jahr ist dieser Satz alt, zu hören war er im März bei einem der zahlreichen SPD-Mitgliedertreffen vor der Urabstimmung über den Koalitionsvertrag. Knapp nur war die Mehrheit, die wenige Wochen später grünes Licht für Schwarz-Rot gab.

Rief man sich das bei der Pressekonferenz nach der Senatssitzung am Dienstag wieder vor Augen, passte es so gar nicht zu dem gerade erlebten Auftritt der Schwarz-Roten. Nicht nur Seite an Seite sitzend, auch inhaltlich auf einer Linie stellten Regierungschef Kai Wegner (CDU) und Franziska Giffey (SPD), Wirtschaftssenatorin und seine Stellvertreterin, da mehrere zentrale Beschlüsse vor. CDU und SPD passen nicht zusammen? Davon war hier nichts zu merken.

Das hatte weniger etwas mit dem alles überragenden Thema der Flüchtlingsunterkünfte zu tun. Breite Rückendeckung für den Flughafen BER, wo der Senat am Dienstag tagte, Beschluss der seit Jahren überfälligen, aber in zwei Landesregierungen mit SPD, Grünen und Linkspartei nicht beschlossenen Landesbauordnung, einheitliche Front gegen Klimakleber.

Jetzt seien Dinge möglich, die vorher nicht möglich waren, hatte Giffey bei der Senatsklausur Mitte Juni mit Blick auf die Ende April gebildete Koalition gesagt. Dass die Bauordnung nun als Teil des dort verabredeten Sofortprogramms zumindest ohne öffentlich gewordene Debatten durchging, passt dazu: Seit 2018 war eine Überarbeitung der Bauordnung in der Diskussion, einen Beschluss aber gab es nicht. Kurz vor dem offiziellen Start der schwarz-roten Koalition hielt der heutige SPD-Bausenator Christian Gaebler den langjährigen Partnern von Grünen und Linkspartei vor, die hätten sich dort von politischen und nicht sachlichen Überlegungen treiben lassen.

Werbung für mehr Flugverkehr

Ähnlich auffällig war die Rückendeckung für den Flughafen BER und der Ruf nach mehr Direktflügen, bei dem Wegner und Giffey am Dienstag wie Cheflobbyisten der Luftverkehrsbranche in der Pressekonferenz saßen. Auch eine grüne Wirtschafts- oder Verkehrssenatorin hätte sich zwar nicht vor Journalisten gesetzt und die Abstufung des BER zu einem Regionalflughafen angeregt – auch ihr wäre klar gewesen, dass internationale Direktverbindungen eine Rolle spielen, wenn es um Firmenansiedlungen geht. Das kann man bedauern, sehr sogar, aber es ist offenbar ein starkes Argument, wenn man neue Arbeitsplätze vor Ort haben will.

Dass aber Wegner und Giffey am Dienstag noch nicht mal den Eindruck zu erwecken versuchten, dass der Flugverkehr als eine Art notwendiges Übel zu betrachten ist – das war möglicherweise der bislang krasseste Unterschied zur früheren grünen Regierungsbeteiligung. Statt auch nur ein Pflichtwort über zwar nötigen, aber im Zaum zu haltenden Flugbetrieb zu verlieren und zur Zurückhaltung bei privaten Flügen zu mahnen, verkündete Wegner, der BER sei für Berlin „das Tor zur Welt“.

All das geschah, wie erwähnt, Seite an Seite. CDU und SPD passen nicht zueinander? Das mag für die Jusos und die linke Parteitagsmehrheit bei den Sozialdemokraten und gesellschaftspolitische Debatten gelten – im elfköpfigen Senat aber sieht das merklich anders aus.

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Redakteur für Berliner Landespolitik
Jahrgang 1967. Seit 2002 mit dreieinhalb Jahren Elternzeitunterbrechung bei der taz Berlin. Schwerpunkte: Abgeordnetenhaus, CDU, Grüne.
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3 Kommentare

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  • 3G
    33556 (Profil gelöscht)

    Klar passen SPD und "CD"U in Berlin zusammen.



    Wie auch nicht?



    Beide verfolgen eine rechte Agenda - die"CD"U noch unwesentlich weiter rechts, als die SPD.



    Zwei rechte Gruppierungen, die nicht zusammenpassen?



    Gibt's nicht.

  • Den Karren zusammen mit Vollgas gegen die Wand fahren und andere hinterher die Suppe auslöffeln lassen. Was an den scharz-roten Entscheidungen ist denn zukunftszugewand? Mehr Flüge, mehr Autoverkehr, mehr Parkplätze, mehr zubetonieren von Freiflächen. Sorry, das ist Politik gegen die Menschen.

    • @Anna Bell:

      Yo. Mehr von alledem, dafür weniger für Umwelt und Soziales. Eine Stadt für die reichen Autofahrer und Vielflieger, die einfachen Arbeitnehmer werden bewusst oder als Kollateralschaden verdrängt. So sieht SPD Grokopolitik mit der CDU aus.