SPD und CDU in Berlin: Die passen sehr wohl zusammen
Wider alle Kritik, die SPD passe nicht zur CDU, beschließt Schwarz-Rot, worüber Rot-Grün-Rot stritt. Ökologie spielt dabei nicht die größte Rolle.
![Das Foto zeigt Regierungschef Kai Wegner (CDU) und seine Stellvertreterin, Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) Das Foto zeigt Regierungschef Kai Wegner (CDU) und seine Stellvertreterin, Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD)](https://taz.de/picture/6557639/14/427426444-1.jpeg)
CDU und SPD passen nicht zusammen, und das ist gut so, und wenn sie zueinander passen, sollte uns das Sorgen machen.“ Ein halbes Jahr ist dieser Satz alt, zu hören war er im März bei einem der zahlreichen SPD-Mitgliedertreffen vor der Urabstimmung über den Koalitionsvertrag. Knapp nur war die Mehrheit, die wenige Wochen später grünes Licht für Schwarz-Rot gab.
Rief man sich das bei der Pressekonferenz nach der Senatssitzung am Dienstag wieder vor Augen, passte es so gar nicht zu dem gerade erlebten Auftritt der Schwarz-Roten. Nicht nur Seite an Seite sitzend, auch inhaltlich auf einer Linie stellten Regierungschef Kai Wegner (CDU) und Franziska Giffey (SPD), Wirtschaftssenatorin und seine Stellvertreterin, da mehrere zentrale Beschlüsse vor. CDU und SPD passen nicht zusammen? Davon war hier nichts zu merken.
Das hatte weniger etwas mit dem alles überragenden Thema der Flüchtlingsunterkünfte zu tun. Breite Rückendeckung für den Flughafen BER, wo der Senat am Dienstag tagte, Beschluss der seit Jahren überfälligen, aber in zwei Landesregierungen mit SPD, Grünen und Linkspartei nicht beschlossenen Landesbauordnung, einheitliche Front gegen Klimakleber.
Jetzt seien Dinge möglich, die vorher nicht möglich waren, hatte Giffey bei der Senatsklausur Mitte Juni mit Blick auf die Ende April gebildete Koalition gesagt. Dass die Bauordnung nun als Teil des dort verabredeten Sofortprogramms zumindest ohne öffentlich gewordene Debatten durchging, passt dazu: Seit 2018 war eine Überarbeitung der Bauordnung in der Diskussion, einen Beschluss aber gab es nicht. Kurz vor dem offiziellen Start der schwarz-roten Koalition hielt der heutige SPD-Bausenator Christian Gaebler den langjährigen Partnern von Grünen und Linkspartei vor, die hätten sich dort von politischen und nicht sachlichen Überlegungen treiben lassen.
Werbung für mehr Flugverkehr
Ähnlich auffällig war die Rückendeckung für den Flughafen BER und der Ruf nach mehr Direktflügen, bei dem Wegner und Giffey am Dienstag wie Cheflobbyisten der Luftverkehrsbranche in der Pressekonferenz saßen. Auch eine grüne Wirtschafts- oder Verkehrssenatorin hätte sich zwar nicht vor Journalisten gesetzt und die Abstufung des BER zu einem Regionalflughafen angeregt – auch ihr wäre klar gewesen, dass internationale Direktverbindungen eine Rolle spielen, wenn es um Firmenansiedlungen geht. Das kann man bedauern, sehr sogar, aber es ist offenbar ein starkes Argument, wenn man neue Arbeitsplätze vor Ort haben will.
Dass aber Wegner und Giffey am Dienstag noch nicht mal den Eindruck zu erwecken versuchten, dass der Flugverkehr als eine Art notwendiges Übel zu betrachten ist – das war möglicherweise der bislang krasseste Unterschied zur früheren grünen Regierungsbeteiligung. Statt auch nur ein Pflichtwort über zwar nötigen, aber im Zaum zu haltenden Flugbetrieb zu verlieren und zur Zurückhaltung bei privaten Flügen zu mahnen, verkündete Wegner, der BER sei für Berlin „das Tor zur Welt“.
All das geschah, wie erwähnt, Seite an Seite. CDU und SPD passen nicht zueinander? Das mag für die Jusos und die linke Parteitagsmehrheit bei den Sozialdemokraten und gesellschaftspolitische Debatten gelten – im elfköpfigen Senat aber sieht das merklich anders aus.
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