SPD im Wahlkampf: Plakat sorgt für Trubel
Mit lächelnden Reinigungskräften wirbt die Partei für einen gesetzlichen Mindestlohn. Gebäudereiniger fühlen sich verunglimpft. SPD spricht von einem Missverständnis.
BERLIN taz/dpa | Die SPD steht erneut wegen ihrem Wahlkampfmaterial in der Kritik. Grund für die Aufregung ist eines der Plakate, die Kanzlerkandidat Peer Steinbrück Anfang der Woche gemeinsam mit SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles vorgestellt hat.
Neben dem Schriftzug „Wir für den gesetzlichen Mindestlohn“ sind dort zwei Reinigungskräfte mit einem Besen und einem blauen Wagen voller Putzmittel in einem langen Flur mit grauem PVC und weißen Wänden zu sehen. Der Geschäftsführer der Gebäudereiniger-Innung, Johannes Bungart, sagte dazu in einem Gespräch mit ZEIT ONLINE: „Es wäre wünschenswert, mit Berufsgruppen zu werben, die wirklich betroffen sind.“
„Aus Sicht des Verbandes ist die Partei mit ihrem Motiv veralteten Klischees aufgesessen“, heißt es in dem Beitrag weiter. „Leider regiert in den Köpfen der Menschen immer noch das Bild der „armen“ Reinigungskraft“, sagte Bungart. Die Wahlkampagne der SPD sei für die Gebäudereinigungsunternehmen und ihre Mitarbeiter „sehr unglücklich“.
Die Gebäudereiniger beziehen seit Beginn diesen Jahres in den meisten Teilen Deutschlands einen branchenbezogenen Mindestlohn. Im Westen liegt er bei 9,00 Euro pro Stunde, im Osten bei 7,56 Euro.
Hat die SPD das übersehen? Dabei betonte Nahles bei der Vorstellung der Plakate Anfang der Woche noch, dass die SPD bei dem Thema sehr gut Bescheid wisse. In Bezug auf die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn sagte sie: „Wir bieten Klartext statt Merkeleien“.
Hausmeister oder Gebäudereiniger?
Eine Sprecherin des SPD-Parteivorstandes spricht auf taz-Anfrage von einem Missverständnis. „Wir wollen auf dem Bild keine bestimmte Berufsgruppe abbilden“, sagte Anja Strieder. Man wolle vielmehr „einen einheitlichen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,50€ pro Stunde nicht nur für eine bestimmte Berufsgruppe fordern, sondern für alle Menschen in ganz Deutschland“, sagte Strieder weiter.
In Deutschland seien nach aktuellen Zahlen 6,8 Millionen Menschen für weniger als 8,50 Euro die Stunde beschäftigt. Die Mindestlohn-Forderung der SPD komme diesen Menschen zu Gute, die entweder in Branchen arbeiten, in denen es noch keine Regelungen gebe. Oder in Branchen, in denen es bereits einen gesetzlichen Mindestlohn gibt, der aber unter 8,50 Euro pro Stunde liegt.
Bereits im April war die SPD mit dem Wahlkampfmotto „Das Wir entscheidet“ angeeckt. Der Slogan wird schon seit Jahren von der Leiharbeitsfirma Propartner genutzt. Der Spruch steht nach wie vor auf der Homepage des Unternehmens. Der Deutschland-Chef des Unternehmens, Christophe Cren, sagte damals, dass man den Spruch vor der SDP gehabt habe, schon seit 2007. Da die Formulierung aber nicht rechtlich geschützt war, verklagte das Unternehmen die SPD nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen