SPD-Konvent zum Ceta-Abkommen: Erst zustimmen, dann beraten
Die SPD erweckt den Eindruck, beim EU-Kanada-Vertrag könne noch viel verbessert werden. Doch den Text will die Parteiführung gar nicht verändern.
In dem Papier bekräftigt die Parteiführung zwar einzelne Kritikpunkte am vorliegenden Abkommen, die etwa die Kompetenz des geplanten Investitionsgerichts und den nicht ausreichenden Schutz der öffentlichen Daseinsvorsorge betreffen.
Aber diese Probleme sollen nicht durch eine Änderung des eigentlichen Ceta-Vertrags gelöst werden. Der Entwurf fordert lediglich, zu prüfen, „ob Klarstellungen und Präzisierungen etwa in Form von ergänzenden Erklärungen zwischen den Vertragspartnern erforderlich sind“. Welchen formalen Status solche Zusatzvereinbarungen haben sollen, bleibt ebenso offen wie ihre rechtliche Verbindlichkeit.
Geprüft und gegebenenfalls ausgehandelt werden sollen solche Zusatzvereinbarungen im Rahmen der Beratungen des EU-Parlaments. Damit das Parlament darüber beraten kann, muss der EU-Rat dem vorliegenden Vertragstext aber erst einmal zustimmen, argumentiert der Antrag.
Angesichts der bereits erreichten Fortschritte sei es „gerechtfertigt, dass der EU-Ministerrat mit Zustimmung Deutschlands den Weg für die weitere parlamentarische Beratung des Ceta-Vertrages freimacht“. Voraussetzung sei lediglich, dass der besonders umstrittene Investitionsschutz nicht in Kraft tritt, bevor die nationalen Parlamente entschieden haben. Ansonsten gibt es gegen die „vorläufige Anwendung“ von Ceta keine Einwände.
„Der vorliegende Ceta-Text ist final“
Das ist bemerkenswert: Bisher hatten Teile der Parteispitze den Eindruck erweckt, dass der eigentliche Ceta-Vertrag noch einmal geändert werden könnte. Das hält die EU-Kommission aber für ausgeschlossen. „Auch die Verhandlungsbereitschaft der Kanadier hat Grenzen“, heißt es aus Kommissionskreisen gegenüber der taz. Nachdem im Frühjahr noch einige Änderungen vorgenommen wurden, ist der Text mittlerweile in alle EU-Sprachen übersetzt. Er soll noch im Oktober vom Ministerrat und anschließend im Europäischen Parlament verabschiedet werden. „Der vorliegende Ceta-Text ist final“, erklärte die Kommission Ende August.
Führende Vertreter der SPD-Linken scheinen den Kurs der Parteiführung zu stützen. Parteivize Ralf Stegner, der zuvor „Verbesserungen“ bei Ceta verlangt hatte, will eine Änderung des eigentlichen Vertragstexts jedenfalls nicht ausdrücklich zur Bedingung machen. „Auf das Instrument will ich mich nicht festlegen“, sagte Stegner der taz.
Der Sprecher der parlamentarischen Linken der SPD, Matthias Miersch, äußerte sich auf Anfrage gar nicht dazu, wie die von ihm geforderten Nachbesserungen bei Ceta konkret umgesetzt werden sollen. In einem Papier hatte Miersch kürzlich einerseits erklärt, kein Sozialdemokrat könne „diesem Abkommen in der vorliegenden Form zustimmen“. Anderseits plädierte er, ähnlich wie nun der Antragsentwurf des Vorstands, für Nachbesserungen im Rahmen der Beratung im EU-Parlaments – was eine Zustimmung im Ministerrat voraussetzen würde.
Wenn der Parteivorstand den Antrag an diesem Montag beschließt, wird er Grundlage für die Beratungen des Parteikonvents am 19. September. Bei diesem „kleinen Parteitag“ entscheiden 200 Delegierte und die 35 Vorstandsmitglieder über die Haltung der Partei zu Ceta. Um die Offenheit Kanadas für mögliche Ergänzungen des Vertrags zu demonstrieren, ist eine Rede der kanadischen Handelsministerin Chrystia Freeland geplant.
Die Stimmung an der Basis ist kritisch
Doch an der SPD-Basis ist die Stimmung kritisch. Die Jusos und viele Parteigliederungen wollen sich an den Großdemonstrationen gegen Ceta beteiligen, die zwei Tage vor dem SPD-Konvent in sieben Städten geplant sind. Und beim Konvent selbst wollen mehrere Landes- und Bezirksverbände durchsetzen, dass Parteichef Sigmar Gabriel als Wirtschaftsminister dafür sorgt, dass Deutschland im Oktober im EU-Ministerrat Ceta die Zustimmung verweigert und das Abkommen damit faktisch aufhält.
Ob sich die Delegierten auf den Formelkompromiss des Vorstands einlassen, den umstrittenen Vertrag eventuell durch Zusatzvereinbarungen zu ergänzen, ist fraglich. „Ich glaube nicht, dass man unsere zentralen Forderungen durch Zusatzprotokolle erfüllen kann“, meint etwa Jan Stöß, der für die Berliner SPD im Parteivorstand sitzt.
Auch die außerparlamentarischen Ceta-Kritiker warnen vor einer Mogelpackung. „Wenn es die SPD-Linke wirklich ernst meint mit Korrekturen bei Ceta, muss sie beim Konvent darauf bestehen, dass es Änderungen am Vertragstext gibt, bevor Deutschland im Ministerrat zustimmt“, sagt Campact-Geschäftsführer Felix Kolb.
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