Russlands Rückkehr in den Weltsport: Ohne Z zurück auf die Matte
Taekwondoins aus Russland und Belarus dürfen bald wieder international kämpfen. Ein Olympiasieger reinigt schon mal seine Social-Media-Accounts.
E s geht los. Nach der Empfehlung des Internationalen Olympischen Komitees an die Sportverbände der Welt, Athletinnen und Athleten aus Russland und Belarus wieder zu internationalen Wettkämpfen zuzulassen, werden die ersten Türen geöffnet. Am Montag hat der Rat von World Taekwondo, dem internationalen Fachverband, beschlossen, Russinnen und Belarussen wieder auf die Matte zu lassen.
Bei den Weltmeisterschaften Ende Mai dürfen sie als neutrale Athleten dabei sein, sollten sie den Check der eigens dafür eingerichteten Kommission überstehen. Die soll überprüfen, ob die Aktiven als Propagandisten für den Krieg in Erscheinung getreten sind und ob sie beim Militär oder bei Sicherheitsbehörden unter Vertrag stehen.
Wundern muss man sich gewiss nicht, dass World Taekwondo bei der erstbesten Gelegenheit dem russischen Verband die Hand reicht. Dessen Präsident Anatoli Terechow erhielt ein paar Wochen vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine eine Auszeichnung für besondere Verdienste um den Taekwondo-Sport vom Sportministerium Südkoreas.
Überreicht hat die Auszeichnung der Präsident von World Taekwondo, der Südkoreaner Chungwon Choue, der Terechow für die Entwicklung der Kampfsportdisziplin in Russland über den grünen Klee gelobt hat. Es sei ihm eine besondere Ehre, seinem „Kollegen und Freund“ die Auszeichnung übergeben zu dürfen.
Doping? Macht nichts
Im Januar 2022, als Terechow seine Ehrenurkunde aus Südkorea bekam, war die Strafe der Welt-Antidoping-Agentur gegen den russischen Sport wegen der großen Staatsdopingaffäre, die um die Olympischen Winterspiele 2014 ihren traurigen Höhepunkt hatte, noch nicht abgelaufen. Russen durften nur unter neutraler Flagge bei Weltmeisterschaften auflaufen, die Hymne durfte nicht gespielt werden und Weltmeisterschaften durften nicht in Russland abgehalten werden.
Auch die Tatsache, dass der Taekwondo-Sport im berühmt gewordenen Wada-Report des kanadischen Anwalts Richard McLaren erwähnt wird, konnte Chungwon Choue nicht davon abhalten, Terechow auszuzeichnen. In sechs Fällen, so steht es im McLaren-Bericht, wurden positive Dopingproben von russischen Taekwondoins vertuscht.
Für World Taekwondo war dies kein Grund, sich vom russischen Verband fernzuhalten, der immer wieder große Events, darunter eine Weltmeisterschaft, ausgerichtet hat. Immerhin hat der Weltverband kurz nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine Wladimir Putin den schwarzen Gürtel wieder weggenommen, der dem Präsidenten Russlands im November 2013 verliehen worden war. Jetzt soll also alles wieder halbwegs gut werden.
Es wird nicht ganz einfach sein
Ganz einfach wird die Rückkehr aber gewiss nicht zu organisieren sein. Vor allem die Feststellung der Neutralität dürfte schwierig werden. Die Blogger der „Base of Ukrainian Sports“ jedenfalls haben schon festgestellt, dass der russische Taekwondo-Olympiasieger Maxim Chramzow an seinen Social-Media-Auftritten herumschraubt, um Spuren zu verwischen.
So hat er wohl einen Post auf dem russischen Facebook-Äquivalent VKontakte gelöscht, den er zu Wladimir Putins Geburtstag am 7. Oktober 2022 abgesetzt hatte. Vor allem die Hashtags mit dem Kriegssymbol „Z“ sollten wohl verschwinden. Was Chramzow, Spitzname „Rote Maschine“, schlecht ungeschehen machen kann, ist seine Armeezugehörigkeit. Als Sportsoldat gehört er dem zentralen Armeesportklub ZSKA in Samara an. Militärweltmeister war er auch schon.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit