Russlands Krieg gegen die Ukraine: Ukrainische Erfolge im Donbass
Während die ukrainische Armee in Bachmut die russischen Truppen zurückdrängt, gibt es in Cherson schwere Angriffe. Russische Soldaten äußern Unmut.
taz | Im Donbass herrscht seit mehreren Monaten ein blutiger Stellungskrieg. Die Ukraine hat nun an den zwei am härtesten umkämpften Frontabschnitten gegen Russland Erfolge erzielt. Bei der Stadt Bachmut, die Russlands Armee seit August von Osten und Süden her einzunehmen versucht, sind die russischen Truppen Berichten unterschiedlicher Quellen zufolge aus den Vorstädten wieder zurückgedrängt worden. Bachmuts südlicher Nachbarort Opytne, um den seit Wochen gekämpft wurde, ist seit Sonntag zu 80 Prozent wieder unter ukrainischer Kontrolle, vermeldeten am Montag ukrainische Militärquellen, bestätigt durch Videoaufnahmen.
Russische Militärquellen gaben zunehmenden Unmut auf der russischen Seite wieder. In einem Video, das am 26. Dezember verbreitet wurde, beschimpfen zwei Kämpfer der privaten russischen Söldnertruppe Wagner den russischen Generalstabschef mit drastischen Worten und verlangen Nachschub: „Wir brauchen Granaten, wir kämpfen unterhalb von Bachmut gegen die gesamte ukrainische Armee. Wo sind Sie? Helfen Sie uns endlich.“ Der russische ehemalige Donbass-Separatistenkommandant Igor Girkin veröffentlichte Aufnahmen aus der Schlacht um Bachmut mit dem Titel „Good Morning Vietnam“.
Mehrfach ist berichtet worden, bei dem strategisch wichtigen Ort Bachmut stünden Wagner-Söldner, zu denen auch russische Strafgefangene gehören, an vorderster Front. Es kursiert die Mutmaßung, dass Russlands Generalstab die Wagner-Kämpfer dort absichtlich in großer Zahl verheizt, um einen potenziellen Rivalen auszuschalten. Wie wichtig die Schlacht um Bachmut für die Ukraine ist, hatte Präsident Wolodymyr Selenski vor Weihnachten mit einem Frontbesuch unterstrichen. Eine von Frontsoldaten in Bachmut signierte ukrainische Flagge überreichte er am 22. Dezember in Washington im US-Kongress.
Weiter nördlich vermelden russische Quellen ukrainische Vorstöße in Richtung der Stadt Kreminna südlich der Frontstadt Svatove, auf die sich ukrainische Einheiten zubewegen, seit sie im September in einer Blitzoffensive die russische Armee aus dem gesamten Umland von Charkiw verjagten. Ukrainische Quellen vermelden die Erbeutung größerer Mengen russischer Rüstungsgüter in dieser Gegend, außerdem russische Plünderungen in Kreminna selbst sowie die Verlegung der dortigen russischen Kommandozentrale in die östliche Nachbarstadt Rubizhne. Dies wird als Zeichen eines bevorstehenden russischen Rückzugs aus Kreminna gedeutet.
Angriff auf russischen Militärflughafen
Die Kämpfe „unweit von Kreminna“ dauerten an, erklärten die ukrainischen Behörden am Montag. Die Befreiung dieser Stadt würde der Ukraine einen Weg von Norden her zurück in das im Frühsommer verlorene Industriegebiet um Sewerodonezk öffnen.
In Russland soll in der Nacht zu Montag der Militärflughafen Engels angegriffen worden sein. Nach russischen Berichten wurde eine Drohne abgeschossen und beim Herunterfallen tötete sie drei russische Soldaten.
In Engels an der Wolga ist Russlands atomwaffenfähige Tupolew-Überschallbomberflotte stationiert, die mehrfach gegen die Ukraine eingesetzt worden ist. Ukrainische Quellen bestätigten einen Angriff und berichteten, vier Tupolew-Flugzeuge hätten sich zu dem Zeitpunkt auf dem beschossenen Teil der Basis befunden.
Russland hat derweil weiterhin intensiv zivile Ziele in der Ukraine bombardiert. Am Heiligabend starben in der Stadt Cherson nach ukrainischen Angaben 16 Menschen bei russischen Raketeneinschlägen. Am ersten Weihnachtsfeiertag gab es laut der Ukraine mehr als 40 Raketenangriffe auf Städte in den Regionen Luhansk, Donezk, Charkiw, Cherson und Saporischschja. Auch kam es zu Artilleriebeschuss am Fluss Dnjepr, dessen Unterlauf seit Russlands Rückzug aus Cherson im November die Front in diesem Landesteil bildet. (mit rtr)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Scholz fordert mehr Kompetenzen für Behörden