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Russland von Weltsport ausgeschlossenWeltspitze im Doping

Kommentar von Markus Völker

Der russische Sportbetrug im Jahr 2019 ist ein Erbe der Sowjetunion. Die Wada tut gut daran, das zu bekämpfen.

Olympische Spiele in Sotschi 2014: Früher war mehr (Russland-)Lametta Foto: Brian Cassella/ZUMA Press/imago images

D ie Verbotsliste der Welt-Anti-Doping-Agentur, kurz Wada, ist neun Seiten lang. Sie liest sich wie das Inventar eines Apotheken-Großhandels. Verboten ist zum Beispiel die Einnahme von Fentanyl, Bromantan oder Salbutamol, um nur einige der leistungsfördernden Substanzen zu nennen. Seit 1999 gibt es die Wada und deren Liste, die von Jahr zu Jahr länger wird.

Die Liste zeigt auf, was geht und was nicht. Sie ist ein Katalog der No-Gos. Für manche funk­tio­niert sie allerdings wie eine Handlungsanweisung. Russland war nie darum verlegen, die Dopingfahnder zu foppen, auf bewährte Mittel zurückzugreifen und neue zu entdecken. Das Land hat sich spätestens seit den Olympischen Winterspielen von Sotschi an die Spitze des internationalen Dopingbetrugs gesetzt. Dies geschah unter Duldung des Kreml derart dreist, dass die Wada in ihren Untersuchungsberichten nicht um­hinkam, von staatlich gelenktem Doping zu sprechen.

Der russische Sportbetrug ist ein Erbe der Sowjetunion, und die Wada tut gut daran, diese Mentalität der 1980er Jahre, die in illegalen Aktionen wieder aufkeimt, mit allen Mitteln zu bekämpfen. Russland hat es in den vergangenen Jahren schlicht übertrieben und muss nun damit leben, in den kommenden vier Jahren keine Sportler:innen unter der eigenen Fahne zu internationalen Großevents schicken zu dürfen. Auch die uneinsichtigen russischen Funktionär:innen, die bis zuletzt glaubten, sich Schlupflöcher schaffen zu können, wurden streng gemaßregelt. Im Land Putins wird man nun sagen, der Westen wolle Russland böswillig schaden und habe den Sport politisiert, um den Kalten Krieg im Stadion weiterzuführen.

Aber der Fall liegt anders. Vor Jahresfrist war es ebenjene Wada, die Russland rehabilitierte. Doch als Moskau erneut manipulierte Daten weiterreichte, blieb nichts anderes übrig, als den Wiederholungstäter auszuschließen. Es waren Russlands Winkelzüge, die einer bis dato wankelmütigen Wada einen klaren Richterspruch abnötigten.

Die neu entdeckte Konsequenz ist jedoch nur dann glaubwürdig, wenn neben den Russen auch andere Nationen unter die Lupe genommen und sanktioniert werden. Der internationale Leichtathletik-Verband nennt vier besonders verdächtige Länder: Kenia, Äthiopien, Weißrussland und die Ukraine. Spontan fielen einem auch China, Marokko, Jamaika oder diverse Golfstaaten ein. Viel Arbeit für den neuen Wada-Präsidenten Witold Bańka aus Polen, der in seiner Amtszeit vielleicht nicht nur neue Medikamente auf die Verbotsliste setzen wird, sondern auch ein paar Dopingländer.

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Redakteur
Seit 1998 mehr oder weniger fest bei der taz. Schreibt über alle Sportarten. Und auch über anderes.
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2 Kommentare

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  • Man sollte sich auch mal die USA genauer anschauen. Wie gelang es dem Doping-Weltmeister eigentlich, so gänzlich vom Radar zu verschwinden?

  • Auch die BRD sollte ihre 80er Jahre mal aufarbeiten:



    Die Siebenkämpferin Birgit Dressel (†26) und Toni Schumachers "Anpfiff"-Enthüllungen über Captagon warfen schon 1987 Schlaglichter. Und was war eigentlich mit der rätselhaften Gelbsucht-Epidemie unter den 1954er Helden von Bern?