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Russland und der BalkanMoskaus Griff nach Montenegro

Der Kreml versucht den Nato-Beitritt des Landes zu verhindern. Ob das klappt, hängt auch davon ab, wie sich US-Präsident Donald Trump verhält.

Sollte 2016 angeblich Opfer eine Mordkomplotts werden: Montenegros Ex-Premier Milo Djukanovic Foto: ap

Podgorica taz | Die Diskussion über die russische Verwicklung in einen Putschversuch am Wahltag des 16. Oktober 2016 in Montenegro schlägt nach wie vor hohe Wellen. Die Regierung beschuldigt Moskau, den Putschversuch unterstützt zu haben. Russland bezeichnet die Darstellung der montenegrinischen Regierung als „Fake News“. Auch die montenegrinische Opposition zweifelt an der Putschthese.

Die Regierung aber bleibt bei ihrer Darstellung: Russland versuche alles, um den Beitritt des nicht einmal 700.000 Einwohner zählenden Balkanstaates in die Nato zu verhindern, erklärt der im Dezember gewählte Regierungschef Duško Marković gegenüber der taz. Sein Vorgänger Milo Đukanović beschuldigte Moskau in der vergangenen Woche sogar, Blut vergießen zu wollen, um eine Moskau-hörige Regierung in Montenegro an die Macht zu bringen.

Nach Untersuchungen der Staatsanwaltschaft in Podgorica habe Russland vor den Wahlen am 16. Oktober 2016 eine Gruppe von 24 Bewaffneten organisiert, um die Regierung zu stürzen. Die montenegrinischen Sicherheitskräfte hatten die von einem ehemaligen serbischen Polizeioffizier angeführte Gruppe, die vornehmlich aus Serben, aber auch zwei Russen bestand, am Wahltag festnehmen können.

Duško Marković geht davon aus, dass der russische Geheimdienst seine Hand im Spiel gehabt habe. Noch vor zehn Jahren hätte Moskau nichts gegen die Integration Montenegros in die EU und das transatlantische Bündnis einzuwenden gehabt, sagte er der taz.

Finanzielle Schützenhilfe aus Moskau

Doch schon vor einigen Jahren habe sich Moskau für einen Strategiewechsel entschieden. Die wichtigste Oppositionspartei, die Demokratische Front, die bei den Wahlen rund 20 Prozent der Stimmen erreichte, führe seit Langem die Anti-Nato-Kampagne in Montenegro an. „Die Demokratische Front hat von Russland finanzielle Unterstützung erhalten.“ Dass russische Geschäftsleute die Aktivitäten der Demokratischen Front unterstützt haben, ist in Podgorica unbestritten.

Tatsache ist, dass Russland in Montenegro über einen beträchtlichen wirtschaftlichen und politischen Einfluss verfügt. Wie schon die Adeligen zu Zeiten des Zaren Ende des19. Jahrhunderts haben russische Geschäftsleute und Touristen die vom Meer schroff aufsteigenden Schwarzen Berge entdeckt und Tausende Grundstücke und Villen gekauft. Vor allem die Region um die wichtige Hafenstadt Bar ist fast schon ganz in russischer Hand.

Nach Ansicht der Regierung ist Russland vornehmlich an den Häfen des Landes interessiert. Nachdem Albanien und Kroatien der Nato beigetreten sind, ist Montenegro das einzige nicht Nato-gebundene Land an der Adria und deshalb strategisch wichtig. Russland habe seine Präsenz auf dem Balkan ausgebaut, sagt Duško Marković. „Vor allem in Serbien ist Russland nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich und militärisch aktiv“, warnt er. Der serbische Energiesektor sei schon in russischer Hand. Auch sei der Einfluss auf die serbische Teilrepublik in Bosnien und Herzegowina und in Mazedonien gewachsen.

Noch ist der Nato-Beitritt Montenegros nicht unter Dach und Fach. 24 Staaten haben dem Gesuch Montenegros zwar schon zugestimmt, zuletzt Griechenland, Frankreich und Deutschland. Noch steht die Zustimmung von Kanada, Spanien sowie der Niederlande und der USA aus.

Nervöse Regierung

„In Washington haben wir das Ja vom außenpolitischen Komitee des Senats erhalten, jetzt liegt es am Senat, grünes Licht zu geben. Wir wissen aber noch nicht, was Präsident Trump tun wird“, erklärt Marković.

Montenegros Regierung ist nervös. Wird Trump unterschreiben? Auch in diplomatischen Kreisen in Podgorica ist man besorgt. Trump habe im Wahlkampf gesagt, er werde wegen eines Ministaates nicht sein Verhältnis zu Russlands Präsident Putin beschädigen, sagen Diplomaten. Ihnen bleibt wie der Regierung in Podgorica nichts anderes übrig, als abzuwarten.

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26 Kommentare

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  • Europa braucht eine eigene Armee.

  • Der Westen macht alles, damit Montenegro in die Nato kommt. Die Schlagzeile "Washingtons Griff nach Montenegro" wäre also passender. Ok hier geht es darum, dass Moskau den Griff Washingtons mittels Putsch verhindern möchte - etwa so wie umgekehrt Washington in der Ukraine.

    Der richtige Titel wäre also: Moskau will Washington Montenegro entreißen.

    Versucht doch mal etwas objektiver zu titeln.

    • @Velofisch:

      Es ist ja wohl eher so, dass Russland alles macht, damit Montenegro in die NATO kommt. Die Initiative zum NATO-Eintritt ging von Montenegro aus, genauso wie bei allen anderen osteuropäischen Staaten, die der NATO beigetreten sind oder beitreten wollen, die Bemühungen diesbezüglich jeweils von diesen Staaten ausgingen. Wird in Osteuropa nunmal als einzige Möglichkeit gesehen, sich vor dem neuen russischen Imperialismus abzusichern.

    • @Velofisch:

      Der Westen macht also, alles damit Montenegro in die NATO kommt, nur unterschrieben haben noch nicht alle?

       

      Irgendwie passt das wohl nicht ganz zu Ihrem Märchen.

    • @Velofisch:

      Noch besser wäre "Machtkampf zwischen Washington und Moskau um Montenegro".

       

      Dabei geht es wirklich nur darum, dem Anderen auf Kosten der Montenegriner eins auszuwischen. Denn Montenegro ist ansonsten bedeutungslos.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Aus geopolitischer und strategischer Sicht ist Montenegro gar nicht so bedeutungslos. Das wird in dem Artikel auch erwähnt. Es hat Zugang zum Meer und ist deshalb für die russische Marine interessant. Und aus genau diesem Grund wird es dann auch für die NATO interessant.

         

        Die Montenegriner interessieren allerdings wirklich niemanden. Wenn Sie es so meinten, haben Sie recht.

        • @rero:

          Es hat Zugang zur Adria. Dort hat die NATO schon jede Menge Stützpunkte. Ein russischer Stützpunkt in Montenegro wäre extrem isoliert und von sehr zweifelhaften Wert. Vor hundert Jahren hätte das noch anders ausgesehen. Aber im 21. Jahrhundert?

           

          Hier geht es einfach darum, der anderen Seite zu zeigen, was man so alles kann. Eine Art militärischer Schwanzvergleich.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Ich dachte der Titel sollte objektiver werden.

         

        Also müsste es heißen: Machtkampf zwischen Putin und der Montenegrinischen Regierung um den Beitritt Montenegros zur NATO.

        • @Grisch:

          Die montenegrinische Regierung ist hier nur Mittel zum Zweck.

           

          Übrigens. Glauben Sie, dass "...Gruppe von 24 Bewaffneten..." eine Regierung stürzen sollte? Oder sind das nicht ein paar "Revolutionäre" zu wenig?

  • "Link entfernt. Bitte beachten Sie, dass wir nicht auf SputnikNews verlinkten möchten. Danke, die Redaktion"

     

    Echt jetzt? Sonst ist die TAZ doch mit Links auf fragwürdige Dinge auch großzügiger.

  • Den wahren Grund für Moskaus Verärgerung über das Streben der osteuropäischen Staaten in die NATO hat ausgerechnet die Kreml-Propaganda selbst geliefert. Wahrscheinlich unabsichtlich. Als es vor einiger Zeit Ärger um die baltischen NATO-Mitgliedsstaaten gab, fand sich im Propagandaorgan „SputnikNews“ folgender Satz:







    „Erklärungen über eine angeblich von Russland ausgehende Bedrohung für die Staaten des Baltikums waren auch früher schon erklungen, obwohl Moskau wiederholt betonte, dass es niemals EIN NATO-MITGLIEDSLAND angreifen werde.“ [...]







    Glück gehabt, möchte man den Balten sagen. Weniger Glück hatten die Nicht-NATO-Staaten Georgien, das Dagestan und Süd-Ossetien verlor und die Ukraine, die die Krim verlor; das Schicksal der Ost-Ukraine ist noch unentschieden.







    Um nicht auch offen oder verdeckt von Russland einverleibt zu werden, möchte wohl Montenegro in die Nato. Und genau darüber ist man im Kreml verärgert!

     

    Link entfernt. Bitte beachten Sie, dass wir nicht auf SputnikNews verlinkten möchten. Danke, die Redaktion

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @Pfanni:

      "Link entfernt. Bitte beachten Sie, dass wir nicht auf SputnikNews verlinkten möchten. Danke, die Redaktion"

       

      Breitbart besteht zu mehr als 50% aus der Verlinkung auf CNN, WaPo, NYT, MSNBC, LAT...

       

      Wenn man keinen Schiss vor der Auseinandersetzung hat, sollte man sich dem Gegner mit offenem Visier stellen.

      • 7G
        74450 (Profil gelöscht)
        @10236 (Profil gelöscht):

        "Breitbart besteht zu mehr als 50% aus der Verlinkung auf CNN, WaPo, NYT, MSNBC, LAT..."

         

        Das sagen die Freunde von Pi-News auch immer. Auch dorthin verlinkt die Taz nicht.

        • 1G
          10236 (Profil gelöscht)
          @74450 (Profil gelöscht):

          "Das sagen die Freunde von Pi-News auch immer."

           

          Musste mir erstmal anschauen.

          Stimmt nicht. Überhaupt nicht. Sind fast zu 100% eigene Texte. Schlechte noch dazu.

          Die beiden Seiten sind für einen nur gleich aus einer Entfernung von 3km links ohne Fernglas.

          • 7G
            74450 (Profil gelöscht)
            @10236 (Profil gelöscht):

            "Stimmt nicht. Überhaupt nicht."

             

            Naja, ich weiß ja, dass Sie mittlerweil ein Ihrer eigenen Realität leben. Ich will hier Pi auch gar nicht weiter thematisieren. Es ist aber nunmal so, dass die Freunde von Pi immer behaupten, dass dort nur auf Fakten verlinkt würde, die aus anderen Medien stammen würden. Kommt wohl auf den Tag an.

        • @74450 (Profil gelöscht):

          Naja, mit dem feinen Unterschied, daß PI-News ein rassistisches Hetzportal und Sputniknews so etwas wie die russisch linientreue Version von "BLÖD" ist. Dorthin verlinkt die taz übrigens auch aus eigenen Artikeln gerne mal.

      • @10236 (Profil gelöscht):

        Zu propagandistischen Newsseiten nicht zu verlinken hat weder etwas mit offenem Visier noch mit Schiss zu tun, sondern ganz einfach mit Redlichkeit und Seriosität.

         

        Diesbezüglich dürfen Sie gerne auch mal über Ihre eigene Haltung diesbezüglich nachdenken.

        • 1G
          10236 (Profil gelöscht)
          @Grisch:

          "Diesbezüglich dürfen Sie gerne auch mal über Ihre eigene Haltung diesbezüglich nachdenken."

           

          Tue ich jeden Tag. Man kann nicht bestreiten, dass wir uns auch bei der taz in einer Art Echokammer befinden. Sie werden hier z.B. nie und nimmer einen kritischen Artikel über z.B. BLM finden.

          A propos "seriös": Schulz-Hype, Syrien, Ukraine-Krise - das war alles ganz seriös hier...

           

          Ich glaube, "the Guardian" hatte nach der Trump-Wahl eine Rubrik so wie "Rein in die konservative Echokammer" (o.ä.) mit 2-3 Lesetips. Natürlich nicht ganz seriös gemeint.

          • @10236 (Profil gelöscht):

            Ne ne, nix Echokammer, vielleicht bei RT, Sputnik oder FOX News, den freien Medien können Sie das zumindest berechtigt nicht vorwerfen.

  • „Vor allem in Serbien ist Russland nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich und militärisch aktiv“

    Vor allem in Deutschland ist Usa nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich und militärisch aktiv. Deshalb sollte die Schweiz dringend dem Warschauer Pakt beitreten, oder was?!

    Irgendwie muss man den Bürgern halt erklären, warum man sich verpflichtet, 2% des BIP in Kriege gegen die islamische Wekt zu investieren, anstatt in Infrastruktur. Und da hilft natürlich Angst!

    • @KnorkeM:

      Bereits Jugoslawien unter Tito wollte nicht in den Käfig des Warschauer Paktes. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass die Montenegriner es heute anders sehen, obwohl sie wirtschaftlich gegenüber Russland in einer schwachen Position sind.

      Vermutlich haben sie auch am Beispiel der Ukraine gelernt.

    • @KnorkeM:

      Warum wollen Sie die Sorgen der Mazedonier nicht ernst nehmen? Die passen doch eigentlich ganz gut zu dem was Putin in den letzten Jahren immer wieder mit anderen Staaten veranstaltet hat.

      • @Grisch:

        "...Sorgen der Mazedonier..."

         

        In Montenegro????

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          sorry, da hab ich was durcheinandergebracht. Ist aber auch nicht ganz einfach, die ganzen Länder auseinanderzuhalten, in denen Putin seine schmutzigen Spielchen spielt, Mazdeonien gehört da ja auch dazu...

          • @Grisch:

            Es gab Zeiten, da war das einfacher. Aber der Zerfall Jugoslawiens wurde ja hier von offizieller Seite sehr begrüßt.

             

            "Schmutzige Spielchen" treibt jeder, der ein Land ohne Not auf eine Bindung festlegen will, obwohl die Bevölkerung in der Frage sehr gespalten ist. Das ist nicht nur in Montenegro so.