Russland-Affäre in den USA: Kushner geht in die Offensive
Kurz vor seiner Aussage vor dem Geheimdienstausschuss hat Jared Kushner schriftlich Stellung bezogen. Es habe vier Treffen mit Russen, aber keine Absprachen gegeben.
Kushner legte darin vier Anlässe offen, bei denen er mit russischen Vertretern Kontakt hatte. Keines der Gespräche sei unangemessen gewesen, erklärte er. Er habe mit keiner ausländischen Regierung konspiriert. Er wisse auch von niemandem aus Trumps Wahlkampflager, der dies getan habe, hieß es in der Stellungnahme weiter, die der Sender CNN und andere US-Medien veröffentlichten.
Kushner stand in der Russland-Affäre zuletzt wieder verstärkt im Fokus, nachdem ein Treffen mit einer russischen Anwältin während des Wahlkampfes bekannt geworden war. An diesem hatten der älteste Sohn des heutigen Präsidenten, Donald Trump Jr., Kushner und der damalige Wahlkampfchef Paul Manafort teilgenommen.
Trump Jr. hatte dem Treffen zugestimmt, weil ihm kompromittierendes Material über die Konkurrentin seines Vaters, die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton, versprochen worden war. In einer E-Mail an ihn ist von einem Versuch der russischen Regierung die Rede, dem älteren Trump zu helfen. Dies gilt als bisher deutlichstes Indiz, dass Mitglieder aus Trumps Wahlkampflager bereit gewesen sein könnten, mit Russland zusammenzuarbeiten.
Austausch von Freundlichkeiten mit russischem Botschafter
US-Geheimdienste beschuldigen den Kreml seit längerem, sich gezielt in den Wahlkampf eingemischt zu haben, um Trump zu helfen und Clinton zu schaden. Ein Sonderermittler und mehrere Ausschüsse des Kongresses untersuchen, ob es dabei Absprachen zwischen Trumps Lager und Moskau gab. Kushner sollte deswegen am Montag hinter verschlossenen Türen vor dem Geheimdienstausschuss des Senats aussagen.
In der vorab verbreiteten Stellungnahme verteidigte er seine Kontakte zu Russlands Botschafter Sergej Kisljak und anderen russischen Vertretern als Teil seiner Rolle als Trumps Kontaktperson zu ausländischen Regierungen. Er habe während des Wahlkampfes zahlreiche Anfragen von anderen Regierungen erhalten, schrieb er.
Als erstes Treffen mit einem russischen Offiziellen beschrieb Kushner eine Begegnung mit Kisljak am Rande einer Rede Trumps im April 2016. Der Organisator der Veranstaltung habe ihm vier Botschafter vorgestellt, darunter sei auch der russische gewesen. Keines der Gespräche habe länger als eine Minute gedauert, man habe Höflichkeiten ausgetauscht, erklärte er.
Der einzig weitere russische Kontakt während des Wahlkampfes sei dann das Treffen mit der russischen Anwältin Natalja Veselnitskaja gewesen, hieß es in der Stellungnahme weiter. Er habe aber rasch entschieden, dass das Gespräch Zeitverschwendung sei. Deswegen habe er seine Assistentin mit der Bitte angeschrieben, ihn anzurufen, damit er eine Entschuldigung habe, zu gehen, schrieb Kushner. Den E-Mail-Wechsel, der zu dem Treffen geführt habe, habe er nicht gelesen. Er habe sich auch nicht daran erinnern können, bevor Anwälte ihm diesen gezeigt hätten.
In einer der E-Mails hatte ein Kontaktmann Donald Trump Jr. das Treffen mit den Worten angekündigt, es handele sich um „hochrangige und sensible“ Informationen, die „Teil der Unterstützung Russlands und der Regierung“ für den älteren Trump seien.
Geheimer Kommunikationskanal
Kushner führte als dritte Begegnung ein Treffen mit dem russischen Botschafter im Trump-Tower in New York an, das nach der Wahl stattgefunden habe. Der 36-Jährige wies die Darstellung zurück, dass er Kisljak dabei einen geheimen Kommunikationskanal vorgeschlagen habe. Kisljak habe ihm gesagt, dass russische Generäle der neuen US-Regierung Informationen über Syrien zur Verfügung stellen wollten. Der Botschafter habe dann gefragt, ob es eine sichere Leitung gebe, um ein Gespräch zu führen.
Kushner schrieb weiter, dass er selbst oder der damalige Berater Michael Flynn gesagt hätten, dass es so eine Leitung nicht gebe. Er habe den Diplomaten dann gefragt, ob es in der Botschaft einen existierenden Kanal gebe, den man nutzen könne. Dieser habe ihm gesagt, dass dies nicht möglich sei.
Die Washington Post hatte im Mai berichtet, Kushner habe Kisljak bei dem Treffen vorgeschlagen, einen geheimen Kanal mit dem Kreml einzurichten.
Als viertes Treffen nennt Trumps Schwiegersohn eine Zusammenkunft mit dem russischen Banker Sergej Gorkow, die im Dezember im Trump-Tower stattfand. Kushner erklärt, Gorkow habe seine Enttäuschung über die damals scheidende Regierung von Barack Obama ausgedrückt. Es sei aber nicht um die Sanktionen der Obama-Regierung gegen Moskau gegangen.
Kushner wies zu Beginn der Stellungnahme darauf hin, dass er keine politische Erfahrung gehabt habe, bevor er Teil von Trumps Wahlkampflager geworden sei. Es sei anfangs auch nicht seine Absicht gewesen, eine größere Rolle im Team zu spielen.
Kushner ist mit Trumps Tochter Ivanka verheiratet. Er galt schon im Wahlkampf als einer der wichtigsten Berater des Republikaners. Im Weißen Haus agiert er als einflussreicher Mann im Hintergrund, der die Öffentlichkeit meist scheut.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus