Russischer Waffenflieger in Nigeria: Heikle Fracht in dunkler Nacht
Ein russisches Flugzeug voller Waffen landet in Nigeria und wird beschlagnahmt. Frankreich sagt: Das Zeug gehört uns und sollte nach Tschad.
BERLIN taz | Wie gelangt Waffennachschub in Afrikas Konfliktgebiete? Eine Illustration bietet der internationale Flughafen der größten nordnigerianischen Stadt Kano. Seit Samstag steht dort eine Frachtmaschine des Typs Antonow-124-1-100, die dort um 2 Uhr nachts landete. Aus ihr stiegen 18 russische Besatzungsmitglieder und zwei französische Militärangehörige, die umgehend festgenommen wurden.
In der Maschine fanden die verblüfften Nigerianer zwei hochmoderne französische leichte Kampfhubschrauber des Typs Gazelle, ein Panzerfahrzeug und Kisten mit AK-47-Sturmgewehren, kugelsicheren Westen und anderen Rüstungsgütern.
Wie sich herausstellte, gehört die Maschine der russischen Transportfirma „224 Flight Unit“, einer 100-prozentigen Tochter des Verteidigungsministeriums in Moskau. Nachdem in Nigeria ausführlich spekuliert wurde, wer da wohl Waffen an Boko Haram schmuggeln wollte, stellte sich erst später heraus, wem der Inhalt der Maschine gehörte und wer den Flug in Auftrag gegeben hatte: Frankreichs Militär in der Zentralafrikanischen Republik.
Das behauptete jedenfalls am Sonntagabend die französische Botschaft in Nigeria. Es gehe um die Verkleinerung der französischen Interventionstruppe „Sangaris“ in Zentralafrikas Hauptstadt Bangui. Teile ihres Materials sollten der französischen Sahel-Mission „Berkhane“ übergeben werden, die aus Tschads Hauptstadt N’Djamena heraus bis hin nach Mali operiert.
Da in N’Djamena der Flugverkehr zu dicht gewesen sei, habe man den Flug nach Kano umleiten müssen. Außerdem befänden sich keine Waffen und auch keine Militärangehörigen an Bord.
Überfüllter Luftraum über N'Djamena?
Nicht nur der letzte Punkt befremdete. Den im Internet veröffentlichten Frachtpapieren zufolge waren die Hubschrauber überdies nicht für Tschad bestimmt, sondern sollten nach Frankreich in die Militärbasis Istres, ebenso sechs Sturmgewehre, ein Fahrzeug und mehrere Kisten. Nur einige Kisten sollten in den Tschad.
Der Flughafen von N’Djamena ist nicht für Überfüllung seines Luftraumes bekannt, vor allem nachts, zumal direkt daneben eine der größten französischen Militärbasen in Afrika liegt. Außerdem gibt es von da aus nähere Ausweichflughäfen als Kano.
Die Franzosen behaupteten am Sonntagabend, alles sei geklärt und die Maschine sei wieder freigegeben. Am Montagfrüh stellten die nigerianischen Behörden klar, die Maschine bleibe beschlagnahmt; erst müssten die Untersuchungen abgeschlossen werden.
Französischer Vertrag mit russischer Staatstochter
Warum Frankreichs Militär seine Hubschrauber von russischen Firmen durch Afrika fliegen lässt, ist kein Geheimnis. Ende 2010 schloss die Firma „224 Flight Unit“ mit Frankreichs Verteidigungsministerium einen Vierjahresvertrag über Militärflüge ab.
Als Frankreich im Januar 2013 in Mali eingriff, flog sein 5. Hubschrauberregiment in geleasten Antonows des Unternehmens aus russischen Staatsbeständen aus dem französischen Pau in Malis Hauptstadt Bamako. Gegen Afrikas Islamisten stehen Frankreich und Russland militärisch vereint.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Biden hebt 37 Todesurteile auf
In Haftstrafen umgewandelt
Anschlag von Magdeburg
Aus günstigem Anlass