Russische Propaganda im Libanon: Putin, Freund des Korans
Auf den Straßen des Libanon sind Werbeposter des russischen Präsidenten mit Koran in der Hand aufgetaucht. Was hat es damit auf sich?
![Wladimir Putin hält ein dickes Buch in der Hand und spricht mit einem älteren Mann, der eine schwarze Mütze trägt. Beide stehen in einem eher schmucklosen Raum der Moschee Wladimir Putin hält ein dickes Buch in der Hand und spricht mit einem älteren Mann, der eine schwarze Mütze trägt. Beide stehen in einem eher schmucklosen Raum der Moschee](https://taz.de/picture/6439667/14/33126472-1.jpeg)
Das Foto stammt von dem Besuch Putins in der Dzhuma-Moschee im russischen Derben am 28. Juni. Mit der Kampagne soll der jüngste Vorfall einer Koranverbrennung in Schweden angeprangert werden. Am 28. Juni hatte ein irakischer Geflüchteter vor der größten Moschee Stockholms das heilige Buch der Muslime angezündet.
Eine frühere Koranverbrennung in Stockholm hatte bereits Schwedens Nato-Beitritt gefährdet: Die Gegenreaktionen in der mehrheitlich muslimischen Türkei waren maßgeblich dafür verantwortlich, dass der schwedische Antrag zunächst scheiterte. Zwar ist die Türkei wieder zurückgerudert, doch die Ereignisse spielten direkt in die Hände des Kremls. Später kam heraus, dass ein kremlnaher rechter Journalist den Provokateur Rasmus Paludan für die Verbrennung bezahlt hatte.
Die Propagandaplakate im Libanon hängen vor allem in muslimisch dominierten Vierteln wie in den von der Hisbollah kontrollierten südlichen Vororten von Beirut und in der Tempelstadt Baalbek, aber auch im ärmlichen Viertel Karantina in Beirut und entlang der einzigen Autobahn des Landes.
Putins Rhethorik
Auf den Werbetafeln ist das Logo eines „russisch-libanesischen Kooperationsbüros“ namens Roslivan abgebildet. Informationen über das Büro findet man kaum, eine Webseite hat es nicht. Angaben des russischen Staatssenders Russia Today (RT) zufolge hält das Zentrum die Bevölkerung „über die Ereignisse in Russland und die Haltung Moskaus auf dem Laufenden“.
Der Präsident dieser Organisation, Muhammad Nasser al-Din, sagte zu Russia Today, das Ziel der Kampagne sei, der westlichen Dominanz entgegenzuwirken. Diese untergrabe die religiösen und moralischen Werte. Das klingt ganz nach russischer Rhetorik.
In einem Video eines Ablegers von RT zu der Kampagne sagt ein muslimischer Scheich: „Wenn ein Mensch eine gerechte und positive Stellungnahme abgibt, wissen wir das zu schätzen.“ Es sei noch besser, wenn diese Stellungnahme von einem „Führer einer Supermacht wie Präsident Putin kommt“.
Im Anschluss sagt der Professor einer russischen Universität im Libanon, Hamid Abu Zahr, in dem Beitrag: „Ich bin stolz, wenn ich dieses Bild mit Slogans im Libanon sehe, sodass die Menschen an touristischen und nichttouristischen Orten im Libanon es sehen können.“
Die ganze Rhetorik kommt zu derselben Zeit, in der Putin die Schwarzmeerinitiative für Weizenlieferungen aufgekündigt hat. Vergangenes Jahr hatte eine Getreideblockade Russlands im ukrainischen Hafen von Odessa zu Engpässen bei Weizenlieferungen geführt – auch im Libanon und seinen Nachbarstaaten.
Stößt die Propaganda auf fruchtbaren Boden? Einer neuen Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zufolge merken die Libanes*innen die Folgen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine vor allem an Preissteigerungen von Lebensmitteln. Von 535 befragten Menschen im Libanon bewerteten 22 Prozent Russlands Einfluss dennoch als „hilfreich für die Menschen“. 37 Prozent jedoch sagten, Russlands politische Einmischung in der Region sei schädlich.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
RTL Quadrell
Klimakrise? War da was?
Verlierer der Wahlrechtsreform
Siegerin muss draußen bleiben
Absturz der Kryptowährung $LIBRA
Argentiniens Präsident Milei lässt Kryptowährung crashen
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören