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Russische Feierlichkeiten zum 9. MaiSiegeseuphorie wie zu Sowjetzeiten

Mit einer Parade auf dem Roten Platz zelebriert Moskau den Sieg über NS-Deutschland. Und Putin wird auf der Krim für die Annektion der Halbinsel gefeiert.

Lächeln für Wladimir: Russische Soldaten marschieren auf dem Roten Platz. Bild: dpa

MOSKAU taz | Bei strahlendem Sonnenschein und wolkenlosem Himmel beging Moskau am Freitag den 69. Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg. Der „Tag des Sieges“ ist nicht nur der wichtigste Feiertag im Land. Russland begeht ihn jedes Jahr, als wäre der Weltkrieg gerade erst am Vortag zu Ende gegangen.

Kremlchef Wladimir Putin verlieh dem Datum während seiner Herrschaft noch zusätzliche Bedeutung. Der 9. Mai wurde zur Geburtsstunde eines unfehlbaren Russlands unter der Ägide des Präsidenten, der am Freitagvormittag auf dem Roten Platz auch die Parade abnahm. „Der 9. Mai ist und bleibt unser wichtigster Feiertag“, sagte er. Es sei dieser Tag, „an dem die alles besiegende Kraft des Patriotismus triumphiert“. An jenem Datum spürten die Russen besonders stark, was es hieße, dem Mutterland treu zu sein und für russische Interessen einzustehen.

Damit spielte der Kremlchef auf die Annexion der Krim und den schwelenden Krieg in der Ukraine an. Offen benannte der Oberkommandierende der russischen Streitkräfte die kriegerischen Vorgänge im Nachbarland jedoch nicht.

Viele Menschen nehmen in jedem Jahr mit Begeisterung an den Feiern teil. In diesem Jahr herrscht eine Siegeseuphorie wie seit Langem nicht mehr. Das geglückte Husarenstück auf der Krim und der Konflikt mit dem Westen haben die Menschen in Rausch versetzt. 11.000 Soldaten marschierten an der Führung des Landes vorbei, die der Welt auch wieder Exemplare des weiterentwickelten Boden-Luft-Raketensystems S-400 und drei Interkontinentalraketen vom Typ Topol-M präsentierte.

Meeresparade in Sewastopol

Danach reiste Putin zur Parade in den besetzten ukrainischen Schwarzmeerhafen Sewastopol, wo der Präsident mit einem zivilen Schiff die zu einer Meeresparade aufgereihten Kriegsschiffe abfuhr und zum Sieg gratulierte.

Damit hatte Putin weniger den Großen Vaterländischen Krieg im Sinn, so wird der 2. Weltkrieg im Russischen genannt, als vielmehr den eigenen Triumph der geglückten Landnahme. Putin feierte sich in der Kontinuität großer russischer Feldherren, zumindest erhob er als Befreier vermeintlich unterdrückter Landsleute Anspruch auf einem Platz in deren Galerie.

Bis zuletzt hatte der Kreml geheim gehalten, ob der Präsident zur Parade auf die Krim reisen werde. Das hatte außenpolitische Gründe, da Putins Teilnahme im Westen als Akt gewertet wird, mit dem der Kreml nicht wirklich zur Deeskalation der Lage im Kriegsgebiet beiträgt. Die internationale Gemeinschaft hat die Annexion nicht anerkannt.

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9 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Ein ziemlich tendenziöser Artikel, aber mittlerweile kann man wohl - leider! - in der TAZ nichts anderes mehr erwarten. Seit wann ist Herr Donath eigentlich in Rußland tätig? Schade, daß er immer noch nicht zur Gänze verstanden zu haben scheint, inwiefern und warum der 9. Mai für die Russen ein so wichtiger Tag ist.

    Hm, und daß ein Präsident oder Staatschef eine Militärparade abnimmt, ist wohl in jedem Land der Erde, das solche Paraden abhält, wohl nichts ungewöhnliches. Man könnte den Verdacht gewinnen, gewissen Leuten paßt die Militärmacht Rußlands nicht, und spekulieren, warum nicht.

    Klar, die Situation ist diesmal, im Mai 2014, eine besondere, aber niemand konnte ernsthaft erwarten oder gar von Rußland verlangen, die Parade(n) abzusagen.

    In Cherson in der Südukraine entblödete sich der dortige Gouverneur nicht, Hitler einen "Befreier" zu nennen. Eine junge Frau mit Kind auf dem Arm entriß ihm daraufhin das Mikrofon, und die Veranstaltung endete in einem Tumult.

  • P. S.

     

    Das ist sehr möglich. Eine dritte oder sogar vierte Alternative ist sehr möglich.

  • Sie haben sich bezüglich der politischen Bewertung und Charaktereigenschaft eines Wladimir Putin schon einmal präziser ausgedrückt, sehr geehrter Herr Donath. Ebenso bezüglich der politischen Bewertung und Charaktereigenschaft eines Alt-Bundeskanzlers namens Gerhard Schröder. Ihr "klingender" Vergleich hat bei mir jedenfalls Empörung hervorgeklingelt.

     

    Dieser Putin kann sich gar nicht in der "Kontinuität großer russischer Feldherrn" feiern, weil er - komme Ihnen jetzt etwas entgegen - (noch) nicht richtig große russische Feldzüge im 21. Jahrhundert geführt hat. Wahrscheinlich hat er auch (noch) nicht die Weltherrschaft im Sinn, die der Westen (USA und NATO) ihm zur Zeit gerne unterstellt und Angst vor Rußland schürt. Barack Obama und Angela Merkel wollen den Dialog, den Putin nicht zurückweist.

     

    Mein Vorschlag wäre: Die verbliebene große Ukraine, einschließlich Tschernobyl in der Nordukraine an der weißrussischen Grenze, wird so neutral wie die Schweiz. Die Schweiz ist weder NATO-Mitglied noch EU-Staat (jedoch ein freier, demokratischer Sozialstaat und strikter Rechtsstaat) und hat auch drei Sprachgebiete verschiedener Traditionen/Bevölkerung: deutsche Schweiz, französische Schweiz und italienische Schweiz!

  • Ähem...könnten Sie mir noch schnell erklären worin sich die Bilder der Moskauer Parade vom letzten Jahr (...ich meine also 2013) von denen in diesem Jahr unterscheiden???

     

    http://youtu.be/RVC5LaQxvoE?t=10m9s

  • Und Merkel schaut ergriffen in den Himmel, als die Kampfflieger in Formation vorbeifliegen... würg!

  • Ukraine ist nicht arm, aber 70% der Industrie sind in der Ostukraine.

     

    Als die Banditen aus der Westukraine in Kiew monatelang randaliert haben, waren die Bergleute im Osten in den Schachten und haben das ganze Land ernährt. Jetzt bekommen sie ihre Gehälter nicht.

     

    Nazis wollen, dass die Ostukraine für sie auch weiter arbeitet, aber eigene Verwaltungsorgane nicht wählen, Muttersprache nicht sprechen darf.

     

    Die Ursache der Entscheidung das Referendum durchzuführen, trotz des Aufrufes Putins, besteht darin, dass Kiew zum Dialog nicht bereit ist und nach wie vor Krieg gegen die Ostukraine führt.

     

    Der Osten wäre bereit zu einem Dialog, aber als Gesprächspartner werden in den Osten nur Panzer geschickt.

     

    Gestern in Slavyansk wurde ein 12-Jähriger schwer verletzt - Schusswunden im Bauch und in der Schulter.

     

    Er hat im Hof gespielt.

     

    Der Bub hat es selbst in den 2. Stock des Hauses geschafft und hat gesagt: "Mama, ich wurde erschossen".

     

    Während der Notarzt unterwegs war, hat er immer wieder gefragt: "Mama, werden die mich retten? Mama, werde ich leben?".

     

    Er war bei Bewusstsein, als die Ärzte ihn geholt haben. Die kämpfen immer noch um sein Leben.

     

    Das geht in der Ostukraine vor.

     

    Wenn nicht dieses Nazi-Regime, hätte die Ukraine Ruhe. Die Ukrainer sind imstande mit einander zu reden.

     

    Mit Panzern ist es nicht leicht Konsens zu finden.

  • Das sind Soldaten ! Kann man sich dazu , die von der Leyen vorstellen ?

  • Der Stolz auf diesen Tag ist durchaus legitim Rußland trug die Hauptlast bei der Beseitigung des Nationalsozialismus auch wenn es Menschen gibt die ander denken. Und dieser Stolz darf durchaus andauer, genauso wie Deutschland immer noch für die Verbrechen des NS-Regimes zahlt!

  • "Die internationale Gemeinschaft hat die Annexion nicht anerkannt."

    Es gibt weder eine "internationale Gemeinschaft" noch eine "internationale Staatengemeinschaft" . Was es allerdings gibt , das ist eine bestimmte Staaten"gemeinschaft" , die für sich beanpsprucht , gestützt auf Flugzeugträger , Interkontinentalraketen , Atom-U-boote ,die Definitionsmacht über Recht und Unrecht , Gut und Böse auf dem ganzen Planeten zu besitzen .