Rundfunkgebühr gekoppelt an Inflation: Streng nach Plan
Der Rundfunkbeitrag soll in Zukunft automatisch ansteigen. Darauf haben sich die Ministerpräsident*innen geeinigt. Was das für die Zahlenden bedeutet.
Zu konkreten Beschlüssen über die Reform kam es zwar nicht, aber, sagte nach der Konferenz der Hamburger Erste Bürgermeister Peter Tschentscher, der Index sei „überwiegender Gesprächsstand“, nur die „konkrete Ausgestaltung“ sei noch nicht klar.
Dem Vernehmen nach planen die Länderchef*innen die Umstellung ab 2023. Beschlossene Sache soll die Reform jedoch möglichst noch vor diesem Herbst sein, um den Wahlergebnissen im Osten zuvorzukommen. Im September und Oktober werden in Brandenburg, Sachsen und Thüringen neue Landtage gewählt. Die Umfragen sehen die AfD in allen drei Ländern bei um die 20, in Sachsen sogar bei 25 Prozent. Das ist für die Rundfunkpolitik deswegen Grund zur Sorge, weil die AfD bekanntermaßen gerne gegen die Öffentlich-Rechtlichen polemisiert.
Im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2017 nannte die rechte Partei den öffentlich-rechtlichen Rundfunk „zu teuer“ und „von der Politik dominiert“. Im Wahlprogramm für Sachsen steht als Forderung, dass der Rundfunkbeitrag abgeschafft und der Rundfunkstaatsvertrag gekündigt werden solle, um einen „freien Wettbewerb“ unter den Anbietern zu ermöglichen.
„Rundfunkbeitrag abschaffen!“ ist hierzulande bisher vor allem eine Phrase, derer sich die völkische Rechte und zum Teil auch Neoliberale für ihre Anti-Staats-Rhetorik bedienen. Dass es so weit kommt, ist unwahrscheinlich.
Der Druck steigt
In Nachbarländern sieht das allerdings teils anders aus. Die Schweiz hätte voriges Jahr beinahe die Rundfunkgebühr per Volksentscheid abgeschafft, die skandinavischen Länder haben sie wenig später in eine Steuer umgewandelt. In Österreich wiederum spricht sich die FPÖ fürs Abschaffen aus.
Wie es istDer Rundfunkbeitrag löste 2013 die GEZ-Gebühr ab. Er wird pro Haushalt gezahlt. Nicht zahlen muss, wer Ausbildungsförderung oder Sozialleistungen bekommt, sowie Schwerbehinderte.
Wie es werden sollBisher bestimmen die Ministerpräsident*innen die Höhe des Beitrags alle vier Jahre. In Zukunft soll der Beitrag automatisch mit der Inflation steigen.
In Deutschland könnte die AfD das System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks lahmlegen, wenn sie an einer Landesregierung beteiligt wird. Denn nach dem geltenden Rundfunkstaatsvertrag braucht es Einstimmigkeit, um die monatliche Gebühr festzusetzen. Das Veto eines Bundeslands würde reichen, und ARD, ZDF und Deutschlandradio hätten erst mal keine Einnahmen mehr.
Dieses Szenario gibt einer Reform Schub, die tatsächlich schon lange geplant war. Bisher setzen die Landeschef*innen die Höhe der Haushaltsabgabe alle vier Jahre fest, nach Empfehlung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF), die wiederum die Budgetpläne der Sendeanstalten sichtet. Die Länder wollen traditionell verhindern, dass der Beitrag allzu sehr ansteigt. Die Sender wollen hingegen nicht noch viel mehr sparen müssen, als sie es ohnehin schon tun.
Dieses Geschiebe soll mit der Reform enden. Ein Interesse daran haben alle Beteiligten – und zwar schon vor dem Erfolg der AfD. Die Sender möchten bei der Planung nicht alle vier Jahre vor ihr Budget ein großes Fragezeichen machen müssen – und die Ministerpräsident*innen sind es leid, ihren Wähler*innen Gebührensteigungen vermitteln zu müssen. Das Indexmodell würde den Rundfunkbeitrag entpolitisieren. Und da setzte in der Vergangenheit auch die Kritik an. Denn eigentlich soll die Entscheidung, wie viel Geld für den Rundfunk gebraucht wird und wie viel Gebühr man den Zahlenden zumuten kann, Ergebnis eines demokratischen Prozesses sein und nicht eines Automatismus.
Ein festes Budget
Wenn die Indexierung kommt, bekommen die Sender, also das ZDF, das Deutschlandradio und die Anstalten der ARD, jeweils ein festes Budget. Das verschafft Planungssicherheit, was für die Sender von Vorteil ist, auch wenn sie sich gleichzeitig davon verabschieden können, dass sie jemals wieder mehr Einnahmen und Spielräume haben werden.
Dazu kommt, dass die Sender nicht mehr alle vier Jahre einen monströsen Antrag schreiben müssten, in dem steht, was sie mit dem Gebührengeld so anzustellen gedenken. Stattdessen würde die KEF-Kommission nachträglich prüfen, ob die Sender ihrem Auftrag entsprechend die Kohle ausgegeben haben. In der KEF sitzen 16 von den Ländern entsandte Expert*innen.
Die Zahlenden interessiert derweil vor allem, wie viel denn Rundfunk, TV und Digitalangebote sie nun bald kosten werden. Und um wie viel der Beitrag dann jährlich steigt. Darüber haben sich die Ministerpräsident*innen noch nicht geeinigt. Im Moment zahlt jeder Haushalt, der nicht befreit ist, 17,50 Euro im Monat. Viel höher werden die Länderchef*innen wohl nicht gehen wollen, allerdings lag der Beitrag vor ein paar Jahren schon mal bei 17,98 – so hoch könnten sie also zielen.
Danach würde der Beitrag genauso ansteigen wie auch alle anderen Preise. Mit der Inflation also. Sprich: Der Beitrag bliebe faktisch, real, kaufkraftbereinigt für immer gleich.
Wonach sich die automatische Steigung bemisst, ist noch unklar. Schon jetzt nimmt die KEF bei ihren Empfehlungen die Teuerungsrate im Bereich Rundfunk in den Blick. Für die Zahlenden wäre es aber besser, man nähme die allgemeine Teuerungsrate – die ist niedriger. Alternativ könnte man anstatt der Preis- aber auch die Lohnentwicklung zugrunde legen, oder die der Renten und Sozialhilfen.
Beschlüsse zu all diesen Details bleiben die Ministerpräsident*innen schuldig. Dass es trotz Zeitdruck am Donnerstag keinen Beschluss gab, hat mit der FDP zu tun. Die regiert in den Ländern Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen mit und hat Bedenken angemeldet, wie die Welt berichtet.
Aus der FDP wird oft gefordert, die Öffentlich-Rechtlichen radikal zu verkleinern. Die Partei will noch größere Sparversprechen einfordern, bevor ein Beitrag ein für alle Mal festgesetzt wird. Ein Beschluss vor dem dräuenden Herbst könnte also eng werden.
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