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Ruhestand von ZDF-SportreporterBye-bye, Béla

ZDF-Mann Béla Réthy geht in Rente. Ein bloßer Fußballreporter? Mitnichten: Eine menschgewordene Ära verlässt die Pressetribüne.

Stimme des grünen Rasens: Béla Réthy bei seinem letzten WM-Spiel als ZDF-Reporter Foto: Robert Michael/dpa

Zugegeben, den rührseligen, ja kitschigen Ton hat sein Arbeitgeber vorgegeben. Dass sich bei ihm nämlich der langjährige Mitarbeiter Béla Réthy im Alter von 66 Jahren in den Ruhestand verabschiedet, war dem ZDF mehr wert als ein Stehempfang in dessen Büro, bei dem ein von den Kollegen gespendeter 50-Euro-Büchergutschein überreicht wird. Gesungen wurde im Studio, ein Video, das vor allem Réthys Frisurenwandel belegte, wurde gezeigt, und Ex-Profis bekannten, dass sie den Mann lieben.

Doch tatsächlich ist die Tränendrüsendrückerei begründet. Mit Béla Réthy geht ein Sportjournalist aus einer anderen Zeit. 1989 hatte ich mich an das ZDF gewandt, weil Réthy mit – und das überrascht jetzt vielleicht noch mehr – Marcel Reif eine Reportage über die Abwicklung des DDR-Sports gedreht hatte. Ich bat ganz höflich um das Manuskript oder einen Mitschnitt, doch darauf war das ZDF damals fast noch weniger vorbereitet als die DDR auf freie Demonstrationen. Jedenfalls schrieb mir Béla Réthy per Hand einen mehrseitigen Brief, in dem er nicht nur begründete, warum das mit dem Mitschnitt schwierig sei („aber wenn Sie mal in Mainz sind, können Sie es bei uns sehen“), sondern auch meine inhaltlichen Fragen ausführlich beantwortete.

Eine andere Form von Respekt hatte ich vor ihm, als bei Olympischen Spielen, es müsste 1988 gewesen sein (oder 1992? Mein Gedächtnis ist nicht so gut wie das des Fußballhistorienanekdötchenerzählers Réthy!) die ungarische Rückenschwimmerin Krisztina Eger­sze­gi ganz groß rauskam, aber, da sie kein Englisch sprach, von internationalen Medien kaum beachtet wurde. Da schickte das ZDF seinen Nicht-Schwimmexperten Béla Réthy an den Beckenrand, um den Weltstar auf Ungarisch zu interviewen und das Ganze quasi simultan zu übersetzen.

Ich fand das beeindruckend. Später kümmerte sich Réthy beim ZDF fast nur noch um Fußball, und dass er auch fließend Portugiesisch spricht, half bei so manchem Interview mit brasilianischen Weltklassekickern. Seine Sprache, genauer: seine Stimme sorgte dafür, dass ­Réthy, wie man vermeintlich unparteiisch formuliert: umstritten war.

Beschimpft wurde Réthy schon vor der Internetzeit, aber damals weniger, und nur selten wurden Postkartenmassen in Waschkörben in sein Büro getragen. Schaut man heute in die Social-Media-Kommentare, finden sich bereits während ­Réthys Fußballeinsätzen noch üblere Verleumdungen, und zwar deutlich mehr. Aber Réthy, so kommt es mir vor, ist langsam in diese Zeit reingewachsen. Er wundert sich über den Hass, aber er leidet nicht darunter.

1988 hat Krisztina Egerszegi übrigens über 100 Meter Rücken gar nicht gesiegt, sie gewann Silber. Gold ging an Kristin Otto. Auch eine andere Zeit. Heute ist Otto eine ZDF-Kollegin von Béla Réthy.

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11 Kommentare

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  • Na da soll mal einer sagen, es gebe keinen Fußballgott. Bislang hatte ich immer das bedrückende Gefühl, dass ich in einem früheren Dasein etwas ganz Schlimmes gemacht haben muss, um im jetzigen lebenslang mit Bela Réhty betraft zu werden. Am Mittwoch war jetzt wohl Amnestie. Alles wird gut.

  • Geh mit Gott aber geh.

  • Ich fand den immer nett und kompetent. Schön, dass das hier gewürdigt wird.

    • @Jochen Laun:

      Sehe ich auch so, Jochen. Die permanente gehässige Kritik an Rethy sagt mehr über den Charakter der Hasskommentatoren aus als über die Qualität seiner Arbeit.

  • Es mag ja sein, dass Béla Réthy ein netter Mensch ist - ich kenne ihn nur als Sportreporter im deutschen TV und finde ihn noch übler als fast alle seine Kolleg:innen, die zu 90% ohnehin bereits unerträglich sind, da sich anscheinend zu ihnen genauso wie zu Béla Réthy noch nicht herumgesprochen hat, dass die Zuschauer:innen erstens selbst sehen, was jeweils gerade passiert, es ihnen also nicht unentwegt erzählt werden muss; dass sie zweitens sehr gut auf die permanent zum Besten gegebenen trainer:innenmäßigen Weisheiten verzichten können (zumal die Reporter:innen eben keine Trainer:innen, sondern Laien sind); dass sie drittens kein Interesse an irgendwelchen dusseligen Anekdötchen über die soeben in Aktion befindlichen Sportler:innen haben; und dass sie sich viertens nicht von irgendwelchen Reporterinnen aufoktruieren lassen wollen, wen sie für besser zu halten haben bzw. bei Nationalspielen, dass "wir alle" selbstverständlich für Deutschland zu sein haben.



    Wer jemals das Vergnügen hatte, Sportevents zwar mit Ton, aber ohne pausenloses Gequassel von Sportreporter:innen zu erleben, wird mich verstehen ...

    • @The Real Witzbold:

      Tschuldigung, da muss ich doch kurz widersprechen: Sportevents mit Ton, aber ohne "Reportergequassel" sind eine einzige Tortur. Das Gequassel, halte man davon, was man will, dient ja dazu, die Lautstärke des unerträglichen Zuschauergeschreis runterzudimmen und sind allein schon deshalb ein Geschenk des Himmels. Ich vermeide schon aus Gründen des Gehörschutzes jeglichen Besuch öffentlicher Sportstätten mit ihrer Audiofolter - 90 Minuten einfältiges Geschrei, lieber Himmel ...

      • @Stechpalme:

        1.



        Zitat @ Stechpalme (16.12.2022, 11:35): "Sportevents mit Ton, aber ohne "Reportergequassel" sind eine einzige Tortur. Das Gequassel, halte man davon, was man will, dient ja dazu, die Lautstärke des unerträglichen Zuschauergeschreis runterzudimmen"

        Wem bei Sportevents ohne Reporterinnengequassel die Zuschauer zu laut sind, der kann sie ganz einfach mittels Lutstärkeregelung leiser stellen - sofern er/sie verstanden hat, wie das geht.

        2.



        Sie scheinen wie die Mehrzahl der Deutschen der Ansicht zu sein, dass die Begriffe "Sport" und "Fußball" identische Bedeutungen haben - dem ist allerdings nicht so: es gibt nämlich noch jede Menge andere Sportarten, und die meisten von ihnen werden nicht (oder zumindest nur selten) von tumben Schreihäls:innen frequentiert: z.B. Tennis, Tischtennis, Boxen, Leichtathletik, Eiskunstlauf, Bogenschießen, Turnen, Fechten, Badminton, Judo, Volleyball ...

        3.



        Zitat @ Stechpalme (16.12.2022, 11:35): "Ich vermeide schon aus Gründen des Gehörschutzes jeglichen Besuch öffentlicher Sportstätten mit ihrer Audiofolter - 90 Minuten einfältiges Geschrei, lieber Himmel ..."

        Deswegen können Sie vermutlich auch so kompetent darüber schreiben ...

  • Schwimmergänzung1:



    1988 Olympic Games - Swimming - Women's 100 Meter Backstroke - Kristin Otto GDR



    www.youtube.com/watch?v=e-wAETtNfKM



    (John Naber-Mimik, ich knie ab)



    Kristin Otto, hm, hm, sehr gut durchgekommen!

  • Béla Réthy in Hochform in einem langem Gespräch mit einem ehemaligen Bundesliga-Schiedsrichter über seine lange Karriere im Fußballgeschäft.



    Dass bei Réthy die Betonung nicht auf dem letzten Wort des letzten Satzes lag, ist im sehr zu danken. Mit Réthy geht beim ZDF auch ein Stück der Seele des deutschen Fußballs.

    www.youtube.com/watch?v=OKRJRViseUM

    • @Lindenberg:

      Zitat @Lindenberg (16.12.2022, 22:07): "Mit Réthy geht beim ZDF auch ein Stück der Seele des deutschen Fußballs."

      "Seele des deutschen Fußballs" - Oha, größer hatten Sie's nicht?



      Tatsächlich verkörpert der selbstverliebte Dauerquassler Béla Réthy den deutschen Fußball bzw. dessen angeblich vorhandene Seele in haargenau demselben Maße wie Mikaela Schäfer oder Hansi Hinterseer.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Be Béla Réthy konnte ich mein Hörgerät ausschalten. 🎧