Rüstungspolitik der Großen Koalition: Bund soll sich wehren können
Die Koalition will die Bundeswehr mit mehr Panzern aufrüsten. Auch die Rüstungsausfuhren unter Gabriel sind kaum gebremst.
BERLIN rtr/dpa | Als Konsequenz aus der Ukraine-Krise plädieren die Verteidigungspolitiker von Union und SPD dafür, die Bundeswehr mit deutlich mehr Kampf- und Radpanzern als bisher geplant auszustatten. Die angestrebte Zahl von 225 Leopard-Panzern und 190 Radpanzern des Typs Boxer sei angesichts der aktuellen Sicherheitslage nicht mehr angemessen. So heißt es in den Anträgen der Verteidigungsexperten der Koalition für den Haushalt 2015, die Reuters am Dienstag vorlagen.
Die vorhandenen Kampfpanzer sollen modernisiert werden und ein Entwicklungsprogramm für einen Leopard 3, also eine neue Generation von Kampfpanzern, aufgelegt werden. Die weltweite Sicherheitslage erfordere ein Umdenken, was den Stellenwert der Bundeswehr angehe - auch finanziell, schrieben die Abgeordneten.
Die deutschen Panzerbauer Rheinmetall und KMW stehen unter Druck seit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel eine restriktivere Rüstungsexportpolitik angekündigt hat. Diese soll nach dem Willen des SPD-Politikers vor allem Panzer und Kleinwaffen wie Sturmgewehre betreffen. Nun zeigt eine erste Zwischenbilanz: Soviel hat sich noch geändert.
Deutsche Rüstungsfirmen machen unter Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) beinahe ebenso gute Geschäfte mit Staaten außerhalb von EU und Nato wie unter der schwarz-gelben Vorgängerregierung. Das geht aus dem Zwischenbericht der Bundesregierung über die Rüstungsexporte im ersten Halbjahr 2014 hervor, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Demnach wurden in den ersten sechs Monaten Ausfuhren in sogenannte Drittländer in Höhe von etwa 1,42 Milliarden Euro genehmigt - das sind 70 Millionen weniger als im Vorjahreszeitraum.
Moderne Ausrüstung für den „Infanterist der Zukunft“
Der Anteil der Genehmigungen für Ausfuhren in Drittländer stieg von rund 50 auf mehr als 60 Prozent. Unter Drittländern versteht man Staaten, die weder Mitglied der EU noch der Nato und auch nicht, wie Australien, der Nato gleichgestellt sind. Gabriel hatte angekündigt, Exporte dorthin restriktiver zu handhaben.
Den mit knapp 617 Millionen Euro größten Anteil an den Ausfuhrgenehmigungen im ersten Halbjahr hat dem Bericht zufolge Israel. Davon entfallen allein etwa 600 Millionen Euro auf ein bereits im Jahr 2003 zugesagtes U-Boot. Auf Rang zwei rangieren die USA, dann folgen Singapur, Südkorea und das Sultanat Brunei.
Zugleich setzen sich die Verteidigungspolitiker der Koalition dafür ein, im kommenden Jahr weitere Sets moderner persönlicher Ausrüstung für die Soldaten der Kampftruppe zu beschaffen. Zu dem sogenannten System „Infanterist der Zukunft“ gehören unter anderem Bekleidung, Schutzwesten, Funkgeräte und Nachtsichtgeräte.
Bisher waren damit vor allem die Soldaten in Afghanistan ausgestattet worden. Nach ursprünglicher Planung sollten 2015 weitere Truppenteile diese Ausrüstung für Einsatz und Ausbildung erhalten. Das Verteidigungsministerium stufte nach Aussagen von Insidern jedoch die Priorität der Beschaffung herunter. Hiergegen wehren sich die Koalitionsabgeordneten nun mit ihrem Antrag.
Die Schießausbildung soll nicht leiden
Außerdem bitten sie das Verteidigungsministerium, zusätzliches Geld für den Materialerhalt des Großgeräts der Truppe bereitzustellen. Eine Summe wird in dem Antrag nicht genannt. Eine Mängelliste hatte zuletzt gezeigt, dass besonders bei der Luftwaffe viel Großgerät nicht einsatzbereit ist. Dies wurde unter anderem auf mangelnde Ausgaben für Wartung und Ersatzteile zurückgeführt.
Die Abgeordneten fordern das Verteidigungsministerium außerdem auf sicherzustellen, dass Geld für die Wiederbeschaffung der Waffen vorhanden ist, die Deutschland aus Bundeswehr-Beständen an die kurdischen Kämpfer im Nordirak geliefert hat. Besonders wichtig sei, dass es wegen der Abgabe von Material an die Peschmerga bei der Bundeswehr nicht zu einem Munitionsengpass komme und die Schießausbildung nicht leide.
Zudem werben die Wehrpolitiker der Koalition für eine rasche Entscheidung über das künftige Luftabwehrsystem der Bundeswehr. Der Beschluss solle möglichst noch in diesem Jahr fallen, heißt in den Anträgen. Das Bundesverteidigungsministerium hatte die Entscheidung über die Zukunft des Systems Meads, das die alternden Patriot-Batterien ersetzen soll, zuletzt auf 2015 verschoben. Der Haushaltsausschuss des Bundestages entscheidet im November über die Anträge.
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