Rückzug von Mike Mohring: Opfer seiner selbst

Dass der Thüringer CDU-Mohring seinen Posten räumt, war unausweichlich. Doch seinen Absturz verdankt er auch der Borniertheit seiner West-Kollegen.

kopf von Mike Mohring

Er hat taktiert, gezockt und Vertrauen verspielt: Mike Mohring tritt zurück Foto: Michael Kappeler/dpa

Er wirkte, als sei er schon weg. In einem Video, welches er am Freitag auf Facebook veröffentlichte erklärte der Thüringer Noch-CDU-Vorsitzende Mike Mohring, dass er nicht wieder für den Parteivorsitz antreten wolle. Dass er seiner Partei beim Neuanfang nicht im Wege stehen wolle. In einer Zimmerecke, vor einer unpersönlichen weißen Wand stand Mohring bei der Aufnahme, im schlichten schwarzen Hemd und ohne Krawatte. Er sah müde aus, sprach ein wenig gequält.

Im Grunde stand er schon seit über einer Woche in der Ecke, mit dem Rücken zur Wand. Sein Rückzug war unausweichlich. Zu krass war der Ansehensverlust seiner CDU, nachdem sie im Landtag mit der AfD gemeinsame Sache gemacht und den Thüringer FDP-Chef Thomas Kemmerich ins Amt des Ministerpräsidenten gehoben hatte. Zwar hatte ihm der Thüringer CDU-Landesvorstand am Tag danach noch das Vertrauen ausgesprochen, doch Mohring war ins Wanken geraten, sein Sturz stand unmittelbar bevor.

Erst musste er auf Druck der Fraktion versprechen, im Mai den Fraktionsvorsitz aufzugeben, dann sollte, wie der MDR recherchierte, alles doch viel schneller gehen. Und nun ist Mohring dem letzten würdelosen Schubs eben zuvorgekommen.

Mohring hat viele Fehler begangen. Er hat taktiert, gezockt und Vertrauen verspielt. Seine Fraktionskollegen sollen sich, so berichtet der MDR, über „unabgestimmte Alleingänge“, „fehlende Einbindung“ und „bewusste Täuschung“ beklagt haben. Im linken Lager fiel das Urteil über ihn ähnlich harsch aus: Mohring sei ein Spieler, dem es am Ende nur um sich selbst ginge.

Schuld am Drama ist nicht allein Mohring

Schon 2014 soll er, um die Wahl des Linken Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten zu verhindern, mit der AfD gekungelt haben. Mohring hat dies stets energisch bestritten. Er hat aber auch im Oktober letzten Jahres erklärt, dass Björn Höcke ein Nazi sei und er nie im Leben mit ihm zusammenarbeiten werde. Wie konnte es dann passieren, dass CDU UND FDP, nur um Bodo Ramelow zu verhindern, gemeinsam mit der von ebenjenem Faschisten Höcke geführten AfD einen Gegenkandidaten auf's Schild heben?

Schuld daran ist nicht nur Mohring. Verantwortlich für das Thüringer Drama ist auch die Bundes-CDU, die zahlenmäßig, aber auch ideologisch von den mitgliederstarken West-Verbänden dominiert wird. Denen waren die Parteifreunde im Osten und ihre Zwänge bis zu jenem Tag im Februar eigentlich scheißegal. Thüringen, wen interessiert das schon, wie viel Einwohner hat das? Sprüche, die tatsächlich so fielen. Die meisten West-CDUler pochen auf ihre Unvereinbarkeitsbeschlüsse gegen Linke und AfD und auf ihre Tradition als Partei Adenauers und Kohls. Zwei Granden, die die CDU einst als Bollwerk gegen den Kommunismus positionierten. Im Grund tickt die CDU trotz der Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds, trotz der Erfolge der AfD, immer noch im Kalten-Kriegs-Modus und beschwört die Gefahr von Links.

Als Mohring nach der Landtagswahl im Oktober andeutete, er könne sich eine Zusammenarbeit mit der Linken zum Wohle Thüringens vorstellen, wurde er nach Berlin bestellt und in die Schranken gewiesen. Daraufhin wollten es einige seiner Parteifreunde mit der AfD versuchen, auch sie wurden gerade noch mal eingefangen. Seit Oktober konnte also jeder sehen, dass eine Situation, in der Linke und AfD zusammen eine absolute Mehrheit im Landtag haben und die CDU nach beiden Seiten unbeweglich ist, ins Patt führt. Oder ins Fiasko.

Für Mike Mohring endete sie im Fiasko. Für seinen Nachfolger, aber auch für die CDU-KollegInnen in den anderen ostdeutschen Bundesländern, werden ihre Politkarrieren künftig auch davon abhängen, ob die CDU ihr Verhältnis zur Linken entkrampft. In Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern wird im nächsten Jahr gewählt. Ein zweites Thüringen schimmert auf.

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Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.

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