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Rückzug von Amazon-Chef BezosVon Roosevelt lernen

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Amazon-Chef Jeff Bezos zieht sich zurück. Doch das Problem bleibt. Der Onlinekonzern aus Seattle hat zu viel Geld und zu viel Macht.

Protest vor der Zentrale von Amazon in Seattle mit der einfachen Forderung: Besteuert Bezos Foto: David Ryder/imago

E s ist ein Personalwechsel, der nicht viel zu bedeuten hat: Amazon-Gründer Jeff Bezos geht und Andy Jassy übernimmt – der auch schon seit Jahrzehnten zur Führungsriege gehört. Trotzdem kreist diese Nachricht um die Welt, als wäre Amazon ein Königshaus, wo auf den Herrscher nun der Prinz folgt.

Und so falsch ist der Vergleich gar nicht: In nur 27 Jahren hat Bezos ein globales Imperium geschaffen, das sich längst nicht mehr auf den Onlinehandel beschränkt. Besonders lukrativ ist etwa das Cloud-Computing, das der neue Chef Jassy im Jahr 2003 bei Amazon startete.

Cloud-Computing ist eine geniale Idee: Firmen und Banken betreiben nicht mehr ihr eigenes Rechenzentrum mit eigenen IT-Experten, sondern lagern ihre Daten aus und nutzen die Server von Amazon. Das spart Kosten, weil ein großes Rechenzentrum natürlich deutlich effektiver arbeiten kann als viele kleine IT-Abteilungen, die bei einzelnen Unternehmen angesiedelt sind.

Amazon ist so erfolgreich, weil der Konzern ganze Branchen rationalisiert. Dies begann mit dem Onlinehandel: Es spart eben Zeit, Energie, Personal und Raummiete, wenn es keine stationären Läden mehr gibt, sondern im Internet bestellt wird. Also sind die Waren günstiger.

Was gegen Monopole hilft

Der Kern von Amazon ist gar nicht neu. Schon immer haben Unternehmen versucht, durch schiere Größe Kostenvorteile zu ergattern und die Konkurrenz niederzuwalzen. Ein Beispiel: Die Tante-Emma-Läden hatten keine Chance mehr, als die Supermärkte aufkamen. Neu ist allerdings, dass sich der Kampf der Giganten jetzt im Internet abspielt.

Amazon, Google oder Apple sind nicht nur Megakonzerne, die qua Größe extrem effizient operieren können – sie verfügen zudem über umfangreiche Kundendaten, die sich jederzeit neu vernetzen lassen. Diese Datenmacht könnte dazu führen, dass die Internetgiganten völlig neuartige Monopole aufbauen. Allerdings bergen Monopole für die Monopolisten eine unschöne Gefahr, die schon Marx beschrieb: Wenn sich alle Macht in wenigen Händen ballt, dann ist es relativ einfach, diese Wenigen zu entmachten.

Die USA sind dafür besonders lehrreich, denn dort bildeten sich schon im 19. Jahrhundert gigantische Monopole heraus. Zunächst versuchte man, diese Unternehmen zu zerschlagen. So wurde 1911 Standard Oil in 34 Gesellschaften zerlegt. Dies erwies sich jedoch als Fehlschlag, weil die getrennten Unternehmen weiterhin eng zusammenarbeiteten. Viel effizienter war das Vorgehen von US-Präsident Franklin D. Roosevelt, der ab 1935 die Unternehmenssteuer drastisch erhöhte. Die Ungleichheit verringerte sich danach deutlich. Davon kann man noch heute lernen.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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6 Kommentare

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  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Amazons entscheidender Vorteil ist sein exzellenter Kundenservice. Die Abgaben und Steuern sind eine andere Baustelle. Würde Verdi bei Amazon Fuß fassen und mitregieren, dann wäre der Kundenservice von Amazon bald auf dem selben Niveau wie dort, wo Verdi Macht hat und in den Räten sitzt. Man müsste als Kunde eine Nummer ziehen und warten bis ein Mitarbeiter seine Kaffeepause beendet hat und sich wie ein Bittsteller behandeln lassen. Amazon wird eher den deutschen Markt aufgeben, als sich auf so was einlassen, weil das Selbstmord wäre.

  • Man muss keine Steuern erhöhen, es würde reichen, wenn man die in der EU von einzelnen Staaten bewusst kreierten Steuerlöcher stopfen würde.



    Die USA haben deutlich weniger Probleme mit Amazon als Steuerzahler

  • Was nutzen Steuererhöhungen? Interessiert das Amazon und co? Ich glaube nicht, die bezahlen auch in den USA kaum Steuern...

  • Danke. That‘s fact - anschließe mich.

    kurz - Wer hat den Arsch in der Hüse? -Hüse? Hose! Wer macht’s?! - 😈 -

    unterm——- Tusch — 🥂 -



    Geht an Robert Gernhardt 'Sommerwind



    “…son D‘Jonni…“ - 😎 -

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    "Der Onlinekonzern aus Seattle hat zu viel Geld und zu viel Macht."

    Wieso? Das bringt der Kapitalismus doch so mit sich. Da gab`s doch mal jemanden, der das schon vor ca. hundertfünfzig Jahren prognostiziert hat.

    Gibt`s bei Amazon zu kaufen für 7,95 €! Ein Doppelwopper kostet genausoviel, hält aber nicht so lange an.

    • @17900 (Profil gelöscht):

      Sie müssen dafür nicht auf Karl Marx zurückgreifen. Adam Smith hat schon vor 250 Jahren gewarnt, dass eine Volkswirtschaft Monopole verhindern muss, da ansonsten halt kein freier Markt mehr möglich ist. Ideal ist ein Polypol, Oligopole und Kartelle sind zu beschränken und ebenso zu bekämpfen bzw. zu verbieten (Kartellrecht), Monopole sind auf alle Fälle zu vermeiden und zu verbieten. Der freie Markt regelt sich nicht ideal von selbst, das wusste schon das Urgestein des Kapitalismus, Adam Smith! Es braucht also doch gesetzliche Rahmenbedingungen. Donnerwetter!



      Das kapitalistsiche Urland des Kapitalismus, die USA, haben auch immer wieder Monopole deshalb zerschlagen. Wer sich in Wirtschaftsgeschichte etwas auskennt, wie bspw. offensichtlich Frau Herrmann, weiß dies auch.