Rückzug kirchlicher Banken aus Fossilen: Und erlass uns unsere Klimaschulden
46 kirchliche Institutionen beenden ihre fossilen Investments. Kohle, Öl und Gas seien nicht mit ihren Grundsätzen vereinbar – aber es gibt Ausnahmen.
46 evangelische und katholische Institutionen ziehen sich teilweise oder vollständig aus der Finanzierung fossiler Unternehmen zurück. Das haben die Christians for Future am Dienstag bekanntgegeben. Neben den deutschen Häusern ziehen noch zwölf andere kirchliche Institutionen ihre Gelder aus fossilen Unternehmen ab, darunter vier italienische und eine kanadische katholische Diözese.
Unter den deutschen Finanzhäusern, die bei der sogenannten Divestment-Bewegung mitmachen, ist neben den evangelischen Landeskirchen und Diakonien auch die katholische Pax-Bank. „Unser Handeln basiert auf den christlichen Grundsätzen Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“, sagt Nachhaltigkeitsleiterin Jutta Hinrichs. „Wir sind uns bewusst, dass ökologische Nachhaltigkeit die grundlegende Voraussetzung für alles menschliche Leben ist.“
Die Pax-Bank ist mit 8,6 Milliarden Euro Bilanzsumme eines der größten christlichen Finanzhäuser. Zum Vergleich: Die Deutsche Bank hat eine Bilanzsumme von 1.387 Milliarden Euro, die Zentralbank der Volks- und Raiffeisenbanken 660 Milliarden Euro.
Katholische Häuser konsequenter als Protestanten
„Das ist ein wichtiges Zeichen, dass Investitionen in fossile Energieträger moralisch falsch sind und aus Investitionssicht nicht mehr nachvollziehbar“, lobt David Ryfisch die Initiative der kirchlichen Institutionen. Ryfisch ist Finanzexperte bei der Umweltorganisation Germanwatch.
Das Divestment werde aufgrund der vergleichsweise kleinen Summen „keine Märkte verschieben“, sagt er. Es sei aber ein Signal der Gegenbewegung, „gerade weil aktuell der Finanzsektor in den USA Rückschritte macht“. Die kirchlichen Institutionen setzten „ein wichtiges Zeichen für jene, die der Kirche folgen“.
Während die katholischen Investor*innen sich aus allen Unternehmen zurückziehen, die mehr als fünf Prozent ihres Umsatzes mit fossilen Geschäftsmodellen machen, schließen die evangelischen Institutionen nur Investitionen in die extrem klimaschädlichen Brennstoffe Kohle, Fracking-Gas und Öl aus Teersand aus. „Das ist zwar ein guter Anfang, aber da dürfen sie nicht aufhören“, sagt Ryfisch. „Es gibt noch einiges mehr, das sie leisten könnten.“
Auf der katholischen Seite wurde die Divestment-Kampagne von der Laudato Si'-Bewegung vorangetrieben, die die Klimaschutz-Bemühungen von Papst Franziskus fortführen will. Auf der UN-Klimakonferenz, die dieses Jahr im brasilianischen Belém stattfindet, stellten die katholischen Bischöfe des Globalen Südens erstmals einen gemeinsamen Appell vor.
Kardinal: Brauchen mutige Reaktionen
Darin fordern sie ambitionierte Klimaziele, einen Ausbaustopp fossiler Infrastruktur, Steuern auf fossile Gewinne, Zuschüsse für arme Länder, um Klimaschutz und -anpassung bezahlen zu können, sowie Maßnahmen, die Frauen in den Mittelpunkt stellen.
Keines der Themen steht explizit auf der Tagesordnung des Klimagipfels, aber Finanzierung und Ambition der Klimaziele bestimmen trotzdem die Diskussionen in den Verhandlungsräumen.
„Der Text fordert den Globalen Norden heraus, aber er öffnet auch Wege für ein gemeinsames Vorgehen“, sagte der brasilianische Kardinal Jaime Spengler. „Wir befinden uns in der harten Wirklichkeit, die mutige Reaktionen erfordert.“
Am Dienstagabend sprach Papst Leo XIV. in einer Videobotschaft zu den Bischöfen: „Die Schöpfung weint in Fluten, Dürren, Stürmen und unerbittlicher Hitze. Einer von drei Menschen lebt in großer Verletzlichkeit wegen dieses Klimawandels“, sagte er. Sie zu ignorieren bedeute, unsere gemeinsame Menschlichkeit zu bestreiten. „Als Verwalter von Gottes Schöpfung sind wir dazu aufgerufen, schnell mit Glauben zu handeln, um das Geschenk zu beschützen, mit dem er uns betraut hat“, sagte er.
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