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Rücktrittsforderungen gegen Karin Prien auf TwitterMinisterin mit Fakten-Problemen

Karin Prien (CDU) hat sich erneut in einer Twitter-Debatte über die Maskenpflicht verzettelt. Am Ende löschte die Kieler Bildungsministerin ihren Account.

Hat auf Twitter Ärger gekriegt: Karin Prien Foto: Frank Molter/dpa

Hamburg taz | Auf Twitter hat es heftig gekracht. Am Ende erklärte Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) ihren Rückzug von dem Kurznachrichtendienst, sie deaktivierte ihren Account. Was war passiert?

Prien hatte in der vergangenen Woche Lockerungen der Coronaregeln an Schulen gefordert. Daraufhin hatte eine Mutter auf Twitter Sorge über einen vermuteten Anstieg der Zahl der in Zusammenhang mit Corona gestorbenen Kinder geäußert – unter Berufung auf vorläufige Zahlen des Robert-Koch-Instituts. Prien antwortete: „Bitte differenzieren: Kinder sterben. Das ist extrem tragisch. Aber sie sterben mit COVID_19 und nur extrem selten wegen COVID_19.“

Einige User sprangen der Ministerin bei: Man könne die Beschränkungen an Schulen nicht ewig aufrecht erhalten, die Sterbequote bei Kindern sei so gering, dass Covid-Maßnahmen zurückgefahren werden könnten. Weitaus mehr hagelte es jedoch Kritik: Eltern von Kindern mit Vorerkrankungen fühlten sich ignoriert.

Prien mangele es an Empathie für die trotz der bisherigen Schutzmaßnahmen bundesweit 65 gestorbenen Kinder. Es entstand das Bild, dass die Ministerin die schrittweise Abschaffung von Masken und Tests, die vor allem Schü­le­r:in­nen mit Vorerkrankungen ein Mindestmaß an Sicherheit bieten, für Parteipolitik benutzte – in Schleswig Holstein wird am 8. Mai gewählt.

Nur 320 vulnerable Schü­le­r:in­nen im Land?

Auf Nachfrage erklärt die Pressestelle von Karin Prien, dass es schon länger eine Handreichung für den Umgang mit vulnerablen Gruppen in Schleswig-Holstein gebe. Im gesamten Landesgebiet seien aber auch nur rund 320 Schü­le­r*in­nen aufgrund einer eigenen Vorerkrankung oder einer Erkrankung in der Familie dauerhaft beurlaubt. Diesen vulnerablen Personen biete man alternative Lehrmöglichkeiten.

Nimmt man offizielle Zahlen des RKI zum Vergleich, nach denen etwa ein Viertel der Bevölkerung in Deutschland zur Hochrisikogruppe zählt, kann man jedoch von einer deutlich höheren Dunkelziffer an betroffenen Familien ausgehen.

Eine Studie der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie (DGPI) widerlegt Priens Aussage, mit Corona infizierte Kinder würden meist mit und selten an dem Virus sterben. Zwar sterben Kinder generell sehr selten an oder mit dem Virus, wenn Kinder aber mit einer Corona-Infektion sterben, dann ist das Virus in etwa der Hälfte der Fälle nachweislich verantwortlich für den Tod.

Die Pressestelle des Ministeriums nannte als Quelle für die Annahme der Ministerin das RKI-Bulletin 01/2022. Daraus gehen jedoch keine Belege für ihre Aussage hervor, das RKI bezieht sich sogar auf die Covid-19-Studie der DGPI.

Anfeindung wegen jüdischer Vorfahren

Die Twitter-Debatte um die Präsidentin der Kultusministerkonferenz erreichte ihren Tiefpunkt in einer antisemitisch grundierten Anfeindung gegen die Ministerin, sie solle sich davon „Distanzieren, Kinder in wertes und unwertes Leben einzuteilen“, vor allem, da Sie „Mutter dreier Kinder mit jüdischen Vorfahren“ sei.

Der mittlerweile gelöschte Kommentar überlagerte die sachliche Kritik, Prien zog sich von Twitter zurück und ließ ihren Pressesprecher via Twitter mitteilen: „Bei meinen vielen Terminen im Land, in den Schulen, mit Vertreterinnen und Vertretern verschiedenster Interessen erlebe ich eine andere Kultur.“

Es war nicht das erste Mal, dass es um Prien auf Twitter laut wurde. Schon im Herbst 2021 hatte sie die Maskenpflicht im Unterricht gegen wissenschaftliche Empfehlung infrage gestellt. Damals hatte sie gegen die Maskenpflicht mit dem „Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit“ der Schü­le­r:in­nen argumentiert – und die körperliche Unversehrtheit der potenziell zu infizierenden Schü­le­r:in­nen nicht dagegen abgewogen. Auch damals entbrannte eine Diskussion auf Twitter.

Nach einem kurzen Aussetzen der Maskenpflicht im Unterricht musste das Land damals wegen steigender Infektionszahlen zurückrudern.

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5 Kommentare

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  • Wir werden das Virus nicht beseitigen und das Risiko wird über viele Jahre weiter bestehen. Das ist für die betroffenen Familien eine erhebliche Belastung zu den schon immer bestehenden Bedrohungen hinzu.



    Nichtsdestotrotz, stellt sich dann die Frsge, wie ein guter Schutz für diese und eine möglichst uneingeschränkte Geselschsft, insbesondere Schule, funktionieren kann.

  • Was hier jetzt aber irgendwie fehlt, ist der Hinweis, dass sich der Autor des Tweets, der zurecht als Tiefpunkt genannt wird, nach einiger Zeit für den Tweet entschuldigt hat und diese Entschuldigung auch angenommen wurde. Es liest sich im Artikel so, als ob dieser Tweet der Grund für den Rückzug von Frau Prien legt, was meiner Meinung nach aber falsch ist. Der Grund liegt eher in der mangelnden Kritikfähigkeit der Politikerin. Natürlich ist es einfacher, den Rückzug mit dem schlechten Diskussionsumfeld auf Twitter zu begründen, was ja auch durchaus so ist, aber ich behaupte, der Rückzug hat mit der berechtigten Kritik zu tun, auf die Frau Prien einfach nicht eingehen wollte.

    • @Sven Buchien:

      Frau Prien verweigert sich einfach einem für Sie eher ungünstigem Diskurs und lauscht lieber ungestört der 3-6% Strategie des exklusiv beratenden Virologen Fickenscher:

      twitter.com/suse16...494325137444724738

      • @Heile_Welt:

        Dieser Ansatz ist nicht ganz falsch. Omikron hat vielfach auch bei Ungeimpften (insbesondere jungen Menschen) harmlose Verläufe. Und wenn wir die Impfquote bei der relevanten Bevölkerung betrachten kann auf diese Weise eine Größenordnung erreicht werden, die eine Überlastung des Gesundheitssystems verhindert.



        Ja, die Super-Variante. Da ist dann vermutlich auch die Impfung nur sehr schwach wirksam.

  • Seufz.

    Frau Prien gehört leider zu denen, die die Maskenpflicht am liebsten abschaffen wollen. Daß die Maske für die meisten Schüler der einzige Schutz vor Ansteckung ist, ignoriert sie geflissentlich. Da wir Schüler (auch Berufsschüler, also Erwachsenenbildung) zum Präsenzunterricht auch bei einer Inzidenz von über 1000 gezwungen werden, was an sich schon Wahnsinn ist, soll man uns doch bitte wenigstens den Grundschutz lassen...

    Wie man gegen die Schutzmaske mit dem Argument der körperlichen Unversehrtheit (also gerade dem, was man mit der Maske erreichen will) argumentieren kann, erschließt sich mir nicht. Mit Logik darf man solchen Leuten wohl nicht mehr kommen.

    Ich kann darüber nur den Kopf schütteln. Frau Prien (und Herr Günther) können demnächst bei den "Querdenkern" eintreten, ist mein Eindruck.

    Ich finde es generell erschreckend, daß sich die Fraktion der Leichtsinnigen, der Egoisten, der Irrationalen und Wissenschaftsbezweifler in der Gesellschaft durchzusetzen scheint, auch in der Politik. Das Motto ist mittlerweile: "Wo gehobelt wird, fallen Späne" - ein paar Tote und Langzeitgeschädigte möchte man offenbar gern in Kauf nehmen, damit man wieder bequem sein Bier trinken kann!

    Dieses kollektive "laßt uns einfach tun, als ob nichts ist" macht mir weitaus mehr Angst als das Virus. Ich erkenne meine Mitmenschen nicht mehr wieder. Vom So-Tun-Als-Ob geht Corona nicht weg!

    Wo sind eigentlich die lange versprochenen Luftfilter für die Klassenzimmer? Findet man die auch grundsätzlich unnötig? Sind sie deswegen immer noch nicht vorhanden? Blockieren die Ministerien das vielleicht sogar?