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Rücktritt nach ManipulationsvorwürfenKiels Uni-Präsidentin gibt auf

Simone Fulda, die Präsidentin der Christian-Albrechts-Universität, tritt zurück. Ihr wird vorgeworfen, in Forschungsarbeiten Daten manipuliert zu haben.

Soll Daten kopiert und manipuliert haben: Medizin-Professorin Simone Fulda Foto: Frank Molter/dpa

Hamburg taz | Die Kieler Unipräsidentin Simone Fulda wehrt sich gegen den Vorwurf, Daten in ihrer Krebsforschung manipuliert zu haben. Nun ist die 55-jährige Medizinerin aufgrund der Vorwürfe zurückgetreten. „Schweren Herzens“ sei sie gegangen, „da leider bei Teilen der Universität offenkundig keine ausreichende Vertrauensbasis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mehr vorhanden ist.“ So wird die Professorin in einer Mitteilung der Uni zitiert. Fulda war seit Oktober 2020 Präsidentin der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel gewesen.

Ende Januar berichteten die Kieler Nachrichten, dass der Biologe Leonid Schneider auf seinem Wissenschaftsblog Vorwürfe gegen Fulda erhoben hatte. Dabei geht es um wissenschaftliche Schriften, die Fulda als Forscherin in der molekularen Krebsforschung in Ulm und Frankfurt verfasst hatte. In Abbildungen soll sie Teile ausgeschnitten und an anderen Stellen eingefügt haben. Außerdem wirft Schneider Fulda vor, Darstellungen von Zellen einfach horizontal gespiegelt und an anderer Stelle wiederverwendet zu haben.

Dass Daten derart identisch seien, sei kaum realistisch, so Schneider. In weiteren Recherchen des NDR bestätigten andere Forschende, dass diese Daten auffällig seien. Die Uni Kiel pocht derweil auf die Unschuldsvermutung, die Vorwürfe würden von den zuständigen Einrichtungen auf wissenschaftliches Fehlverhalten geprüft.

Sollten die Vorwürfe stimmen, würde das wichtige Daten der Krebsforschung in Deutschland betreffen. Im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin forschte Fulda unter anderem an der Frage, weshalb Tumorzellen nicht wie andere vom Körper als geschädigt registrierte Zellen absterben. Ihre Forschung führte unter anderem zu der Entwicklung von neuen Medikamenten. Für diese Arbeit wurde Fulda vielfach ausgezeichnet, seit 2018 ist sie Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften.

Rücktritt trifft Uni in wichtiger Phase

Der Rücktritt trifft auch die Hochschule in einer verletzlichen Phase. Fulda hat sich in den dreieinhalb Jahren Amtszeit unter anderem dafür eingesetzt, dass die Uni Kiel zu einer Exzellenzuniversität ernannt wird. Erst vergangenen Dienstag sind drei wichtige Exzellenzprojekte der Kieler Universität gescheitert. Am selben Tag wurden auch die Vorwürfe gegen Fulda und die vermeintliche Datenmanipulation laut, obwohl der Blogeintrag von Leonid Schneider bereits einige Wochen älter war und zuvor kaum Beachtung fand. Nun steckt die Uni mitten in der Vorbereitung zweier Folgeanträge für wichtige Exzellenzprojekte. Um diese wird sich nun ein fünfköpfiges Interimspräsidium kümmern müssen.

Karin Prien, Wissenschaftsministerin Schleswig-Holsteins, sagte dem NDR, Fulda gehe fest davon aus dass sich „alle Vorwürfe am Ende der Untersuchung in Wohlgefallen auflösen“ werden. Wohlgefallen hin oder her – Unipräsidentin ist sie nun nicht mehr.

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3 Kommentare

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  • Wissenschaftlichkeit und Daten hin oder her - es geht hier doch wie immer nur um Hochglanz-Politur !

  • Die Veröffentlichung des amerikanischen Wissenschaftsjournalisten Schneider, die den Rücktritt der Kieler Universitätspräsidentin Simone Fulda auslöste, liest sich wie ein Wissenschaftskrimi, in den etliche Wissenschaftler an deutschen Universitäten und deutschen wissenschaftlichen Institutionen verwickelt sind.



    Sie sind zum Teil nicht bereit, den schweren Vorwürfen von Schneider nachzugehen. Fulda antwortete nicht auf die Vorwürfe von Schneider.

    Professoren, die der NDR zur Forschung von Fulda befragte, gaben erstaunlicherweise nur anonym Auskunft, als wäre das Ganze ein gefährliches Wespennest, über das nicht Klartext gesprochen werden kann.



    Darauf deutet auch hin, dass es im letzten Jahrzehnt ähnliche Manipulationen einer Spitzenforscherin an einer anderen deutschen Universität gab.



    Ganze zwei Jahre Jahre lang prüfte die Deutsche Forschungsgemeinschaft, als wollte sie den Fall verschleppen.



    Die manipulierende Spitzen-Wissenschaftlerin kam mit einem blauen Auge davon.



    Es entsteht der Eindruck, dass sich betrügerische medizinische Spitzen-Forschung durch ein Netzwerk von Wissenschaftlern auszeichnet, deren Karrieren sich zum Teil über viele Jahre überschneiden, die nicht so genau bei Veröffentlichungen von Kollegen hinschauen, vielleicht weil staatlicherseits Millionen Euro in deren Forschung floss.



    Ein Closed Shop, bei dem junge kritische Nachwuchs-Wissenschaftler vermutlich zu den Betrügereien ihrer Chefs schwiegen, oder aktiv zuarbeiteten, weil sie Angst um ihre jeweilige Karriere hatten, die ihre mächtigen Chefs als deutschlandweit vernetzte Institutsdirektoren entscheidend beinflussten.

    forbetterscience.c...omedical-research/

    www.spiegel.de/wis...acht-a-739146.html

    www.spiegel.de/wis...tens-a-871920.html

  • Was auch immer der Anstoß für diese Sumpf.Kampagne gewesen sein mag, zurück bleibt ein Geschmäckle. So ganz unwissenschaftlich kann die Forschung von Frau Fulda gewesen sein, sonst hätten andere Kolleginnen und Kollegen längst Anstoß genommen. Fakt ist, dass an vielen Projekten, für die zusätzliche Mittel eingeworben werden müssen, viele Karrieren hängen, bei denen viele nicht berücksichtigte Forscher nach langem Studium und anschließender Beschäftigung auf Zeit ohne Langzeit-Beschäftigungs-Garantie schnell vor einem Aus stehen können. Das ist eine Schwäche des Systems, insbesondere in Zeiten, wo die Mittel immer knapper werden und vorher viel in die Ausbildung der Wissenschaftler investiert wurde. Aber wenn der 'Kampf' unter der Gürtellinie endet, wird das Ganze unappetitlich, wer auch immer die Fäden im Hintergrund gezogen hatte. Die 'Dramatiserung' durch die 'Presse' ist da leider vollkommen unangebracht ! Wenn es Probleme mit der Wahrnehmung ihrer Aufgabe als Präsidentin der Kieler Universität gegeben haben sollte, muss das in den Gremien in Kiel geklärt werden, Vorwürfe dahingehend sind aber nicht bekannt geworden.

     

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