Rücktritt des Integrationsbeauftragten: Entmachtung eines Amtes
Spekulationen nach dem Rücktritt des Berliner Integrationsbeauftragten Günter Piening: Wird das Amt jetzt entwertet? Senatorin dementiert Abwicklung des Postens.
Die angekündigte Amtsniederlegung des Senatsintegrationsbeauftragten Günter Piening sorgt für Wirbel. Die Opposition sieht den Grund für Pienings Schritt in der Abwertung seines Amtes. Piening hatte am Freitag gesagt, er halte es nicht für möglich, die von ihm vertretene Integrationspolitik unter einem rot-schwarzen Senat weiter umzusetzen.
Während es von Migrantenorganisationen bisher kaum Reaktionen auf diese Ankündigung gibt - weder der Migrationsrat noch der Türkische Bund Berlin (TBB), die zwei größten Dachorganisationen Berliner Migrantenvereine, haben sich geäußert -, schlagen die parteipolitischen Wellen hoch. Die Oppositionsparteien sehen den Hintergrund für Pienings Entscheidung übereinstimmend in einer Entmachtung des Integrationsbeauftragten. Denn unter der neuen Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) wird dessen Amt künftig nicht mehr direkt ihr unterstellt sein, sondern unterhalb der Staatssekretärsebene arbeiten.
Der integrationspolitische Sprecher der Piraten, Fabio Reinhardt, sagte, eine "unabhängige Stelle, die ressortübergreifend aktiv sein und auch mal Kritik an der Senatspolitik üben kann", sei der Integrationsbeauftragte damit nicht mehr: "Das ist unmöglich, wenn er zuerst dem Staatssekretär Bericht erstatten muss." Die Piraten sähen das Amt am liebsten als Stabsstelle beim Regierenden Bürgermeister.
Die Veränderung müsse rückgängig gemacht werden, fordert auch Canan Bayram, integrationspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion: "Der Integrationsbeauftragte muss seine eigenständige Position behalten, um sich kritisch mit Entscheidungen des Senats auseinandersetzen zu können."
Wer so entmachte, müsse auch klarstellen, welche integrationspolitischen Ziele er künftig anstrebe, findet Hakan Ta, integrationspolitischer Sprecher der Linksfraktion. Medienberichte, denen zufolge in der SPD erwogen wird, den Senatsbeauftragten ganz abzuschaffen und dessen Aufgaben dem entsprechenden Staatssekretär zu übertragen, überraschen ihn: "Es war die rot-rote Koalition, die den Posten aufgewertet und im Gesetz für Integration gesetzlich verankert hat", so Ta. Zudem sei der Staatssekretär auch für das Ressort Arbeit zuständig: "Ich nehme an, da hat er genug zu tun."
Ülker Radziwill, stellvertretende Fraktionschefin und Sprecherin der AG Migration der SPD, weist entsprechende Berichte zurück: "Im Integrationsgesetz ist die Stelle des Integrationsbeauftragten fest verankert. Natürlich wollen wir sie nicht abschaffen." Eine zeitweilige Übernahme von dessen Aufgaben durch den Staatssekretär sei "höchstens als Übergangslösung" denkbar. Die Stelle müsse in einem transparenten Verfahren neu besetzt werden. Pienings Bedenken einer Veränderung der Integrationspolitik unter Rot-Schwarz teile sie nicht: "Wir haben diesbezüglich im Koalitionsvertrag klar Kontinuität festgeschrieben." Die Linie habe dabei die SPD vorgegeben, so Radziwill: "Die Integrationssenatorin gehört der SPD an, und ich gehe davon aus, dass sie diese Linie auch bei möglichen Konflikten umsetzen wird."
Kolat selbst teilte am Sonntag mit, sie werde Pienings Stelle definitiv neu besetzen.
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