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Rückkehr des Wolfs in den NiederlandenSchafe und Kühe in Gefahr

Vor wenigen Jahren wurde die Rückkehr des Wolfs in den Niederlanden enthusiastisch begrüßt. Jetzt wollen viele, dass er wieder gejagt wird.

Hinter dem elektrischen Wolfszaun gut geschützt: Schafe im niederländischen Drenthe Foto: IMAGO/Robin van Lonkhuijsen

Amsterdam taz | Die Bilder sind eindringlich: sichtlich verstört drängt sich eine vierköpfige Familie an einige am Wegrand gestapelte Baumstämme. Das kleinere der beiden Kinder springt auf den Arm des Vaters, dann blicken alle gebannt vor sich: Wenige Meter entfernt überquert ein grauer Wolf langsam den Sandweg im Nationalpark Hoge Veluwe, ohne von den Ausflüglern Notiz zu nehmen. Ein beinahe einzigartiger Vorfall bestätigt der Wolfexperte Hugh Jansman der Website nu.nl. Die Tierschutzorganisation Faunabescherming hat die Leitung des Nationalparks nun wegen Vernachlässigung ihrer Fürsorgepflicht gegenüber dem Raubtier angeklagt: Ohne Fütterung durch Menschen würden Wölfe nicht so zahm.

Letzten Endes ging der Wolf seiner Wege, niemand kam zu Schaden. Das Aufsehen aber, das dieser Fall in der vergangenen Woche in den Niederlanden auslöste, zeigt, wie das dicht besiedelte Land mit der Rückkehr der Wölfe ringt. 25 bis 30 Tiere sind es inzwischen, so der Ökologe Glenn Lelieveld zur taz. Angesiedelt haben sie sich in der Landesmitte im Naturgebiet Veluwe, im Südosten der Provinz Noord-Brabant sowie in Drenthe im Nordosten. Bei der Tierschutzorganisation „Säugetier-Vereinigung“ koordiniert Lelieveld die Meldestelle, bei der Bür­ge­r*in­nen anzeigen können, dass sie einen Wolf gesehen haben. Diese Informationen würden an die Behörden weitergeleitet, wobei es an der Politik liege, Maßnahmen zu ergreifen, sagt Lelieveld. Weiter stehe es allen frei, ihre eigene Meinung über den Wolf zu haben.

Diese Meinungen sind, nur wenige Jahre nach der bejubelten Rückkehr des Wolfs seit 2015, ziemlich eindeutig. 546 Fälle von getötetem Nutzvieh sind bislang registriert. Vor allem in Drenthe, einer ans Emsland grenzenden Provinz, die für ihre – für niederländischen Verhältnisse – weiten Wälder bekannt ist, häuften sich zuletzt Meldungen über von Wölfen gerissene Schafe, Ziegen und Kühe. Mitte Oktober zeigte das Bauernpaar Anique van de Zwaag und Albert ten Heuvel, deren Hof mehrfach betroffen war, live auf sozialen Medien, wie sie eine tote Ziege in der Schubkarre zum Sitz der Provinzregierung in Assen brachten. Die Bäuerin sagte, der Wolf komme immer näher an den Hof, sodass sie ihre Kinder nicht mehr draußen spielen lassen wolle.

Die besorgten Stimmen aus der Landwirtschaft finden zunehmend Gehör in der Politik. „Es ist deutlich, dass wir hier wirklich ein Problem haben“, so Henk Jumelet, in der Provinz-Regierung zuständig für Landwirtschaft, zum TV-Sender RTV Drenthe. „Die Gesetzgebung richtet sich auf das Interesse des Wolfs. Es wird Zeit, dass wir nach Interessen von Tierhaltern schauen.“ Jumelet, Mitglied der traditionell agrarfreundlichen Christdemokrat*innen, spielt damit auf den Status des Wolfs als beschützte Tierart an. Dieser Status ergibt sich aus dem Washingtoner Artenschutzabkommen, der Berner Konvention für die Erhaltung von Lebensräumen europäischer Tiere und Pflanzen sowie der Fauna- Flora-Habitat-Richtlinie der EU.

Antrag für Abschuss

Jumelets Forderung findet auch jenseits der Provinzgrenze in Friesland Anklang. Ende Oktober verabschiedete das dortige Parlament einen Antrag, um Wölfe in Gebieten mit viel Nutzvieh abschießen zu können. Ein in der Region ansässiges Wolfspaar mit drei Jungen soll in diesem Jahr schon 200 Kühe, Kälber, Schafe und Ponys getötet haben. Die Situation sei „unhaltbar“, weshalb sich die niederländische Regierung innerhalb Europas für einen niedrigeren Schutzstatus des Wolfs einsetzen solle. Die christdemokratische Initiatorin Attje Meekma sagte in der Parlamentssitzung, man müsse sich entscheiden, ob man auf den Weiden Vieh oder den Wolf wolle.

Wie sehr das Thema die Gemüter erhitzt, zeigte sich am vergangenen Wochenende: Im beliebten Naturpark Dwingelderveld in Drenthe blieb am Sonntag das Be­su­che­r*in­nen­zen­trum geschlossen, nachdem dieses über soziale Medien bedroht worden war. Geplant war ein Informationstag zum Thema Wolf, bei dem auch ein aktueller Dokumentarfilm über dessen Rückkehr gezeigt werden sollte. Jan Gorter, der regionale Manager der Organisation Natuurmonumenten, sagte zum Sender RTV Drenthe, es ginge „nicht darum, Märchen zu erzählen oder dass der Wolf ausschließlich positiv sei, sondern ungerechtfertigte Sorgen zu entkräften“.

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11 Kommentare

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  • Eingangs wird in diesem Artikel das Kulturproblem der Naturentfremdung unser Gesellschaft beschrieben. Wie kann Mensch auf die Idee kommen einen Spitzenprädator, Wolf zu füttern oder wie in Deutschland schon geschehen Wolfswelpen aus dem Wald mit zu nehmen und im Tierheim abgeben zu wollen. Wer so etwas tut gefährdet andere Menschen!!!

  • taz: "Die besorgten Stimmen aus der Landwirtschaft finden zunehmend Gehör in der Politik."

    In Deutschland haben wir ja auch Politiker, die sich gerne Grimms Märchen anhören - besonders dann, wenn Jäger das Märchen von 'Rotkäppchen und dem bösen Wolf' erzählen. Es geht wohl in erster Linie mal wieder um das "Hobby" der Jäger, denn die mögen keine Konkurrenz im Wald. Aus dem Grund muss jetzt wohl das Märchen vom Wolf als schafmordende Bestie erzählt werden und weil der Stadtmensch Natur und Wald nur noch aus Dokus kennt, wird noch das Märchen vom kinderfressenden Wolf als Zugabe oben draufgepackt, damit das Entsetzen über so viel "bösartigen Wolf " in der Bevölkerung noch größer wird. Wenn Jäger nicht alle Rehe abknallen würden, dann müsste der Wolf auch keine Schafe reißen, aber diese einfache Logik kann man wohl heutzutage nicht mehr von den Menschen erwarten. Im Schweizer Kanton Genf ist die Jagd übrigens seit 40 Jahren verboten. Noch nie war die Biodiversität dort größer – und die Wildtierbestände regulieren sich von selbst.

    • @Ricky-13:

      Nahezu alle Gegner des Wolfs sind nicht Jäger sondern Landwirte. Jegliche Freilandhaltung ist in Wolfsgebieten nicht mehr möglich.

      Im Kanton Genf gibt es übriges sehe viel Jagd, nur eben nicht private sondern Angestellte Profi Jäger. Die Abschusszahlen sind mit die höchsten in der Schweiz.

  • Es ist unglaublich:

    Abermillionen Hühner und andere Vögel werden gerade weltweit in Massen getötet und vernichtet, weil durch ihre Haltung die Vogelgrippe sich verbreitet.

    Wildschweine werden in rauhen Mengen abgeschossen, damit sich bei ihren gequälten Verwandten in den Ställen die Schweinepest nicht verbreitet.

    Und dann wagen sich einige, sich angeblich um Schafe und Kühe wegen der bösen Wölfe zu sorgen?

    Was für eine Scharade, während die Nutztierhalter:innen weiterhin Tiere in Massen morden und im Übrigen gerade unser Klima kaputt geht - oder liegt das vielleicht auch am Wolf?

    • @PolitDiscussion:

      Wölfe gefährden ja nicht die Tiere in Massen- und Stallhaltungen, sodern gerade die so artgerecht wie möglich gehaltenen Tiere in Weidehaltung, die auch für die Erhaltung artenreichen offenen Grünlandes sorgen. Insofern ist der absolute Schutz der Wölfe das Gegenteil jeder Ökologie.

    • @PolitDiscussion:

      Naja, es sind halt nicht Ihre Schafe und Kühe, die gerissen werden, und es sind auch nicht Ihre Kinder, die aus Angst nicht mehr raus dürfen.

  • Die Welt brennt und das Problem ist der Wolf. Ist klar. .

  • 20-30 während wir in D 2.700 Wölfe haben. Dank dieser Tatsache bleibt die Freilandhaltung mittlerweile eine Seltenheit, weil dem Wolf kaum beizukommen ist.

  • Deutschland sollte den Niederlanden als abschreckendes Beispiel dienen, wo durch fehlgeleiteten Tierschutz eine der größten Wolfspopulationen in Europa entstanden ist. Stadtbewohner, die in ihrem Leben noch keine wilden Tiere gesehen haben, wollen den Wolf, Tierhalter, die unter den Raubtieren leiden, sind in der Minderheit und müssen damit leben. Ich hoffe das den Niederlanden so was erspart bleibt.

    • @Günter Witte:

      Ein überaus undifferenzierter Beitrag; die Unterscheidung zwischen angeblich unwissenden Stadtbewohnern und Landbevölkerung entspringt der Masche des Bauernverbandes und ist an Dummheit kaum zu überbieten. Ich zum Beispiel lebe in der Stadt, und arbeite auf dem Land (hauptsächlich nachts, wenn die meisten "Landeier" schlafen - in Wäldern und auf Feldern, inmitten aller möglichen Wolfsgebiete. Ich habe in den letzten 20 Jahren genau drei Wölfe gesehen; die meisten Landwirte übrigens keinen. Man darf gerne Pro oder Contra Wolf sein, aber das seriöse Argumentieren sollte man sich nicht ersparen.

    • @Günter Witte:

      Ein überaus undifferenzierter Beitrag; die Unterscheidung zwischen angeblich unwissenden Stadtbewohnern und Landbevölkerung entspringt der Masche des Bauernverbandes und ist an Dummheit kaum zu überbieten. Ich zum Beispiel lebe in der Stadt, und arbeite auf dem Land (hauptsächlich nachts, wenn die meisten "Landeier" schlafen - in Wäldern und auf Feldern, inmitten aller möglichen Wolfsgebiete. Ich habe in den letzten 20 Jahren genau drei Wölfe gesehen; die meisten Landwirte übrigens keinen. Man darf gerne Pro oder Contra Wolf sein, aber das seriöse Argumentieren sollte man sich nicht ersparen.