Rubiales erhält für Kuss Geldbuße: Strafe in Höhe eines Trinkgelds
Der spanische Ex-Fußballboss Luis Rubiales wird wegen sexueller Nötigung gegenüber Jennifer Hermoso lächerlich milde bestraft. Ein schauriges Signal.
E rst wurde Jenni Hermoso vom spanischen Verbandsboss Luis Rubiales der Kuss bei der WM-Siegerehrung von Verbandsboss Luis Rubiales aufgedrückt, nun folgte am Donnerstag die Ohrfeige vom Staatsgerichtshof in Madrid.
Denn Rubiales wurde lediglich zu einer 18-monatigen Geldstrafe von 20 Euro pro Tag wegen sexueller Nötigung verurteilt. Knapp 11.000 Euro sind das in der Summe. Für einen Mann, der an der Spitze des spanischen Fußballs über mehrere Jahre fürstliche Gehälter einstrich, ist das ein Witz. Damit wird sein übergriffiges Verhalten von den Richtern als Kavaliersdelikt eingestuft. Die Staatsanwaltschaft hatte zweieinhalb Jahre Haft gefordert.
Trainer Jorge Vilda und zwei weitere Verbandsmitarbeiter, die Druck auf Hermoso ausgeübt haben sollen, den Kuss als einvernehmlich darzustellen, wurden vom Vorwurf der Nötigung freigesprochen.
Der Spott, der sich nach dem Urteil über Jenni Hermoso auf deren Instagram-Account ergoss, zeigt, welches Signal die spanische Justiz damit gesetzt hat. Ein User schrieb ihr hämisch: „Ich darf dir ein Küsschen geben.“ Andere schickten ihr nur lachende Smileys. Es wird sich nun also lustig gemacht über das, was Hermoso als Grenzüberschreitung markiert hat.
Schon übergriffige Frage
Die Anwälte von Rubiales verfolgten die Strategie, Hermoso, die erklärt hatte, sie sei gegen ihren Willen geküsst worden, unglaubwürdig zu machen. Dafür schleppten sie gar einen Lippenleser vor Gericht, der diese These untermauern sollte. Rubiales habe gefragt, meinte dieser erkennen zu können. Dass allein diese Frage nach einem Kuss schon übergriffig ist, kommt wohl weder Rubiales und seinen Anwälten noch den jetzt auf Social Media feixenden Männern in den Sinn.
Hermoso, die nicht nur in Spanien zu einer Symbolfigur im Kampf gegen Sexismus wurde, hatte zu Beginn des Prozesses erzählt, der unfreiwillige Kuss nach dem Finale der Frauen-WM 2023 in Sydney habe bei ihr „Ekel und Abscheu“ ausgelöst und „einen der glücklichsten Tage meines Lebens überschattet“. Vor einem Millionenpublikum hatte sie Rubiales gedemütigt.
Die Botschaft des Gerichts an potenzielle Täter ist trotz des Schuldspruchs, dass sexuelle Nötigung mit einer Art täglichem Trinkgeld abgegolten werden kann. Und die Botschaft an Jenni Hermoso scheint zu sein, dass sie sich mal nicht so haben soll. Es ist ein Urteil, das zu einer Zeit passt, die in alte Rollenmuster zurückfällt.
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