Rodungen für E-Autofabrik: Reptilien behindern Tesla
Zauneidechsen und Schlingnattern bedrohen den Bau der Elektroautofabrik in Grünheide. Ein Gericht gibt klagenden Naturschützern teilweise recht.
Das heißt, dass Tesla beides wieder rückgängig machen muss, falls die endgültige Genehmigung für das Gesamtprojekt ausbleibt. Tesla hat aber noch nicht überwiesen – und nun eine letzte Frist bekommen, das Geld bis Anfang Januar zu überweisen, um weiterbauen zu dürfen. Die endgültige Genehmigung für den Bau des Werkes wird erst für Anfang kommenden Jahres erwartet.
Als möglicherweise noch nachhaltiger werteten Vertreter von Nabu und Grüner Liga am Samstag zudem ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg. Es hatte am Freitagabend einer Beschwerde der Verbände zum Teil stattgegeben. Danach müssen die Rodungsarbeiten an Stellen auf dem Gelände ruhen, wo möglicherweise noch hunderte Zauneidechsen und Schlingnattern leben.
Von einem „großen Erfolg“ sprach Nabu-Landesvorsitzende Christiane Schröder. Das Gericht sei dem Antrag der Verbände in „wesentlichen Punkten gefolgt“. Der „Artenschutz hat seine notwendige Würdigung erhalten“, sagte Michael Ganschow, Landesgeschäftsführer der Grünen Liga. Von Tesla gab es zunächst keinen Kommentar.
Eidechsen schlecht auffindbar
Laut dem Urteil darf auf etwa 20 der 83 von Rodung bedrohten Hektar Wald nicht weitergefällt werden, vor allem in Randbereichen des Geländes. Dieses liegt neben der bereits seit Monaten im Bau befindlichen Autofabrik. Die Verbände bezweifeln, dass vor allem alle bedrohten Zauneidechsen von der Waldfläche wie vorgesehen umgesiedelt wurden.
Es sei „nicht möglich, nach den bereits erfolgten zwei Monaten Umsiedlung“ der geschützten Tiere alle eingesammelt zu haben, argumentierte Verbändeanwalt Thorsten Deppner. Nur 17 Zauneidechsen und 14 Schlingnattern seien von Tesla eingesammelt worden. Viel zu wenig, so Deppner. Die Verbände schätzen, dass noch hunderte der Reptilien auf der Baustelle leben – und die Rodung nicht überleben dürften.
Vor allem die männlichen Tiere hätten sich nämlich in der Zeit der Umsiedlungsaktion zur Winterruhe in den Waldboden eingegraben und seien deshalb schlecht auffindbar gewesen. Die Verbände sehen hier Verstöße gegen ein Zugriffsverbot im Artenschutzrecht. Die Umsiedlungsaktion von Tesla sei „nicht geeignet, eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos und damit einen Verstoß gegen das bundes- und europarechtliche Tötungsverbot auszuschließen“.
Das OVG sah das teilweise auch so und untersagte Rodungsmaßnahmen „in Randbereichen der zur Abholzung vorgesehenen Flächen“. In einem anderen von Rodung bedrohten Gebiet erzielten die Verbände einen weiteren Erfolg: In einer langgezogenen Fläche entlang der Autobahn A 10 wurden Fällarbeiten untersagt, die mit dem notwendigen Bau einer Abwasserdruckleitung begründet worden war.
Unzulässig, weil dafür ein Verfahren außerhalb des Bundesimmissionsschutzgesetz habe angestrengt werden müssen, so das Gericht. Möglicherweise ist dadurch nun unter anderem der Bau einer vorläufigen Autobahnzufahrt auf das Fabrikgelände bedroht, weil ein neues Verfahren mit Anhörungen eingeleitet werden muss.
Zeitplan von Tesla in Gefahr
Hinsichtlich der übrigen Fläche hatte die Beschwerde der Verbände hingegen keinen Erfolg. Auf etwa 60 Hektar der von Rodung bedrohten Fläche konnten sie laut Gericht nicht darlegen, dass es sich um Reptilienlebensräume handelt.
Der straffe Zeitplan von Tesla dürfte nun ernsthaft in Gefahr sein. Seit Anfang des Jahres baut der US-Konzern in Grünheide an seiner ersten „Gigafactory“ in Europa, Mitte des Jahres sollten eigentlich die ersten von zunächst bis zu 500.000 Autos des Model „Y“ vom Band laufen. Kosten: über eine Milliarde Euro, von denen etwa ein Drittel schon verbaut worden sein sollen. Bis zu 12.000 Personen sollen hier beschäftigt werden. Das Projekt ist derzeit eine der größten Industrieansiedlungen in Europa.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen