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Robert Menasse und die gefälschten ZitateEine Medaille gibt es dennoch

Trotz des Fälschungsskandals hält Rheinland-Pfalz an der Verleihung der Zuckmayer-Medaille an Menasse fest. Er hatte Zitate frei erfunden.

Sein Ziel sei nicht die Täuschung gewesen, sagt der österreichische Autor Robert Menasse Foto: dpa

BERLIN taz | Das Land Rheinland-Pfalz hält an der Verleihung der Carl-Zuckmayer-Medaille an Robert Menasse am 18. Januar fest. In einer gemeinsamen Pressemitteilung bekundeten Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und der österreichische Schriftsteller, dass „die vorbehaltlose Anerkennung von Fakten zum Wertefundament unserer liberalen Öffentlichkeit“ gehöre.

Menasse hatte in mehreren Essays frei erfundene Zitate von Walter Hallstein, dem ersten Präsidenten der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, verwendet. Zudem hatte er in Vorträgen wahrheitswidrig behauptet, Hallstein hätte seine Antrittsrede in Auschwitz gehalten. „Ich habe diese Fehler nicht absichtsvoll und nicht mit dem Ziel der Täuschung begangen“, sagt Menasse nun in der Pressemitteilung. „Die künstlerische Freiheit im Roman und die Spielregeln im politischen Diskurs dürfen nicht vermischt werden. Darauf werde ich achten und darauf können Sie sich verlassen.“

Noch am Wochenende hatte Menasse in einem Gastbeitrag für die Welt seine Fälschung relativiert: „Im Vergleich zu der Frage, wohin die europäische Union in Zukunft geht, im Vergleich zu Hallsteins großartiger Vision ist dieser Fehler aber eine Winzigkeit, er ist die Fußnote, die ich lieber hätte setzen sollen.“

Ministerpräsidentin Dreyer begründete die Preisverleihung an Menasse mit seinen großen Verdiensten um die deutsche Sprache. „Sein engagiertes Streiten für die europäische Idee trifft europaweit auf große Resonanz und hat die politische Debatte um die Zukunft der Europäischen Union sehr bereichert“, sagte Dreyer.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Christian Baldauf hatte schon in der vergangenen Woche gefordert, Menasse die Carl-Zuckmayer-Medaille nicht zu verleihen. „Menasse hat nachweislich in Reden und Aufsätzen erdichtete Sätze als Fakten ausgegeben. Dies ist eine Art Geschichtsfälschung, die nicht hingenommen werden darf“, sagte Baldauf.

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5 Kommentare

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  • 7G
    75026 (Profil gelöscht)

    In einer Zeit, in der das Thema "Fake News" drängender als je ist, hätte man eigentlich erwarten können, dass nach den Fällen Relotius und Menasse alle, die Nachrichten produzieren oder verbreiten, innehalten und selbstkritisch darüber reflektieren, welche Meldungen vielleicht allzusehr ins eigene Weltbild passen und gerade deswegen besonders sorgfältig gecheckt werden sollten.

    Aber das ist wohl nur ein frommer Wunsch. Tatsächlich machen alle einfach weiter wie gehabt. Menasse scheint die Sache eher als Kavaliersdelikt anzusehen, und Dreyer findet's verzeihlich, da Menasse ja schließlich auf der "richtigen" Seite steht.

    Kommentar bearbeitet. Bitte bleiben Sie beim Thema.

    Die Moderation

  • Menasse will endlich weniger Demokratie wagen. Und erhält aus den Händen der SPD-Ministerpräsidentin für sein Lebenswerk den höchsten Literaturpreis des Landes.



    2012 veröffentlichte Robert Menasse in seinem Buch Der Europäische Landbote: „… die Demokratie erst einmal zu vergessen, ihre Institutionen abzuschaffen, soweit sie nationale Institutionen sind, und dieses Modell einer Demokratie, das uns so heilig und wertvoll erscheint, weil es uns vertraut ist, dem Untergang zu weihen. Wir müssen stoßen, was ohnehin fallen wird (…). Wir müssen dieses letzte Tabu der aufgeklärten Gesellschaften brechen, dass unsere Demokratie ein heiliges Gut ist.“



    Herausreden, dieses Werk nicht gelesen zu haben, gilt nicht, Heinrich August Winkler hat im letzten Jahr im Spiegel audrücklich darauf hingewiesen.



    Es war der SPD-Kanzler Willy Brandt, der in seiner Regierungserklärung 1969 "mehr Demokratie wagen" wollte. Er war es, der 1970 mit einem Kniefall in Warschau als Kanzler vor der internationalen Öffentlichkeit auf die Verbrechen Deutschlands hinwies.



    Und jetzt geben SPD-Staatskanzlei und Menasse im Duett eine quasi-sozialistische Selbstkritik ab, um die Ehrung dieses "Tabubrechers der aufgeklärten Gesellschaft" retten zu können.



    Hoffentlich das Ende dieser Köpenickiade!

    • @Calliope:

      anschließe mich.

      unterm——-Asche auf mein Haupt -



      hatte ich glatt überlesen/blättert.



      Aber - Däh! paschd scho:



      “@AGERWIESE Mal das “Feature“ eines Weggefährten & Brüssel-Insiders (was her hellsichtig)



      “Du mußt dir die Kommssion wie das Stein-Hardenbergsche Reformkabinett!

      Vorstellen: Klar doch - Hochgebildet Hochintelligent Hocheffektiv & sicher! Hochökologisch - weil sie wissen - damit kannste ganz viel verdienen!…



      (&Däh!)…(Get it*!* Fein;(

      Genau. “…Komplett undemokratisch!“ •



      So geht das.“

      Na bitte - Geht - doch!;)(



      www.taz.de/!5555668/

  • Der Friedenspreis des deutschen Buchhandels geht dann diese Jahr an Trump...

  • Mist - “…Nehme ich das 30-Liter-Faß Nackenheimer ersatzweise gern entgegen.…“

    Tja - Gepfiffen. Aber - Prost.



    Der Wein ist schließlich echt!;)

    unterm——bescheiden wir uns also in echt - mit dem feinen Carl Zuckmayer Zitat:



    "Die Welt wird nie gut, aber sie könnte besser werden" - Wohl wahr.;)



    Normal - Ja.