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Rezepte gegen den KlimawandelFairer Handel, lebendige Wälder

Hilflos gegen den Klimawandel? Von wegen! Was Regierungen, Parlamente und Unternehmen tun können, um das Schlimmste zu verhindern.

20 Prozent des Klimaproblems stammen aus der Zerstörung des Regenwalds Foto: dpa

So wichtig das persönliche Verhalten ist – dem globalen Problem Klimawandel begegnet man effektiv nur mit Maßnahmen, die national, EU-weit oder international von Parlamenten, Regierungen und Unternehmen durchgesetzt werden. Dabei kommt es nicht mehr allein auf die klassischen Industrieländer an. Aufstrebende Schwellenländer mit energiehungrigen Volkswirtschaften wie China, Indien, Brasilien, Südafrika, Indonesien, Mexiko oder Südkorea sind inzwischen mindestens genauso entscheidende Player. Lösungen für die Klima­krise müssen international sein.

1. Abfallgebühr für Klimagase.

Einen „dicken, fetten Preis für CO2“ fordert José Ángel Gurría, Generalsekretär der Industrieländer-Organisation OECD. Kraftwerke, Fabriken und Autobauer nutzen die Atmosphäre als kostenlose Mülldeponie für den Abfall ihrer Energieversorgung. Müssten sie für die Umwelt- und Gesundheitskosten ihrer Abgase zahlen, wären das je nach Berechnung zwischen 35 und 120 Euro pro Tonne. Die Expertenkommission der G20 fordert 40 bis 80 Euro pro Tonne im Jahr 2020. Davon ist der Emissionshandel der EU noch weit entfernt.

Seit 2005 müssen Kraftwerke und Fabriken dafür pro Tonne CO2 Zertifikate kaufen. Deren Preis war lange sehr niedrig, inzwischen liegt er bei knapp 20 Euro und soll weiter steigen. Weltweit sind aber bisher nur 15 Prozent der menschengemachten CO2-Emissionen mit einem Preisschild versehen, auch in China, manchen US-Staaten und Kanada. Wichtig wäre auch mehr CO2-Transparenz in Unternehmen. Oft wissen weder Investoren noch Firmenchefs, wie hoch der CO2-Ausstoß von Produktion, Lieferkette und Energieerzeugung eines Produkts sind. Mit Regeln zur Offenlegung des CO2-Fußabdrucks wäre es deutlich einfacher, grün zu investieren.

2. Subventionen streichen.

Die G7-Staaten haben es im Grundsatz schon 2009 beschlossen: „ineffiziente Subventionen für fossile Brennstoffe auslaufen lassen“. Passiert ist wenig. Mit etwa 325 Milliarden Dollar jährlich greifen die Regierungen weltweit ihren Öl-, Gas- und Kohleindustrien unter die Arme. Rechnet man die Schäden hinzu, die den Fossilen nicht in Rechnung gestellt werden, sind es laut Berechnung des Internationalen Währungsfonds jedes Jahr über 5 Billionen Dollar.

Jedes Land könnte das sofort selbst ändern, so haben in den letzten Jahren Indonesien und Saudi-Arabien die subventionierten Preise für Benzin erhöht. Auch in Deutschland gibt der Staat jedes Jahr mehr als 50 Milliarden Euro an Hilfen aus, die direkt oder indirekt der Umwelt schaden. Darunter sind viele Subventionen für fossile Brennstoffe wie das Dieselprivileg, die Befreiung von der Kerosinsteuer oder Ausnahmen von Abgaben für energieintensive Betriebe. In der Großen Koalition ist hier ein Umdenken nicht in Sicht.

3. Wälder retten

Der Verlust der Regenwälder vor allem in Brasilien, Zentralafrika und Südostasien ist nicht nur ein Schlag gegen die Artenvielfalt, sondern auch ein Problem fürs Klima. Etwa 20 Prozent des menschengemachten CO2-Ausstoßes kommt durch die Zerstörung der Wälder. Dagegen helfen nationale Gesetze, eine bessere Ausrüstung von Justiz und Polizei und die Klärung etwa von Landbesitzfragen. Aber der Druck auf die Wälder durch Fleischkonsum (Sojaanbau) kommt auch durch das Konsumverhalten der Industrieländer.

4. Faire Entwicklung

Schwellenländer mit schnell wachsender Wirtschaft und Bevölkerung brauchen Energie und Infrastruktur. Verlegen sich diese Länder vor allem in Asien und Afrika auf die Kohle, ist die Klimakatastrophe kaum zu verhindern. Deshalb sind massive Hilfen nötig, um erneuerbare Energiesysteme dort zu finanzieren und zu realisieren. Ein WTO-Handelsabkommen, das leichten Zugang zu Öko-Technik gewährt, staatliche Hilfen für den Aufbau regenerativer Energien, abgesicherte Kredite für nachhaltige Investitionen können helfen.

Dazu ein fairer Handel, der den Ländern ihre Wirtschaftskraft sichert und Fluchtursachen bekämpft – und ein Ende der Politik in den Industrieländern, Agrarmärkte und andere Branchen in den Schwellenländern durch subventionierte Billigprodukte zu zerstören. Auch wichtig: viel Geld für die Forschung zu billigen Öko-Energien und dem nötigen Auffangen und Speichern von CO2 (CCS), neuen Anbaumethoden von Lebensmitteln, Versicherungen gegen Flut und Dürre.

5. Ernsthaft Paris umsetzen

Im Dezember werden die UN-Staaten zeigen, wie ernst es ihnen mit dem umjubelten Pariser Abkommen zum Klimaschutz von 2015 ist: Bei der Konferenz im polnischen Kattowitz werden die Detailregeln beschlossen, die ab 2020 gelten sollen. Da müssen Schlupflöcher geschlossen werden, etwa bei den Rechenmethoden, der Transparenz oder der Finanzierung. Und dann müssen die Staaten das auch real umsetzen. Zwingen kann sie dazu von außen niemand – nur die eigene Bevölkerung

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13 Kommentare

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  • Das ist doch ganz einfach. Mehr Menschen => mehr CO2.



    D.h. bei mehr als zwei Kindern, wird es teuer!

  • Ja! Ja! Ja!

  • Förderung von Kleingärten zum lokalen Gemüseanbau samt Kleintierhaltung und Kompostierung wäre mein Vorschlag zur Reduktion von CO² und Energieverbrauch: Dünger, Lagerung und Transport eingespart!

    • @EricB:

      Gute Idee. Wie gross wäre die benötigte Fläche für z.b 3,5 Mio Berliner?



      Wo kann die Fläche zur Verfügung gestellt werden?



      Wie kommen diese Millionen zu ihren Kleingärten?



      Was wäre dann konkret eingespart?

    • @EricB:

      KLeingärtner haben ihre Gärten oft in Kolonien die per Automobil angesteuert werden. Außerdem machen die Kleingärtner meist massiv zu viel Pflanzenschutz und Düngung.



      Meist sehr ineffizient und umweltschädlich.



      Kompostierung setzt CO2 frei. Besser Biogas und Energieproduktion, dann erst zurück auf die Fläche.



      Wenn das alles per Handarbeit und ohne Chemie uund ohne PKW erledigt wird bin ich bei Ihnen.

    • @EricB:

      Und das weltweit. Oder nur bei Ihnen zu Hause?

  • Hier einige Vorschläge, wie man das drängende Problem des stark überhöhten Tierprodukte-Konsums in den Griff bekommen könnte:

    Tierische Produkte mit ihrem tatsächlichen Preis (Treibhausgasemissionen, Wasseraufbereitung etc.) sowie erhöhtem Mehrwertsteuersatz versehen, Abschaffung umweltschädlicher Subventionen, Förderung des bio-veganen Landbaus, Bildungs- und Beratungsmaßnahmen zum Erzielen eines nachhaltigen Ernährungsverhaltens, Maßnahmen zur Entwicklung von Essensplänen mit drastisch reduziertem Angebot tierprodukthaltiger Speisen sowie jeden Tag ein rein pflanzliches Gericht in öffentlichen Einrichtungen wie Mensen, Kantinen oder Krankenhäusern zur Auswahl, wie dies in Portugal übrigens bereits der Fall ist.

    Zur Erinnerung: Die Nutztierhaltung verursacht sogar noch mehr Treibhausgasemissionen als der gesamte weltweite Verkehrssektor. Daher verwundert es meines Erachtens ein wenig, dass dieses Thema, wie auch der Artikel von Herrn Pötter eindrucksvoll unter Beweis stellt, in der Regel bestenfalls unter „ferner liefen“ abgehandelt wird. Darüber hinaus geht es auch nicht nur um den Fleischkonsum: Kuhmilch stellt laut der FAO, der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, nach Rindfleisch die klimaschädlichste Kategorie dar, was vor allem auf die Freisetzung von Methan beim Verdauungsvorgang der Wiederkäuer zurückzuführen ist. Methan ist ein 20- bis 30-mal stärkeres Klimagas als CO2.

    Man wird dem Thema meiner Ansicht nach nicht gerecht, wenn man die verheerenden Auswirkungen der Nutztierhaltung quasi in einem Nebensatz hinter der Unterüberschrift „Wälder retten“ versteckt.

    • @Christina de Havilland :

      P. S.: "Rezepte" gegen den Klimawandel ist in diesem Zusammenhang übrigens ein gutes Stichwort. Wäre das nicht etwas für die taz ...?

    • @Christina de Havilland :

      Das müsste ggf mit einem Umbau des Rechts und Gestaltung alternativer Arbeitsplätze einhergehen.

      • @Gerhard Krause:

        Ja, aber Industrien haben sich immer schon gewandelt. Zudem ist die Entwicklung hin zu einer tierproduktarmen oder gar veganen Ernährung (leider …) ein allmählicher Prozess, der nicht von heute auf morgen geschieht. Eine sinkende Nachfrage nach tierischen Produkten bedeutet zugleich eine steigende Nachfrage nach pflanzlichen Lebensmitteln, z. B. nach Alternativmilch, was in diesem Bereich zur Schaffung neuer Arbeitsplätze führen würde. Die Nahrungsmittelindustrie und die Politik sollten nicht länger in ihrer rückwärtsgewandten Haltung verharren, sondern (endlich …) die Zeichen der Zeit erkennen.

  • Abschaffung des Dieselprivilegs und der Dienstwagensubvention würden sofort wirken, aber damit könnte man sich ja einigen Wählern unbeliebt machen. CCS dagegen halte ich für ein reines Ablenkungsmanöver. Man könnte stattdessen einfach weniger Kohle nutzen.

    • @Albrecht Thomas:

      Welches Dieselprivileg ?

    • @Albrecht Thomas:

      Das Problem beim Diesel sind die Stickoxide. in Punkto klimaschädlichem C02 schneidet ein Diesel besser ab als ein Benziner.