Retourkutsche per Luftballon: Nordkorea fliegt Müll nach Süden
Um sich gegen die Propagandaballons von Aktivisten aus dem Süden zu wehren, schickt Nordkorea jetzt seinerseits Ballons mit Müll und Kot nach Südkorea.

Laut Südkoreas Militär hat Nordkoreas am Mittwoch bis zum Nachmittag 260 Ballons mit dem Wind in den Süden geschickt. Sie transportierten demnach Unrat bis hin zu Tierkot. Südkoreas Behörden riefen die Bevölkerung auf, die Ballons zu melden und nicht anzufassen. Kampfmittelräumer und Spezialisten für biologische und chemische Waffen würden sich der Flugobjekte annehmen.
Pjöngjang hatte die Entsendung bereits angedroht. Man werde „Haufen von Dreck und Altpapier über die Grenze schicken“, hieß es am Sonntag. „Südkorea werde merken, wie viel Mühe es macht, alles zu beseitigen“, erklärte Nordkoreas Vizeverteidigungsminister.
Die Maßnahme sei eine Vergeltung für die Versendung von Flugblättern und anderem Propagandamaterial von Süd nach Nord. Aktivisten und nordkoreanische Flüchtlinge schicken seit Jahren schon Ballons voll antikommunistischer Flugblätter, USB-Sticks, CDs oder gar Dollarnoten in den Norden.
Mit Propaganda per Ballon zum Sturz des Regimes?
Die Botschaft aus der Luft soll Nordkoreas Bevölkerung zum Sturz des Regimes ermuntern. Das reagiert stets erbost, schießt gelegentlich Ballons ab und macht Kontakte zur Regierung in Seoul von deren Vorgehen gegen die Provokationen aus der Luft abhängig.
Zur Zeit von Südkoreas linksliberaler Regierung ging diese selbst gegen die Ballons vor, um sich die Entspannungspolitik nicht von Aktivisten kaputtmachen zu lassen. Doch musste Seoul nach einem Gerichtsurteil zugunsten der Meinungsfreiheit die Ballonflüge wieder erlauben.
Hatte Pjöngjang einst auch selbst schon Ballons mit Flugblättern in den Süden entsandt, die dort aber offenbar nicht fruchteten, so wurde das Regime jetzt unerwartet innovativ.
Dabei hat Nordkorea selbst viel Erfahrung mit dem Empfang von Müll anderer Staaten, vor allem aus Deutschland. Als dort in den 1990er Jahren das Recyclingsystem Grüner Punkt aufgebaut wurde, aber noch kaum Kapazitäten zur Wiederverwertung hatte, schickten die Bundesrepublik Unmengen ihres bereits gesammelten Plastikmülls nach Nordkorea, offiziell als Rohstoff.
Zur Jahrtausendwende folgte dann überschüssiges deutsches Rindfleisch, das angesichts der BSE-Krise hierzulande niemand essen wollte. Taiwan plante einst sogar Atommüll nach Nordkorea zu schicken, hatte dann aber doch Sicherheitsbedenken. Die hat Südkorea jetzt auch – da kann Nena singen was sie will.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen