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Republikaner im US-WahlkampfBedrohliches Phänomen

Immer mehr Konservative distanzieren sich von Donald Trump. Sie halten ihn für gefährlich, manche nennen ihn sogar faschistisch.

Früher eine Witzfigur, heute in breiten Kreisen der Gesellschaft gefürchtet: Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump Foto: dpa

Berlin taz | Noch im vergangenen Sommer nahm die breite Öffentlichkeit Donald Trump als vorübergehendes Phänomen wahr. Eine bizarre Sommerunterhaltung, die hohe Einschaltquoten bescherte und weitere Skurrilitäten in Aussicht stellte. Doch Donald Trump ging nicht vorüber.

Stattdessen ist er nun Kandidat der Republikaner geworden und wird von Teilen der US-Gesellschaft als ernstzunehmende Bedrohung gesehen. Unter anderem Reporterlegende Carl Bernstein hat diese Diskussion aus linken und intellektuellen Zirkeln, in der sie schon seit vergangenem Jahr geführt wurde, herausgeholt.

Er bezeichnete Trump im März dieses Jahres in einer Wahlsendung als „eine neue Art Faschist“. Seine Politik sei autoritär-demagogisch und führe zu Despotismus. Die US-Öffentlichkeit müsse die faschistoiden Tendenzen Trumps endlich diskutieren.

Die Debatte wird nun geführt, und zwar intensiv. In einem Beitrag für die Washington Post schrieb Robert Kagan, profilierter Neokonservativer, einen Meinungsbeitrag unter dem Titel „So kommt der Faschismus nach Amerika“. Darin erklärt er, das Phänomen Trump habe sich längst von der Partei, die ihn nominieren wird, abgelöst.

Das Phänomen Trump ist größer als Trump selbst

Die Partei fungiere höchstens noch als Wegbereiter „dieser einzigartigen Bedrohung für unsere Demokratie“. Das Phänomen Trump sei inzwischen sogar größer als Trump selbst. Und gefährlicher. Trump habe eine „Herrschaft des Mobs“ angestoßen. So etwas sei in anderen Staaten im vergangenen Jahrhundert aufgekommen „und wurde im Allgemeinen Faschismus genannt“, schreibt Kagan.

Die Republikaner beteiligen sich nicht an der Debatte. Aber diese entfaltet dennoch auch unter ihnen Wirkung. Nach den jüngsten rassistischen Ausfällen Trumps gegen einen Richter lateinamerikanischer Abstammung distanzierte sich eine Reihe von Republikanern von ihm. Der Sprecher des Repräsentantenhauses und formell ranghöchste Republikaner Paul Ryan bescheinigte Trump „rassistische“ Worte.

Seine Politik ist autoritär-demagogisch und führt zu Despotismus

Carl Bernstein, Reporter

Im Senat sind prominente Absetzbewegungen zu beobachten. Senator Bob Corker etwa, sagte, es könne sein, dass er seine Unterstützung für Trump zurückziehe, wenn der voraussichtliche Kandidat eine gewisse Linie überschreite.

Senator Lindsey Graham, auch er ein politisches Schwergewicht, rief seine Kollegen bereits dazu auf, ihre Unterstützung zu revidieren. „Es wird eine Zeit kommen“, zitieren ihn US-Medien, „wenn die Liebe zum Land den Hass auf Hillary übertrumpft.“

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6 Kommentare

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  • Sehenden Auges blind sein: In den letzten Jahren schießen Agitatoren dieser Art wie die Pilze aus dem Boden und auf die Frage nach den Ursachen erhalten wir nur fachmännisch ratloses Schulterzucken.

     

    Wir haben uns wohl schlicht tolerant auf die von uns gewählten Zuständigen und die von ihnen eingesetzten Helfer verlassen und verträumt den Weck-Punkt übersehen, an dem die Demagogie die Richtung zum Faschismus einschlug. Als ihre Reden von den Orientierung Suchenden als Einladung verstanden werden konnten, Hemmungen und Zivilisation hinter sich zu lassen. Das gilt inzwischen in immer mehr Ländern, in denen die Rädelsführer mit demokratischen Mitteln die Demokratie aushöhlen. Dabei wird übersehen, dass dieser Weg in einen neuen brutalen Faschismus führt und ganz sicher nicht den hoffnungsvollen Anhängern Schutz oder gar die Rettung aus ihrer häufig privaten Misere bescheren wird, denn sie werden schlicht als Mittel zum Zweck benutzt und missbraucht.

     

    Aber: Glauben werden sie das - wie immer - erst hinterher..

  • Demagogisch sind alle Kandidaten, die sich für das Präsidentenamt anbieten. Das Problem ist, dass sich die USA dramatisch verändert haben. Wer die USA der &0/70iger Jahre kennt und heute wieder besucht, wird es kaum wiedererkennen. Insbesondere die sozialen und politischen Konstellationen haben sich sehr verändert, die Polarisierung zwischen Republikanern und Demokraten. Die Mittelschicht, einst konsummierender Stützpfeiler des US-Systems, bricht weg, die Unternehmensgewinne sind dagegen spektakulär gewachsen. Das Resultat ist Trump. Viele Amerikaner haben genug vom demagogischen Gerede der "Chicago-Boys", jener ultraliberalen Denkschule, die Reagan, Clinton, Thatcher und viele andere geprägt hat. Sie wollen eine Alternative, "etwas anderes", etwas, was Clinton nicht bringen wird.

  • Abgesehen davon das Trump ja für alles und nichts steht ist der Vorgang eher durchschaubar.

     

    Die Konservativen haben ihren Hauptgegner verloren seit Sanders nun eindeutig ausgeschieden ist, und dem üblichen wohlsituierten Republikaner aus dem Estblishment ist 4-8 Jahre bestens vernetzte Clinton einfach deutlich lieber als der unberechenbare Trump. Hetze gegen Ausländer hin oder her, das ist eiskalte Machtkalkulation.

  • Das Problem ist, dass Trump verdammt viele Leute in der Bevölkerung hinter sich hat. Ist auch typisch für Faschismus. Wenn Trump nicht Präsident wird, ist ein Bürgerkrieg nicht ganz auszuschließen.

  • Die Linie ist längst überschritten. Mit bspw einem Aufruf, seine Fans sollen doch Tomatenwerfer im Saal zertreten, er übernähme die Anwaltskosten, hat er sich als schlimmer Demagoge und Menschenfeind geoutet. Nach deutschem Recht ist dieser Aufruf eine Straftat, in der unmittelbar die Verletzungs- Tötungstat hätte folgen können. Wer das herunterspielt, es metaphorisch deuten will, hat den Schuss wohl nicht gehört. Wie sieht es nach amerikan. Recht bzgl. Strafverfolgung dessen aus ? Weiß es jemand ?

    • @lions:

      Die Rechtslage ist wie folgt:

      Viel Geld = unschuldig

      Das ist internationales Recht