Repression in Russland: Überall Agenten
Kurz vor Jahresende hat die Duma ein paar schärfere Gesetze durchgepeitscht. So will sie im Wahljahr die Opposition unter Kontrolle bekommen.
Gegen Ende Dezember werden in Russland gern in großer Eile neue Gesetze beschlossen, Urteile gefällt, neue Verfahren eingeleitet. Im gerade ausgelaufenen Jahr fielen Eile – und Härte – besonders groß aus. Im Blick: die Duma-Wahl in diesem Jahr.
„Irrer Drucker“ nannten manche russische Journalist*innen das russische Parlament, nachdem dieses kurz vor Jahresende ein repressives Gesetz nach dem anderen verabschiedet hatte. Manche Abgeordnete schafften es nicht einmal, die Gesetzestexte zu lesen, für oder gegen welche sie stimmen sollten, manche Vorlagen passierten innerhalb nur eines Tages alle drei Lesungen.
Nawalny ist nach seiner Rückkehr nach Russland im Eilverfahren zu 30 Tagen Haft verurteilt worden. Der Kreml-Kritiker müsse nach seiner Festnahme am Sonntag bis zum 15. Februar in Haft bleiben, berichtete sein Anwalt Wadim Kobsew am Montag auf Twitter. Dem 44-jährigen Nawalny wird vorgeworfen, gegen die Auflagen einer Bewährungsstrafe verstoßen zu haben. (afp)
Vor allem die Verschärfung des sogenannten Agentengesetzes macht das Leben der Opposition schwer. Bereits seit 2012 müssen sich Nichtregierungsorganisationen und Medien, die finanzielle Unterstützung aus dem Ausland bekommen, als „ausländischer Agent“ registrieren, jede Kommunikation mit diesem Zusatz markieren und besondere Rechenschaft vor dem Staat ablegen.
Nun sollen auch Organisationen und Menschen, die auch nur ideell Unterstützung aus dem Ausland bekommen, zu „Agenten“ werden. Medien müssen ebenfalls darauf verweisen, wenn sie über die Organisationen oder Menschen schreiben.
Die Auslegung des Gesetzes öffne staatlicher Willkür alle Türen, sagen Beobachter*innen. Das Gesetz könnte leicht auch die Unterstützer von Alexei Nawalny treffen. Seine Anti-Korruptionsstiftung ist bereits als „ausländischer Agent“ registriert.
Nawalnys Methode des „Klugen Wählens“, mit der er dazu aufruft, für bestimmte Kandidat*innen zu stimmen, nur nicht für solche der Regierungspartei, gilt als Instrument ausländischer Einmischung, ebenso seine Seminare für Wahlbeobachter*innen oder Politikkurse. Auch jegliche kritische Publikation über Politiker*innen von „Einiges Russland“, selbst in sozialen Medien, werden als Agententätigkeit gewertet.
In den Augen der Behörden muss zudem klar sein, wer „Kandidaten-Agent“ und wer „Kandidat, verbunden mit einem ausländischen Agenten“ sei. Als so Gebrandmarkte dürfte der Opposition der Wahlkampf schwerfallen.
Zumal auch das Versammlungsrecht eingeschränkt worden ist. Ein „Agent“ darf keine Proteste mehr anmelden. Einzelmahnwachen, bislang nicht genehmigungspflichtig, sind ebenfalls erschwert. Bilde sich eine Schlange an Wartenden daneben, gelte das als nicht genehmigte Demonstration und müsse sofort unterbunden werden.
Kreml signalisiert Entschlossenheit
„Es sind überall Minen“, sagt Grigori Melkonjanz, der Vorsitzende der Wahlbeobachtungsorganisation „Golos“ (Stimme). Auch seine Organisation hatten die Behörden 2013 zum „ausländischen Agenten“ erklärt.
Die neuen Gesetze geben vor, das Land vor angeblicher Einmischung aus dem Ausland zu schützen. „Wir werden dieser Einmischung effektiv entgegenwirken, wenn die überwiegende Mehrheit unserer Bürger versteht, dass es Einmischung ist“, sagte der russische Präsident Wladimir Putin bei seiner Jahrespressekonferenz im Dezember.
„Bei der Wahl muss alles reibungslos ablaufen, ohne jeglichen Lärm“, zitiert das russischsprachige Online-Portal Meduza einen Mitarbeiter der Duma.
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