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Repression im GazastreifenGegen Demonstranten und die Presse

Tausende Palästinenser protestierten wegen massiver Stromausfälle. Die Polizei trieb sie auseinander und griff gemeinsam mit der Hamas ausländische Journalisten an.

Lautstarker Protest gegen die Stromkürzungen Foto: ap

Gaza/Tel Aviv dpa | Tausende Palästinenser haben im Gazastreifen wegen massiver Stromausfälle demonstriert. Die Polizei habe die Menschen am Donnerstagabend auseinandergetrieben, berichteten Augenzeugen und Medien. In einer Stellungnahme des Innenministeriums hieß es, die Polizisten hätten erst reagiert, nachdem Menschen Steine auf das zentrale Büro des Energieversorgers geworfen und es angegriffen hätten.

Manche Häuser erhalten aktuell nur noch vier Stunden Strom am Tag. Die Demonstranten machten den Konflikt zwischen der radikal-islamischen Hamas im Gazastreifen und der Fatah-Partei von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas im Westjordanland dafür verantwortlich. Sie forderten, die Energieprobleme vom allgemeinen Streit zu trennen und eine bessere Elektrizitätsversorgung sicherzustellen.

Die Polizisten hätten in dem Küstenstreifen in die Luft geschossen und seien mit Demonstranten aneinandergeraten, sagten Augenzeugen. Mehrere Menschen seien festgenommen worden.

Hamas und Fatah sind tief zerstritten. Die Hamas herrscht seit 2007 im Gazastreifen. Seither regiert Abbas lediglich im Westjordanland. Der Konflikt verhindert auch Neuwahlen in den Palästinensergebieten.

Bewohner des Gazastreifens demonstrieren seit mehr als einer Woche wegen der Energieknappheit. Bereits bisher war der Strom täglich mehrere Stunden ausgefallen. Die Temperaturen können nachts derzeit auf bis zu acht Grad Celsius fallen.

Journalisten von Hamas angegriffen

Zwei Journalisten von internationalen Nachrichtenagenturen, die über die Demonstration berichteten, wurden von Hamas-Sicherheitskräfte und Polizisten bedroht und angegriffen. Das teilt die Vereinigung der Auslandspresse am Donnerstagabend in Tel Aviv mit.

Ein Reporter der Associated Press (AP) sei von Hamas-Sicherheitsleuten unter Waffengewalt gezwungen worden, seine Handys herauszugeben. Ein Fotograf der Agence France-Presse (AFP) sei von Polizisten massiv gegen den Kopf geschlagen worden, nachdem er sich geweigert habe, seine Kamera abzugeben. Er habe ärztlich versorgt werden müssen. Der Fotograf sei zeitweise festgenommen und sein Kamera-Chip vorü+bergehend beschlagnahmt worden.

„Die Vereinigung der Auslandspresse verurteilt dieses gewalttätige Verhalten auf das Schärfste“, hieß es in der Mitteilung. „Wir finden das besonders schockierend angesichts von mündlichen Versprechen, die wir von offiziellen Hamas-Vertretern erhalten haben, die Freiheit der Presse zu respektieren.“

Eine Stellungnahme des Hamas-Innenministeriums gab es zunächst nicht.

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3 Kommentare

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  • Und da heißt es immer, Presseleute - und grade Kriegsberichtserstatter - wären zynisch! Jetzt kommt es raus: Sie sind im Grunde bloß besonders blauäugig!

     

    Haben sich diese AP-Leute tatsächlich verlassen auf die mündlichen Versprechen offizieller Hamas-Vertreter? Haben sie tatsächlich geglaubt, diese "Vertreter" könnten für jeden einzelnen Polizisten in der Region ihre Hand ins Feuer legen? Und zwar selbst dann noch, wenn es mal wieder, wie man so schön sagt, hoch her geht irgendwo?

     

    Abgesehen von dieser seltsamen Beschwerdeführung (die eines Untertanen würdig ist, nicht aber eines freien Journalisten), macht dieser Beitrag mir ein ganz klein wenig Hoffnung. Offenbar scheinen ja auch eine ganze Reihe von Palästinensern andere Prioritäten zu haben als die vollständige Vernichtung Israels, den Kampf um einen eigenen Staat oder die Unterstützung ihrer jeweiligen Lieblingsanführer. Die Bewältigung praktischer Alltagsprobleme beispielsweise.

     

    Wenn das so weitergeht, werden womöglich sowohl die Fatah- als auch die Hamas-Führer demnächst niemanden mehr finden, der für sie in die Schlacht ziehen und dort sterben will. Dann können sie höchstens noch selbst losgehen und sich in die Luft sprengen vor einem Bus, auf einem Markt oder vorm Hauptquartier des meistgehassten Glaubensbruders. (Wäre nicht schade um sie, finde ich.)

  • "Hamas-Innenministerium" Sie machen aber hübsche Witze. Und die prügelnden Polizisten waren keine Israelis? Und Schuld an der Misere haben die Palästinenser - und keine Juden? Wie schockierend! Funktioniert Pallywood nicht mehr?

  • "Mündliche Versprechen" von Mitgliedern einer Terrororganisation, wie blauäugig muss man sein...zur Strafe dreimal "Dantons Tod" lesen!